Diese 7 Fintech-Startups sind still und heimlich vom Markt verschwunden
Viele Finanz-Startups starten mit großen Ambitionen und namhaften Investoren. Doch nicht jede Erfolgsgeschichte wird zu Ende geschrieben – einige Angebote sind in den vergangenen Monaten weitgehend unbeachtet wieder vom Markt verschwunden. Lest heute, welche Fintechs zuletzt ihren Dienst quittiert haben – und warum.
Die fetten Jahre der Fintech-Szene sind vorbei. Eine Erhebung des Wagniskapitalgebers Blackfin für Finance Forward zeigte kürzlich, dass die Finanzierungsvolumen weiter stagnieren – und zwar deutlich unterhalb der Boomjahre während der Corona-Pandemie. Vor allem Finanz-Startups in Deutschland fällt das Fundraising schwer.
Einst große Hoffnungsträger wie Solaris oder Wefox sind angeschlagen, viele Firmen änderten notgedrungen ihr Geschäftsmodell. Dazu häuften sich zuletzt Insolvenzen. Der hochgewettete Vermögensverwalter Elinvar rutschte ebenso in die Krise wie die Berliner Fintech-Bank Ride. Auch das Steuer-Startup Expresssteuer musste aufgeben.
Die Entwicklungen waren häufig auch Teil unserer Berichterstattung. Doch nicht jedes Aus eines Fintechs fand Beachtung. Finance Forward hat sich im Markt umgeschaut und sieben Startups gefunden, die ihren Betrieb zuletzt leise eingestellt haben:
Grid
Die Hotelplattform Trivago machte Rolf Schrömgens über die Gründerszene hinaus bekannt. Bereits vor seinem Ausstieg 2019 gründete er gemeinsam mit Geschäftspartnern das Finanz-Startup Grid. Die Vision der Firma: nie mehr Schlange stehen an der Bar. Mittels eines QR-Codes auf dem Handy sollten Gäste auf Partys und in Clubs alles bequem bezahlen können, etwa Tickets, Getränke oder Trinkgeld. Als Zahlungspartner im Hintergrund fungierte Stripe.
Die Pandemie habe den Innovationsdruck in der sonst so analogen Gastronomie erhöht, hieß es dazu vor drei Jahren vom Unternehmen. „Die Branche ist viel offener gegenüber digitalen Lösungen. Es ist einfacher, mit Veranstaltern ins Gespräch zu kommen.“ Auch Investoren glaubten an die Idee, im August 2021 flossen 2,5 Millionen Euro in das Startup. Zu den Teilhabern gehörten neben Rolf Schrömgens auch die Szeneköpfe Thomas Bachem (Code University) und Benjamin Bak (Lovoo).
Geflogen ist das Projekt allerdings nicht. Laut Handelsregister wurde die GmbH hinter Grid bereits im April 2023 liquidiert. Der letzte vollständige Jahresabschluss für 2022 wies einen Fehlbetrag in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro aus.
Taxbutler
Mit Taxbutler schwamm der frühere Allianz-Manager Matthias Raisch früh auf der Welle der Steuer-Fintechs mit. Über die Plattform konnten Nutzer ihre Steuerunterlagen hochladen, das Startup kümmerte sich anschließend um die Korrespondenz mit dem Finanzamt – ein Modell, das den Wettbewerber Taxfix zur Milliardenbewertung verhalf.
In solche Sphären rückte Taxbutler nicht ansatzweise vor. Ein Investment des damaligen Finanzstaatssekretärs (und späteren Gesundheitsministers) Jens Spahn brachte der App zunächst Aufmerksamkeit, 2018 stellte die Betreiberfirma jedoch einen Insolvenzantrag. Dazu zeigten mehrere Gesellschafter Firmenchef Raisch wegen angeblich veruntreuter Firmengelder an. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden später eingestellt.
Taxbutler-Gründer Matthias Raisch versuchte sich anschließend an einem neuen Steuer-Angebot für Smartphones. Unter der Marke Steuergott richtete er sich an Geringverdiener, die sonst gar keine Steuererklärung abgeben müssen. Der Durchbruch blieb aus. Die dazugehörige Webseite ist mit dem Stand vom 20. November nicht mehr erreichbar.
Lilo
Das US-Startup Pacaso setzte Anfang 2020 einen Trend: Käufer erwerben Anteile an einer Immobilie und nutzen diese gemeinsam mit anderen. Um Einrichtung, Hausverwaltung und andere Services kümmert sich der Anbieter. Auch in Europa gingen daraufhin einige Player mit sogenannten Co-Ownership-Angeboten an den Start, darunter das Fintech Lilo. Emily Chan und der Deutsche Christopher Lass wollten das Modell von London aus groß skalieren. Knapp drei Millionen Euro sammelten das Duo unter anderem vom bekannten Investor 468 Capital ein.
Im Juni 2024 verdichteten sich allerdings die Hinweise auf einen Stopp des Angebots. Das Unternehmen habe schon länger vergeblich einen Käufer gesucht, hieß es von Insidern gegenüber Finance Forward. Im Hintergrund sollen bereits Vorbereitungen für die Abwicklung des Geschäftsbetriebs gelaufen sein. Diese haben sich mittlerweile bestätigt. Im Juli beschlossen die Gesellschafter laut britischem Handelsregister, dass die Firma aufgelöst wird.
Insha
Das N26 für Muslime: So wurde das Berliner Fintech Insha in Presseberichten häufig bezeichnet. Die App bot neben einem Bankkonto spezielle Features für Muslime, zum Beispiel einen Moscheefinder. Das Fintech versprach außerdem nicht in Alkohol oder Glücksspiel zu investieren und sich so islamkonform zu verhalten. Vergleichsweise günstige Auslandsüberweisungen gehörten ebenfalls zum Angebot. „Wir wollen eine starke Nische besetzen“, sagte Insha-Gründer Yakup Sezer im Januar 2020. Er sah in ganz Europa ein Potential von 20 Millionen Bankkunden.
Durchgesetzt hat sich das Angebot nicht. Zwar wuchs Insha in den ersten beiden Jahren zunächst ordentlich, über den Status eines Nischenprodukts selbst in islamischen Ländern kam es jedoch nicht hinaus. Gerade einmal 40.000 Kunden sollen drei Jahre nach dem Start 2018 zu Buche gestanden haben. Im November 2023 wurde der Betrieb dann eingestellt. „Wir haben es im aktuell schwierigen Marktumfeld nicht geschafft, unsere Vision von Getinsha weiterzuentwickeln und aufrechtzuerhalten“, hieß es in einer Mail an Kunden.
Clink
Es war das vorläufige Ende einer langen Startup-Geschichte: 2015 war die Firma Clink als Gutschein-Startup Optiopay gestartet und hatte einen Hype ausgelöst. 20 Millionen Euro flossen von Investoren wie dem Commerzbank-Inkubator Neosfer und der Versicherung NN Group in das Berliner Unternehmen. Doch der Durchbruch gelang nicht. Der frühere Optiopay-Finanzchef Naser Al-Shraydeh wagte dennoch den Neustart – mit neuem Geld, Markenauftritt und Geschäftsmodell.
Unter dem Namen Clink sollte ein Angebot von sogenannten Card-linked Offers entstehen. Verknüpft mit dem Bankkonto, erhalten Kunden basierend auf ihrem Einkaufsverhalten persönliche Rabatte. Als Technikpartner im Hintergrund richtete sich Clink vor allem an Unternehmen. Im Juli 2024 meldete das Startup jedoch Insolvenz an. Eine zuvor vereinbarte Finanzspritze kam nicht zustande.
Im September wurde die Firma schließlich liquidiert. Ein Käufer oder neuer Gesellschafter fand sich nicht. „Der Geschäftsbetrieb ist vollständig eingestellt“, teilt Insolvenzverwalter Oliver Sietz auf Anfrage mit.
Nextmarkets
Mit einer 30-Millionen-Runde hatte Nextmarkets in der Coronapandemie 2021 das Rennen unter den europäischen Neobrokern angeheizt. Die Kölner Brüder Dominic und Manuel Heyden gründeten das Startup bereits 2014, zum Investorenkreis zählten Peter Thiels Founders Fund, Christian Angermayer und auch Axel Springer.
Doch zwei Jahre später schaute sich das Fintech notgedrungen nach einem Käufer um. Wegen der damals „anspruchsvollen Lage an den öffentlichen Kapitalmärkten und der Schwäche am Finanzierungsmarkt“ habe Nextmarkets einen Verkaufsprozess angestoßen, hieß es vom Unternehmen. Kurz darauf erklärte sich Investor Christian Angermayer bereit, den Neobroker noch einmal mit einer Finanzspritze von zehn Millionen Euro zu versehen. Sogar die Expansion stand wieder im Raum.
Geworden ist daraus allerdings nichts. Die Website von Nextmarkets ist inzwischen nicht mehr erreichbar und die Apps sind aus dem App Stores verschwunden. Auf dem Portal Trustpilot häuften sich zuletzt Beschwerden.
Februar
Zum Jahresende 2022 wagte sich Marcel Katenhusen mit seinem neuen Startup Februar aus der Deckung. Zuvor hatte er die Investment-Plattform Lemon Markets mit aufgebaut. Mit Februar wollte sich Katenhusen nun dem Krypto-Markt widmen. Finanz-Apps aus dem Web3 sollten Februar als Technikpartner nutzen, um Kunden das Einzahlen von Echtgeldbeträgen zu erleichtern Ein internationales Vorbild gab es mit Moonpay bereits, das mit 3,4 Milliarden Dollar bewertet wurde.
Kein Jahr später hatten sich die Pläne dann schon wieder erübrigt. Die Firma hinter Februar wurde im September 2023 aus unbekannten Gründen liquidiert. Zuletzt gab es Hinweise, dass Mitgründer Katenhusen mit Zeitgeist Finance ein weiteres Fintech-Projekt vorbereitet. Im Raum stand ein Trading-Angebot für außereuropäische Märkte. Ein dazugehöriger Internetauftritt ist mittlerweile aber wieder aus dem Netz verschwunden.