Mehr als eine Million Menschen verwenden die App (Bild: IMAGO / Political-Moments)

Was der 900-Millionen-Deal von Trade Republic für den Fintech-Markt bedeutet

Eine Nachricht bewegt die deutsche Startup-Szene besonders: Der Milliarden-Deal der Broker-App Trade Republic. Doch wie geht es nun weiter? Und wie verändert der Deal den Wettbewerb?

Seit Donnerstag ist Trade Republic das wertvollste deutsche Startup, es hat auch die Berliner Smartphone-Bank N26 überholt. Die Geldgeber bewerten die Anlage-App mit 5,3 Milliarden Dollar, insgesamt 750 Millionen Dollar flossen in das Unternehmen, wie Finance Forward am Donnerstag berichtete. Es ist eine der größten deutschen Startup-Finanzierungen überhaupt.

Auf das Funding der Superlative folgen nun große Erwartungen – es geht um das Rennen, als Neobroker die einzelnen europäischen Märkte zu erobern. Und das ist natürlich noch nicht entschieden, trotz der üppigen Finanzierung von Trade Republic.

Zurzeit verwenden mehr als eine Million Menschen Trade Republic, per App können sie besonders einfach in Aktien, ETFs und Kryptowährungen investieren. Allein ist das Startup auf dem Markt derweil nicht, der Wettbewerb hat sich in den vergangenen Monaten aufgeheizt. Wer sind die wichtigen Konkurrenten? Und welche Auswirkungen gibt es für Sino, den börsennotierten Investor von Trade Republic? Wir haben uns die wichtigen Fragen zum Markt angeschaut.

Die Karten sind neu gemischt: Wie heißen die Verfolger?

In anderen Fintech-Märkten lässt sich bereits beobachten: Zwei Player dominieren ihr Feld und schaffen es, massiv Wagniskapital einzusammeln. Im Bereich der Smartphonebanken sind dies in Europa beispielsweise N26 und Revolut. Andere Angreifer versuchen sich davon abzugrenzen, etwa indem sie eine bestimmte Zielgruppe ansprechen, Tomorrow setzt auf einen Nachhaltigkeitsfokus und Insha spricht gezielt Muslime an.

Im Broker-Markt ist die Wahrscheinlichkeit hoch, gerade nach der Finanzierung, dass sich Trade Republic als eines dieser beiden dominanten Unternehmen festsetzt. Die Frage wird sein: Wer schafft es, sich als Verfolger im Massenmarkt zu behaupten. Gute Chancen hat Scalable Capital mit namhaften Investoren im Rücken. Als Marktführer unter den Robo-Advisorn hat die Firma schon einmal bewiesen, dass sie Marketing beherrscht – eine wichtige Fähigkeit in den kommenden Monaten.

Ein weiterer Kandidat ist das niederländische Bux, das von Tencent und Prosus 80 Millionen Dollar eingesammelt hat – im Vergleich zu Trade Republic erscheint dieses Funding allerdings fast niedrig. Und Bitpanda gehört zu den Hoffnungsträgern, der erst vor einigen Monaten zum Unicorn aufgestiegen ist und vom lukrativen Kryptohandel in den Aktienhandel vorstoßen will. Etoro ist mit seinem Social-Trading-Ansatz ebenfalls gut finanziert und hungrig auf weiteres Wachstum in Europa. Ohne App – dafür ebenfalls erfolgreich – ist Smartbroker. Anbieter wie Justtrade könnten sich zum Beispiel als App für Vieltrader etablieren und so eine Nische besetzen.


Die Aufzählung zeigt, wie viele Anbieter bereits um Kunden kämpfen. Trotz der guten Wachstumszahlen befindet sich auch Trade Republic noch am Anfang. Die große Frage wird sein: Wer schafft es, neue Trader zu gewinnen, die noch nie am Kapitalmarkt waren und langfristig Geld anlegen – und sich nicht nach ein paar Wochen die Finger verbrennen, um die App dann wieder enttäuscht zu verlassen. Bei Trade Republic sollen rund die Hälfte der Nutzer neue Anleger sein.

Um aus dieser Masse an Anbietern hervorzustechen und sich der neuen Kundengruppe zu präsentieren, steht eine Marketingschlacht bevor. Schon in den vergangenen Monaten ließ sich beobachten, wie die einzelnen Anbieter in diesen Bereich viel Geld pumpen. Trade Republic setzt auf TV-Werbung, Scalable Capital hat kürzlich ein Gewinnspiel über 100.000 Euro veranstaltet, Bux lockt die Nutzer mit Gratis-Aktien zum Start.

Das Wachstum ist dabei immer im Verhältnis zur Stimmung am Markt zu sehen: Zurzeit ziehen die Apps mehr Leute an, weil sich die Märkte in den vergangenen Monaten gut entwickelt haben. Und damit sinken auch die Marketingkosten, um einen Kunden zu überzeugen. Bei Etoro waren es laut einer Präsentation Anfang des Jahres 31 Dollar, zehn Dollar weniger als 2020. Vor der Euphorie im Jahr 2019 lag der Wert noch bei 52 Dollar pro Registrierung. Das heißt: Trübt sich die Stimmung am Markt, steigen die Marketingkosten.

Wichtig: In diesem Segment wird sich der Wettbewerb darüber entschieden, wer es mit effizientem Marketing schafft, die meisten Trader zu bekommen, die auch tatsächlich anlegen. Zum Vergleich: Bei Etoro haben von den 18,7 Millionen registrierten Nutzern nur 1,2 Millionen überhaupt Geld auf dem Konto. Bei Trade Republic dürfte die Quote höher liegen, trotzdem muss die Zahl vor diesem Hintergrund betrachtet werden.

Wie stehen die etablierten Broker da?

Zu den größten etablierten Online-Brokern zählt Flatexdegiro, der auf 1,6 Millionen Nutzer kommt und mindestens 20 Milliarden Euro an Kundenanlagen verwaltet. Bei Trade Republic sind es aktuell bei mehr als sechs Milliarden Euro. Auf Twitter gab es deswegen am Donnerstag nach dem Deal bereits eine Diskussion über die Bewertung. Schließlich kommt das zurzeit größere und profitable Flatex an der Börse nur auf eine Bewertung von 2,6 Milliarden Euro, während Trade Republic nach dem Deal 4,4 Milliarden Euro wert ist. Wer hat am Ende recht: Die Venture-Capital-Investoren, die auf ein noch schnelleres Wachstum wetten, oder die Anleger von Flatextdegiro? Das muss sich zeigen. Die Flatex-Aktie bewegte sich gestern nach dem Deal fast gar nicht.

Wie profitiert der börsennotierte Trade-Republic-Investor Sino?

Anders sah es mit dem Börsenkurs von Sino aus. Der Investor hat Trade Republic mit aufgebaut und vor allem den Start finanziert (Finance Forward berichtete), der Kurs stieg von 65 Euro auf 88 Euro. Beim Milliarden-Deal verkaufte die Firma Anteile und machte einen Gewinn von 127 Millionen Euro nach Steuern.

Laut einer Mitteilung wird Sino – nach der Ausübung von Optionen, die laut Firma sehr wahrscheinlich eintreten – einen Anteil an Trade Republic haben, der bei 2,8 Prozent liegt. Dies entspricht bei einer Bewertung von 4,4 Milliarden Euro insgesamt 123,2 Millionen Euro für den Trade-Republic-Anteil. Der Börsenwert von Sino lag seit am Donnerstag Abend bei rund 200 Millionen Euro.