Mihkel Aamer und Martin Sokk (Bild: Jake Farra)

Britische Trading-App Lightyear will es in Deutschland mit Trade Republic aufnehmen

Exklusiv: Ein prominentes Team, das früher bei Fintechs wie Wise, Revolut und Robinhood war, baut zurzeit die britische Trading-App Lightyear auf. Schon bald plant es den Schritt nach Deutschland. Durchsetzen will sich das Startup mit noch niedrigeren Gebühren.

Sie sind vor einem Jahr gestartet, haben bislang rund zehn Millionen Dollar eingesammelt und wollen es schon bald mit Trade Republic, Scalable Capital und Co. aufnehmen. Mit Lightyear haben Mihkel Aamer und Martin Sokk eine Trading-App nach dem Vorbild ihres alten Arbeitgebers Wise gebaut – Alleinstellungsmerkmal: keine bis niedrige Gebühren.

Neben Wise-Gründer Taavet Hinrikus und der frühen Monzo-Investorin Eileen Burbidge setzen auch Wagniskapitalgeber Metaplanet und Mosaic auf die Idee – keine schlechten Namen. Das Management setzt sich aus dem ehemaligen Trading-Chef von Revolut, Nishil Parekh, und dem früheren Großbritannienchef von Robinhood, Wander Rutgers, zusammen.

In den kommenden Monaten ist die Expansion nach Deutschland geplant, wie Finance Forward erfuhr. Eine Lizenz für EU-Staaten liegt in Estland bereits vor. Welche Chancen hat Lightyear, sich gegen die hiesigen Unicorns durchzusetzen?

Gebührenkampf statt Marketing-Millionen

Lightyear bestätigt auf Anfrage die Expansionspläne für das laufende Jahr, will sich darüber hinaus aktuell allerdings nicht äußern. Das Unternehmen geht spät in ein Segment, das bereits sehr heiß umkämpft ist. In Großbritannien hat beispielsweise Freetrade schnell eine Million Kunden erreicht, ähnlich wie das US-Vorbild Robinhood und auch Trade Republic maßgeblich getrieben durch niedrige Gebühren und dem Wegfall eines Mindestordervolumens.

Das britische Fintech Lightyear will besonders mit mehreren Währungskonten sowie einem gebührenfreien Zugang zu Tausenden globalen Aktien punkten. Dabei sollen auch keine Gebühren für die Umrechnung von Devisen anfallen – hier kommt die Wise-Vergangenheit der Gründer ins Spiel. Wise, das früher Transferwise hieß, hat sich auf günstige Auslandsüberweisungen fokussiert. Der Devisenumtausch ist bis zu einem Betrag von 3.000 britischen Pfund pro Monat kostenlos, danach wird eine Gebühr von 0,35 Prozent erhoben.

Ein richtiger Preiskampf ist in den einzelnen Märkten unter den Neobrokern noch nicht ausgebrochen, bislang hatten sich beispielsweise in Deutschland Trade Republic und Scalable Capital mit Produktdetails und ihren Handelsplätzen von einander unterschieden, bei beiden kostet ein Trade etwa einen Euro.

Lightyear will also genau da ansetzen, wo Freetrade in Großbritannien und Trade Republic in Deutschland bislang noch vergleichsweise teuer sind, sie setzen stark auf Gebühren für Aktienkäufe im Ausland. Mit diesem Modell muss Aamer, Sokk und dem Team mit 30 Mitarbeitern der Start gelingen, während sie gleichzeitig ein funktionierendes Geschäftsmodell aufbauen.

Schnelle Internationalisierung

Die Idee: Schnell in ganz Europa Kunden sammeln. „Niemand hat es geschafft, in Europa zu expandieren“, zitierte Sifted Sokk zum Start vor einem Jahr. Die USA seien 30 Jahre voraus. „Wir glauben, dass wir diese Infrastruktur aufbauen müssen.“

Seine Kundenzahl verrät das Fintech nicht, zum Start sollen 5.000 auf der Warteliste gestanden haben. Den ganz großen „Meme-Stock“-Hype von Anfang 2021 hatte es durch den Launch im September verpasst, trotzdem dürfte das Wachstum besonders bis Anfang 2022 ordentlich gewesen sein.

Jetzt muss das Fintech beweisen, sich in einer Bärenphase mit weitaus weniger Kapital durchsetzen zu können. Trade Republic hat bislang insgesamt 1,3 Milliarden Dollar eingesammelt, Freetrade liegt bei immerhin bei 133 Millionen Dollar. Mit seinen zehn Millionen wird Lightyear keine konkurrenzfähige Marketingkampagne fahren können. Es stellt sich die Frage, wer Lightyear das weitere Wachstum finanziert – denn das Fundingklima hat sich verschlechtert.

Die Gründer sind offenbar überzeugt, sich über das günstigere Gebührenmodell und „bessere Produkt“, so Sokk, gegen die Konkurrenz durchsetzen zu können. Außerdem müssen sie beweisen, dass das Kundeninteresse an internationalen Aktien groß genug ist, um deshalb den Broker zu wechseln. Dass dieses Argumente reicht, ist im mit dem aktuellen Klima fraglich.