Steht für eine neue Strategie: Florian Resatsch aus dem Führungsteam von Finleap (Bild: Boris Breuer)

Konzerngeschäft wird wichtiger: Strategiewechsel bei Finleap?

Zusammen mit der Versicherung Signal Iduna hat Finleap das Startup Pylot aufgebaut – doch seine Anteile hat der Company Builder schon wieder verkauft. Das Beispiel verdeutlicht eine strategische Neuausrichtung: Finleap ist ins Venture-Building für Konzerne eingestiegen. Dort lauert starke Konkurrenz.

Pylot ist kein klassisches Fintech. Seit etwa einem Jahr entwickelt der Company Builder Finleap das Software-Startup zusammen mit der Versicherung Signal Iduna. Pylot soll kleinen Betrieben dabei helfen, Marketing, Schichtpläne und Rechnungen zu managen. Mit dem Tool lässt sich zum Beispiel überblicken, welche Informationen über einen Handwerker überall im Netz zu finden sind.

Im Juni stieß mit Michael Hartwig, zuvor bei BMW und Google tätig, ein erfahrener Manager als CEO zum Unternehmen. In den kommenden Monaten soll es richtig losgehen. Allerdings ohne Finleap: Wie aus dem Handelsregister hervorgeht, hat der Company Builder seine kompletten Anteile an die Signal Iduna abgegeben. Das ist bemerkenswert – und beispielhaft dafür, wie sich Finleap strategisch gerade verändert.

Kleine Transaktion, großer Unterschied

Als Company Builder bleibt Finleap normalerweise an den von ihm aufgebauten Startups lange beteiligt – so etwa an der Berliner Solarisbank, die gerade einen großen Deal mit Samsung verkündet hat. Der Inkubator überbrückt bei seinen Ventures die schwierige Anfangsphase und holt ein fähiges Management an Bord. Die richtige Wertschöpfung findet erst Jahre später statt, wenn das Unternehmen möglicherweise für viel Geld verkauft wird oder an die Börse geht. So funktioniert auch der Digital-Health-Company-Builder Heartbeat Labs, hinter dem wie bei Finleap Seriengründer Jan Beckers steht.

Die Pylot-Transaktion deutet nun den Einstieg in ein anderes Geschäftsmodell an: Bei einer frühen Abgabe der Anteile muss Finleap schon am Anfang so viel Geld bekommen, dass sich die Dienstleistung lohnt. Je nach Vereinbarung gibt es bei späteren erreichten Zielen noch einmal einen weiteren, kleineren Teil der Entlohnung. Das Modell heißt Corporate-Venture-Building. Einer der Platzhirsche in diesem Gebiet ist BCG Digital Ventures, das etwa für Bosch den E-Roller-Verleih Coup gestartet hat (der sich nicht durchsetzen konnte) und für den Vermögensverwalter Vanguard gerade an einem Robo-Advisor für Europa bastelt, wie Finance Forward berichtete.

Ein eigenes Team kümmert sich  um „Corporate Venturing“

Von Finleap heißt es, der Verkauf von Pylot sei „von Anfang an geplant“ gewesen. Weiter schreibt eine Sprecherin: „Pylot ist eine Kooperation mit der Signal Iduna, aber kein klassisches Joint Venture.“ Der Company Builder unterstütze beim Aufbau eines „eigenständige[n] und autarke[n]“ Unternehmens.

Es ist kein Geheimnis, dass Finleap in dem Geschäftsfeld aktiv ist. Erst kürzlich hat der Company Builder ein Team von ehemaligen Wirecard-Mitarbeitern abgeworben, die in der neuen Abteilung Finleap Forward großen Unternehmen bei Innovationen helfen sollen. Das Team kümmere sich hauptsächlich um „Corporate Venturing“, heißt es von Finleap.

Auch das neueste Venture ist ein ähnliches Konstrukt wie Pylot: Die Weißhaus Investment Plattform hat Finleap zusammen mit dem Immobilien-Riesen Engel & Völkers finanziert (Finance Forward berichtete). Dem Company Builder gehört nach wenigen Monaten nu noch 0,0006 Prozent der Anteile. Und auch beim Cybersecurity-Startup Perseus, das zusammen mit der Hannover Rück gegründet wurde, übernahm bereits drei Jahre nach der Gründung die HDI Gruppe (die wie die Hannover Rück zum Versicherungskonzern Talanx gehört). Im Management hat Finleap seit Anfang des Jahres einen Experten für das Thema sitzen: Florian Resatsch hat einige Jahre beim Heizungsbauer Viessmann neue Geschäftsmodelle aus dem Konzern heraus vorangetrieben.

Die letzte klassische Gründung ist eineinhalb Jahre her

Bei einem der ersten Joint Ventures von Finleap war das noch anders. Die Deutsche Fintech Solutions, die Finleap zusammen mit dem Finanzvertrieb DVAG 2018 gegründet hatte, gehörte beiden Partnern je zur Hälfte.

Die letzte klassische Ausgründung war der Check24-Angreifer Joonko, den Finleap im vergangenen Sommer angestoßen hat. Finleap betont, dass man weiter auch eigene Firmen aufbaue. Vorstand Birte Sewing sagte kürzlich im FinanceFWD-Podcast, dass im Bereich „Gen Z“ und rund um das Thema Versicherung etwas Neues kommen könnte. Es wird sich zeigen, ob wieder ein prominenter Industriepartner dabei sein wird.