Die App von Nubank. BIld: Getty Images

Fintech-Superstar Nubank deklassiert die Konkurrenz – und steuert auf 100 Millionen Kunden zu

Millionen von Neukunden, geringe Kosten und sprudelnde Gewinne: Mit beeindruckenden Geschäftszahlen treibt die brasilianische Nubank die Fintech-Konkurrenz vor sich her. Doch zwei Risiken bleiben.

Nur wenige Finanzunternehmen schaffen es, ihre Kunden zu Markenbotschaftern zu machen. Nubank ist eine Ausnahme: Die brasilianische Smartphone-Bank bringt es auf einen Net Promoter Score von 90, die Produkte des Fintechs werden also überdurchschnittlich oft weiterempfohlen. Damit liege Nubank „weit vor der Konkurrenz“, wie Tech-Experte Jan Beckers bereits vor etwas mehr als einem Jahr sagte.

Die Folge: Das Unternehmen muss nur wenig Geld für Marketing ausgeben. Nach eigenen Angaben kostete es 2021 nur fünf US-Dollar, um einen neuen Kunden zu gewinnen. Ein ebenfalls beeindruckender Wert, liegen die sogenannten Customer acquisition cost (CAC) bei vielen Fintechs in Europa doch häufig im zwei- bis dreistelligen Bereich.

Dennoch stellte sich zuletzt die Frage: Wie lange kann Nubank diese niedrigen Kosten aufrecht erhalten? Insbesondere angesichts der hohen Wachstumsziele, die das Unternehmen verfolgt?

Kosten steigen, Nutzerzahlen verdoppelt

Antworten haben nun die Jahreszahlen von letzter Woche geliefert. Und tatsächlich: Für Nubank ist es inzwischen erheblich teurer geworden, neue Kunden zu gewinnen. Sieben statt wie bisher fünf US-Dollar muss das Fintech demnach für jeden neuen Kunden zahlen – ein Aufschlag von 40 Prozent. Das ist allerdings immer noch ein sehr niedriger Wert.

Zumal es Nubank durch neue Produkte gelingt, immer mehr Geld mit seinen Kunden zu verdienen. Im vierten Quartal 2023 lag der durchschnittliche Umsatz pro aktivem Kunden bei 10,60 US-Dollar. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 8,20 Dollar. Vor allem langfristige Kundenbeziehungen zahlen sich für das Unternehmen aus. In diesem Fall sind es sogar 27 Dollar pro Kunde.

Auch das Nutzerwachstum scheint weiter stabil. Nach eigenen Angaben entschieden sich im vergangenen Jahr rund 19 Millionen Kunden für ein Konto bei den Brasilianern, insgesamt sind es 94 Millionen. Die symbolisch wertvolle Marke von 100 Millionen Kunden dürfte noch vor Beginn der zweiten Jahreshälfte erreicht werden. Damit hätte Nubank seine Nutzerzahl im Vergleich zu 2021 verdoppelt – damals war das Unternehmen gerade an die Börse gegangen.

Eine Milliarde Profit

Die Kombination aus beidem führt dazu, dass der Umsatz von Nubank im vergangenen Jahr um fast 70 Prozent auf acht Milliarden Dollar gestiegen ist. Weil die Kosten deutlich langsamer gestiegen sind, ist Nubank mittlerweile auch sehr profitabel – rund eine Milliarde Dollar Jahresüberschuss stand 2023 in den Büchern.

Entsprechend gut hat sich die Aktie zuletzt entwickelt. In den letzten zwölf Monaten hat sie sich mehr als verdoppelt und mit einer Marktkapitalisierung von 49 Milliarden Dollar ist Nubank mittlerweile eine der 50 wertvollsten Banken der Welt und die viertwertvollste Firma in ganz Brasilien.

Kaum Geld auf den Konten

Dennoch sieht sich Nubank mit Risiken konfrontiert. Zum einen ist der Fintech-Konzern sehr abhängig vom Heimatmarkt. Mehr als 90 Prozent der Kunden kommen aus Brasilien. Damit teilt Nubank ein ähnliches Schicksal wie die Berliner Smartphone-Bank N26, dessen Kunden größtenteils aus nur zwei Ländern kommen – trotz jahrelanger Expansionsoffensive.

Bei Nubank scheinen die möglichen Folgen aber noch etwas bedrohlicher: Sollte es in Brasilien etwa zu einer Wirtschaftskrise kommen, dürfte dies die Bilanz von Nubank stark belasten. Zumal viele Kunden des Fintechs zuvor gar kein Konto hatten – und somit aus eher finanzärmeren Schichten kommen.

Zum anderen stellt sich die Frage, ob Nubank es gelingt, auch in finanzstarke Kundenkreise vorzudringen. Das Fintech hat zwar 94 Millionen Kunden. Allerdings nur 24 Milliarden Dollar an Einlagen. Mit anderen Worten: Jeder Kunde hat gerade einmal knapp 250 Dollar auf dem Konto des Fintechs liegen. Ein wirksamer Hebel etwa für gewinnbringende Zinsgeschäfte ist das nicht.