Fintech-Funding sinkt unter eine Milliarde
Europäische Fintechs haben im vergangenen Quartal so wenig Geld eingesammelt wie seit Jahren nicht mehr. Gründer und Investoren warten weiter auf große Finanzierungsrunden und lukrative Unternehmensverkäufe. Erste positive Signale gibt es bereits.
Ein neuer Tiefpunkt ist erreicht. Im dritten Quartal sammelten europäische Fintech-Startups insgesamt weniger als eine Milliarde Euro ein, das zeigt eine Auswertung des französischen Investors Blackfin für Finance Forward. Nach positiven Signalen im Vorquartal fällt der Wert nun auf 954 Millionen Euro – und liegt damit niedriger als Anfang 2019.
Es fehlen große Finanzierungsrunden, die mehr als 100 Millionen Euro zusammenbringen. Dabei sind einige auf der Suche, diese Summen einzusammeln, darunter Banking-Anbieter Solaris oder die Payment-Firma Sumup, wie Deutsche Startups berichtete. Erfolgsmeldungen stehen noch aus.
Enttäuschende Top-10-Liste
Die Hochphase ist weit entfernt, wie sich in den Zahlen zeigt:
Deals im dritten Quartel: 134 (Vorjahr: 206): – 35 Prozent
Eingesammeltes Kapital: 954 Millionen Euro (Vorjahr: 3,3 Milliarden Euro) – 71 Prozent
Eingesammeltes Kapital der größten zehn Deals: 403 Millionen Euro (Vorjahr: 2,0 Milliarden Euro) – 80 Prozent
Durchschnittliche Finanzierungsrunde: 8.3 Millionen Euro (Vorjahr 18,6 Millionen Euro) – 55 Prozent
Median der eingesammelten Finanzierungsrunde: 3,3 Millionen Euro (Vorjahr 4,5 Millionen Euro) – 23 Prozent
Auch die Liste der zehn größten Deals sieht enttäuschend aus. Der Kreditkartenanbieter Curve landet mit 67 Millionen Euro auf dem ersten Platz. Zu den Hochzeiten 2021 wäre der Deal nicht einmal unter die ersten zehn Plätze gefallen.
Auf alle Startups bezogen sind die Fundings indes stabiler, wie Zahlen des Analyse-Dienstes Pitchbook auf Quartals-Ebene zeigen. In diesen Wert fallen allerdings auch die Deals rund um das Thema Künstliche Intelligenz – in dem Segment sind Geldgeber zuletzt hohe Wetten eingegangen.
Auch Startups in dem Bereich Climate Tech erhielten in den vergangenen Monaten zunehmend neue Millionen. In Berlin etwa bekam die Firma Plan A knapp 30 Millionen Euro – in der Finanzierungsrunde beteiligte sich der renommierte Fonds Lightspeed, aber auch die Deutsche Bank und Visa. Es handelt sich dabei um ein Software-Tool, um Nachhaltigkeitskriterien zu überwachen.
Das große Problem bleiben die Exits. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das Volumen der Unternehmensverkäufe unter den Wert von 2014 fallen könnte. Damals lag er bei 21 Milliarden Dollar, zum Ende des dritten Quartals sind es in diesem Jahr weniger als die Hälfte. Finance Forward hatte über den großen Ausverkauf berichtet, gerade kleinere Fintechs suchen nach Käufern oder Partnerunternehmen.
Ein wenig Hoffnung machen dagegen die vergangenen Tage. Das Payment-Startup Brite erhielt 60 Millionen Dollar und auch sonst fließt international wieder Geld. So erhielt der Peer-to-Peer-Verleiher Investree aus Indonesien 220 Millionen Dollar und Cardata noch einmal 100 Millionen Dollar. Alle Details wurden in der vergangenen Woche publik. Die Fintech-Welt wartet derweil weiter auf einen Deal, der zeigt, dass Investoren noch an das Geschäftsfeld der Finanz-Startups glauben.