Die Finoa-Gründer Henrik Gebbing und Christopher May (rechts). Bild: PR

Krypto-Hoffnungsträger Finoa drohte die Pleite

Exklusiv: Erst vor wenigen Wochen gaben die Finoa-Gründer bekannt, dass sie neue Geldgeber gewonnen haben. Der jüngste Geschäftsbericht zeigt nun: Dem Fintech aus Potsdam drohte offenbar die Insolvenz – mit erheblichen Folgen für die Beschäftigten.

Ein Monat ist es her, da vermeldeten Christopher May und Henrik Gebbing noch gute Nachrichten: Ihr Fintech Finoa habe eine Finanzierungsrunde abgeschlossen. Mit Maven 11 und Blue Bay Ventures hätten sich zwei VCs neu beteiligt, auch Bestandsinvestoren wie Balderton oder Coparion seien mitgezogen. 15 Millionen Dollar kamen so insgesamt zusammen. Von Krisenstimmung keine Spur, im Gegenteil: Nach der Finanzierungsrunde befinde sich Finoa auf Kurs in die Profitabilität, hieß es vom Unternehmen.

Jetzt stellt sich heraus: Die Stimmung in den Monaten zuvor war offenbar deutlich weniger euphorisch. Dem Fintech aus Potsdam drohten zeitweise ernste finanzielle Schwierigkeiten, sogar einen Konkurs schlossen May und Gebbing nicht mehr aus. Dies veranlasste die Gründer zu einem personellen Kahlschlag. So geht es aus einem neuen Geschäftsbericht hervor, den Finoa vor wenigen Tagen im Bundesanzeiger veröffentlicht hat.

Umsatz um mehr als die Hälfte eingebrochen

Das Fintech fungiert als sogenannter Krypto-Verwahrer. Profi-Anleger wie Fonds oder Family Offices lassen ihre Krypto-Assets von Finoa gegen Gebühr in hochsicheren Rechenzentren verwahren. Ein erkleckliches Geschäft – sofern die Kurse von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum denn mitspielen.

Dies war 2022 anders als im Jahr zuvor jedoch nicht der Fall. Der Bitcoin etwa büßte im Jahresverlauf um bis zu 62 Prozent an Wert ein. Üblicherweise kommt es in solchen Marktlagen zu zwei Effekten: Das allgemeine Interesse an Kryptowährungen sinkt – und viele Anleger stoßen ihre Assets ab.

Entsprechend stark wurde auch das Geschäft von Finoa belastet, wie der Geschäftsbericht für 2022 zeigt. Der Umsatz sank demnach um mehr als 60 Prozent auf knapp fünf Millionen Euro (Vorjahr: 13 Millionen Euro). Dazu schrieb das Fintech erhebliche Verluste: Ein Minus von rund zehn Millionen Euro stand per Ende 2022 zu Buche. Im Vorjahr hatte Finoa noch einen beachtlichen Gewinn von rund 3,3 Millionen Euro eingefahren.

In der Folge drohten dem Startup offenbar ernste Finanzierungsprobleme. „Für die Fortführung der Unternehmenstätigkeit“, heißt es in dem Bericht, sei für 2023 eine weitere Finanzierungsrunde „notwendig“ gewesen. Zwar sei hierzu eine „erste Tranche“ im Juli 2023 erfolgreich gesichert worden, eine weitere Tranche durch einen Bestandsinvestor für das Ende vergangenen Jahres war zunächst jedoch nur „angekündigt“.

Eine Insolvenz schlossen die Finoa-Gründer daher nicht aus: „Falls es der Gesellschaft – entgegen unseren Erwartungen – nicht gelingen sollte, in 2023 noch eine weitere Finanzierungsrunde durchzuführen, ist der Bestand der Gesellschaft gefährdet.“ Zudem drohten dem Fintech, laut Bericht, die von der Finanzaufsicht vorgeschriebenen Rücklagen auszugehen. Diese dienen dazu, Verluste infolge von Kreditausfällen oder Marktrisiken abzufangen.

Massiver Stellenabbau bei Finoa

Dass es nicht so weit kam, ist aus Sicht des Fintechs wohl als Glücksfall zu werten. Zu Jahresbeginn 2023 kam es am Krypto-Markt zu einem Turnaround, vor allem ab August vergangenen Jahres legten Bitcoin und andere Kryptowerte wieder erheblich zu.

Dies spielte Finoa bei den Verhandlungen mit Investoren in die Hände, wie auch Mitgründer Henrik Gebbing auf Nachfrage bestätigt: „Schlussendlich haben wir nicht nur Bestandsinvestoren, sondern auch Neuinvestoren gewinnen können und dabei mehr Kapital eingesammelt als ursprünglich geplant“, sagt Gebbing. Bereits zum Jahreswechsel 2024 sei das Fintech wieder profitabel gewesen. Ein Insolvenzrisiko bestehe daher absehbar nicht.

Dafür trafen die Gründer allerdings zum Teil drastische Vorkehrungen. Laut Geschäftsbericht zählten hierzu „neben der Reduzierung von Sachkosten auch eine Reduzierung der Sollstellen um 35 auf 50 zum 01.09.2023 sowie entsprechende Personalmaßnahmen“. Im Klartext: Finoa entließ wohl rund 40 Prozent seiner Belegschaft, wozu sich Gründer Henrik Gebbing auf Nachfrage nicht direkt äußern will. Er spricht lediglich von einer „umfassenden Restrukturierung“, die vorgenommen worden sei. Im vergangenen Jahr waren durchschnittlich 100 Mitarbeiter bei dem Fintech beschäftigt.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Startup im großen Stil Stellen streicht. Bereits im Frühjahr 2022 hatte Finoa nach einem Kursrutsch rund einem Viertel seiner Mitarbeitenden gekündigt, stockte das Personal später aber wieder auf. Es wird sich zeigen müssen, wie resilient die Firma gegen künftige Verwerfungen am Krypto-Markt tatsächlich ist. Vorerst scheint bei Finoa jedenfalls Ruhe eingekehrt – auch weil die Zahlen stimmen. Dazu Gebbing: „Im Januar 2024 konnten wir wieder einen operativen Gewinn im hohen sechsstelligen Bereich verbuchen“.