Die Finoa-Gründer Henrik Gebbing und Christopher May (rechts). Bild: PR

Finoa explodierte in einem Jahr von 550.000 auf 13 Millionen Euro Umsatz

Exklusiv: Der Kryptoverwahrer Finoa sprang im Boomjahr 2021 auf 13 Millionen Euro Umsatz, trotz des starken Wachstums blieb am Ende des Jahres sogar ein Profit. Doch die aktuelle Krise traf das Berliner Unternehmen zuletzt. Wie ist die Lage bei Finoa?

Manche Geschäftszahlen machen stutzig – weil sie zu gut sind. Das Fintech Bitpanda wuchs im Jahr 2021 um 764 Prozent, am Ende des Jahres blieb noch ein Gewinn hängen. Auch Coinbase lieferte riesige Wachstumswerte für das Jahr. Neue Zahlen für den Berliner Newcomer Finoa, die seit wenigen Tagen öffentlich sind, belegen nun sogar ein Wachstum von 2.385 Prozent: Von praktisch null Euro im Jahr 2020 gelang im nächsten Jahr ein Umsatz von 13 Millionen Euro.

Nicht nur der Kryptomarkt spielte den drei Firmen in die Karten, bei Finoa war das Timing perfekt: Das Fintech startete vor dem großen Kryptoboom, im Mai 2019 meldeten Henrik Gebbing und Christopher May die Firma erst an. Seit ihrem Launch konnten sie vom starken Hype im Jahr 2021 profitieren. Professionelle Anleger lassen mit Finoa ihre Kryptoanlagen verwahren, auch das sogenannte Staking ist möglich. Doch das war nicht der einzige Grund für das gute Ergebnis.

Womit verdient Finoa sein Geld?

Den beiden Gründern gelang es, noch vor dem Boom eine vertrauenswürdige Marke aufzubauen – nur so konnten sie von dem Boom auch profitieren. Ein Kunststück für das junge Unternehmen. Sie überzeugten in der Zeit Unternehmen wie T-Systems, Venture-Capital-Fonds wie Mosaic oder Greenfield One als Kunden, die ihre Kryptoanlagen bei Finoa verwahren lassen. Auch international erarbeitete es sich einen guten Ruf.

Bereits im Frühjahr 2021 erhielt das Unternehmen 22 Millionen Dollar von Geldgebern, der bekannte britische Geldgeber Balderton stieg ein – die Finanzierungsrunde war umkämpft. Damals deutete sich schon an, was sich jetzt in den Geschäftszahlen niederschlägt: Mit neun Millionen Euro stammt ein Großteil der Erträge aus dem Verwahrgeschäft. Dabei erhält das Unternehmen „unter einem Prozent“ der Anlagesumme als Gebühr. Die sogenannten „Assets under Custody“ dürften damit im Milliarden-Bereich gelegen haben. Der Rest setzt sich aus Staking-Umsätzen zusammen, knapp eine Million Euro erzielte Finoa zusätzlich mit dem Verkauf von selbst gehaltenen Kryptowährungen.

An den Kryptomarkt gekoppelt

Auf der Ausgabenseite hat Finoa kein kostspieliges Endkundenmarketing, sondern es schlugen vor allem die Personalausgaben mit rund 3,6 Millionen Euro zu Buche, zu der Zeit hatte Finoa durchschnittlich 46 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für die Verwahrung in hochsicheren Rechenzentren in Deutschland wurden weitere Aufwendungen fällig. Am Ende bleibt ein Gewinn von rund 3,3 Millionen Euro – und das parallel zum starken Wachstum. Ein Ergebnis, das man in der Anfangsphase so gut wie nie sieht.

Doch wie bei Milliardenplayern wie Bitpanda und Coinbase zeigen sich für das Jahr 2022 auch bei Finoa zwei Effekte: Zum einen hängen die Geschäftsergebnisse stark mit dem Kryptomarkt zusammen. Im Fall von Finoa: Fällt der Wert der gehaltenen Token, sinken auch die Umsätze der Firma, die von den „Assets under Custody“ abhängen. Außerdem interessieren sich in einem schwierigen Markt nicht mehr so viele institutionelle Anleger für Krypto-Anlagen. Die Nachfrage sinkt.

Zum anderen gibt es einen Effekt des operativen Hebels: In einem Markt mit hoher Nachfrage fallen die Personal- und Betriebskosten im Verhältnis zu den Umsätzen nicht so stark ins Gewicht, denn sie steigen mit den Umsätzen nicht so stark mit. Doch weil es sich teilweise um Fixkosten handelt, bleiben sie in einem schlechten Markt auch weiter vorhanden – und sinken nicht mit. Das führt nach einem profitablen Geschäftsjahr zu einem Einbruch.

Neues Funding deutet sich an

Im Geschäftsbericht ist unter Verweis auf die Marktlage von einen prognostizierten einstelligen Millionen-Fehlbetrag von Finoa für das Jahr 2022 die Rede. Außerdem machte auch Finoa einen drastischen Schritt und entließ rund ein Viertel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie das Unternehmen mit Geschäftsbericht mitteilt. Die Entlassungen geschahen schon im Mai des vergangenen Jahres. Im Laufe des Jahres habe die Firma das Team wieder leicht vergrößert und gerade im Produkt- und Techbereich verstärkt, heißt es aus dem Unternehmensumfeld. Inzwischen liegt die Zahl bei knapp unter 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Weiter heißt es im Geschäftsbericht: „Angesichts der umfangreichen Liquiditätsversorgung durch die abgeschlossene Series-A-Finanzierungsrunde und des positiven operativen Ergebnisses 2021 ist Finoa GmbH auch für 2022 mit ausreichender Liquidität ausgestattet. Dennoch kann aufgrund der kurzfristigen Ertragsrisiken (rückläufige Entwicklung im Kryptomarkt im ersten Halbjahr 2022 und steigende operative Kosten durch Expansion und Inflation) eine mittelfristige Beeinträchtigung der Liquiditätssituation von Finoa nicht ausgeschlossen werden. Für die Fortführung der Unternehmenstätigkeit besteht die Notwendigkeit einer Durchführung einer weiteren Finanzierungsrunde spätestens in 2023, um die Finoa mit ausreichend Kapital auszustatten.

Dafür befinde sich Finoa laut Bericht in Gesprächen mit bestehenden und potentiell neuen Geldgebern, darüber hinaus sei in diesem Jahr ein weiteres Funding geplant. Nach Informationen von Finance Forward haben zwei Bestandsinvestoren noch einmal Geld nachgelegt.

FTX-Krise könnte Finoa in die Karten spielen

Nun könnte für das Berliner Unternehmen wieder ein Aufschwung anstehen: Der Kryptomarkt stieg in den vergangenen Wochen wieder. Noch ist fraglich, wie lange die gute Stimmung an den Märkten anhält.

Doch ausgerechnet die Krise könnte dem jungen Fintech auch in die Karten spielen: Seit dem Crash bei der Börse FTX hinterfragen professionelle Anleger stärker, wo sie ihre Kryptoassets verwahren lassen. Zwei deutsche Anbieter hat es bei dem Zusammenbruch des großen Kryptoanbieters bereits getroffen, wie Finance Forward berichtete. Sie hatten teilweise Millionensummen auf der mittlerweile insolventen Börse liegen. Geld, an das sie zurzeit nicht kommen. Gelingt es Anbietern wie Finoa sich als sichere Alternative zu positionieren, kann dies als Verkaufsargument dienen. Doch das wird sich frühestens in den Geschäftszahlen 2023 zeigen.