Klarna bereitet Mega-Runde vor – Bewertung soll auf 30 Milliarden Dollar steigen
Das schwedische Payment-Unternehmen Klarna strebt kurzfristig offenbar noch keinen Börsengang an – stattdessen spricht die Firma mit Geldgebern über ein Investment von 500 Millionen Dollar. Der Unternehmenswert würde sich fast verdreifachen.
Es gab Zeiten, da mussten Gründer hart verhandeln, um die nächste Finanzierungsrunde vollzubekommen. Tage- oder wochenlang feilschten die Beteiligten um die richtige Unternehmensbewertung mit potentiellen Investoren. Beide Seiten kämpften mit harten Bandagen. Für eine wachsende Gruppe von Digitalstars gelten diese Regeln zurzeit nicht mehr. Große, gutlaufende Tech-Unternehmen können ihre Konditionen gerade diktieren – und trotzdem stehen die Investoren Schlange, um bei den Finanzierungsrunden dabei zu sein.
Die Funding-Pläne zeigen das Selbstbewusstsein
Gleich vier Faktoren spielen Klarna zurzeit in die Karten: Erstens entwickelt sich das Geschäft des Unternehmens gut, das zeigen die für 2020 verfügbaren Zahlen. Das liegt auch daran, dass zweitens in den vergangenen Monaten viele Payment-Anbieter vom Online-Boom profitieren konnten. So legte auch der Zahlungsdienstleister Adyen vor wenigen Tagen außergewöhnlich gute Zahlen vor. Drittens liegt Klarna mit seinem Buy-now-pay-later-Geschäftsmodell voll im Trend – Kunden können dabei entscheiden, wann sie ihre gekauften Produkte bezahlen und zum Beispiel einen Ratenkredit aufnehmen. Und viertens hat Klarna gleich mehrere börsennotierte Konkurrenten, die kleiner, dafür aber bislang sehr viel höher bewertet sind (siehe Grafiken). In den vergangenen Monaten sind die Aktienkurse dieser Unternehmen durch die Decke gegangen. Das sind Werte, die potentielle Klarna-Geldgeber natürlich vor Augen haben.
Allein aus diesen Gründen gilt Klarna seit Längerem als heißer europäischer Börsenkandidat. Doch der Gang an die Börse wird sich nun wohl noch verzögern. Denn das Fintech plant vorher noch einmal eine Mega-Runde von Investoren einzusammeln, heißt es aus Finanzkreisen. Das schwedische Medium Breakit hatte bereits Mitte der Woche über eine mögliche neue Finanzierung berichtet.
Der Funding-Plan zeigt, mit welchem Selbstbewusstsein Klarna in das 500-Millionen-Fundraising geht. Nur die größeren Investoren sollen überhaupt einen Zugang zu detaillierten Geschäftszahlen bekommen. Wer nur nur ein paar Millionen beisteuern möchte, muss auf eine ausführliche Unternehmensprüfung (Due Diligence) verzichten. Bereits im Frühjahr soll die Finanzierungsrunde durch sein, heißt es weiter, ein Börsengang würde dann in den nächsten Jahren folgen. Die schwedische SEB-Bank begleitet nach Angaben aus Finanzkreisen das Fundraising. Beide Unternehmen äußerten sich nicht. Gegenüber anderen Medien teilte Klarna mit, dass man Gerüchte nicht kommentiere.
Viele Indikatoren deuten darauf hin, dass Klarna gerade im zweiten Halbjahr 2020 noch einmal stark gewachsen sein dürfte. Detaillierte Zahlen hat das Unternehmen allerdings nur für Januar bis Juni 2020 vorgelegt, dabei setzte Klarna umgerechnet 450 Millionen Euro um, bei einem Verlust von 50 Millionen Euro. Selbst bei einem sehr starken Wachstum (zum Beispiel 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz) würden die Geldgeber Klarna in der neuen Finanzierungsrunde immer noch mit dem 20fachen des Umsatzes bewerten – trotz der Verluste. Im Gegensatz zu vielen anderen Fintechs muss das Unternehmen allerdings nicht mehr beweisen, dass es profitabel arbeiten kann. Es hat in der Vergangenheit schon über einen längeren Zeitraum Gewinne eingefahren.
Der starke potentielle Bewertungssprung ist mittlerweile nicht mehr unüblich. Der US-Payment-Star Stripe soll eine Finanzierungsrunde mit einer Bewertung von 70 bis 100 Milliarden Dollar Bewertung anvisieren, noch im Frühjahr lag der Firmenwert bei 35 Milliarden. Und der Wert der brasilianischen Smartphone-Bank Nubank ist innerhalb von wenigen Monaten von zehn Milliarden Dollar auf 25 Milliarden gesprungen. Rückenwind für das Online-Geschäft und aufgeheizte Kapitalmärkte befeuern die Unternehmensbewertungen weiter. Doch selbst unter Digital-Enthusiasten geht mittlerweile die Angst um, dass die Party nicht ewig weiter geht. Nur weiß niemand, wann Schluss ist.