Rockets zweiter Versuch: Die Fintech-Wetten von Flash Ventures
Vor rund einem Jahr hat Rocket Internet den Frühphaseninvestor Flash Ventures gestartet. Von den mittlerweile 17 Portfoliofirmen sind sechs Fintechs, zwei weitere befinden sich in Planung. Gerade in Berlin hat ein neues Rocket-Fintech losgelegt. Auf welche Geschäftsmodelle setzt Flash Ventures?
Zu häufig werde der Aufbau von Startups als mystischer Prozess beschrieben, erklärte Rocket-Internet-Investor Johann Nordhus Westarp vor einem Jahr auf Linkedin. Das solle sich ändern. Mit Flash Ventures will der ehemalige Inkubator seine Präsenz in der Startup-Szene wieder ausbauen. „Wir sind schnell. Wir sind transparent. Wir geben 150 Prozent für unsere Gründer“, schreibt Westarp. Der Frühphaseninvestor hat im ersten Jahr mindestens 17 Firmen finanziert, sechs weitere sind laut Webseite im „Stealth-Mode“.
Grund genug, sich das Portfolio einmal genauer anzuschauen. Rund ein Drittel der ersten Investments lassen sich der Fintech-Branche zuordnen, zwei weitere Finanz-Startups sind in Planung.
Andere Ausgangssituation
Es ist für den Berliner Geldgeber Rocket Internet der zweite Versuch, Fintechs mit aufzubauen. Während die von Rocket aufgesetzten E-Commerce-Geschäftsmodelle wie Zalando und Hellofresh mittlerweile zu Milliarden-Unternehmen aufgestiegen sind, gelang dies bei Finanz-Startups nicht, Zencap oder Lendico verkaufte der Company Builder, andere mussten aufgeben. Als reiner Investor schlug sich Rocket Internet dagegen besser und beteiligte sich beispielsweise an Revolut und Brex (Finance Forward berichtete über das Portfolio).
Mit Flash Ventures kehrt Rocket Internet wieder stärker zum Company Building zurück. Die eigentlichen Gründer erhalten allerdings einen Großteil der Anteile, die geringe Beteiligung war in der Vergangenheit stets ein Kritikpunkt.
Wer befindet sich im Portfolio?
Wenig bekannt ist bislang über Otto. Die App soll einen persönlichen Finanzcoach anbieten, der bei der Verwaltung von Finanzen, Hypotheken und Renten helfen soll, heißt es lediglich. Auf der Webseite des im November gegründeten Startups findet sich lediglich eine Warteliste. Gründer Jan Thomas war vorher zwei Jahre lang Director für Großbritannien und Irland der Zinsplattform Deposit Solutions.
„Die erste Fintech-Revolution ermöglichte einen nahtloseren und digitalisierten Zugang zu Finanzdienstleistungen“, schrieb er vor acht Monaten auf LinkedIn. Die zweite Fintech-Revolution werde einen „grundlegenderen Paradigmenwechsel herbeiführen: eine völlig neue Denkweise über Finanzdienstleistungen, die sich auf das ultimative Ziel konzentriert – finanzielle Gesundheit und finanzielles Wohlergehen für alle zu ermöglichen.“
Bei dem Berliner Fintech Mistho ist Flash Ventures erst im Juni eingestiegen, wie Deutsche Startups berichtete – bislang operiert die Firma noch im Stealth-Mode. Es handelt sich um ein Geschäftsmodell, das eine Schnittstelle zu Unternehmen entwickeln will – in den USA läuft dies unter dem Stichwort „Payroll-Api“, darüber lässt sich beispielsweise für Kreditanbieter auf schnellem Wege die Einkommensverhältnisse klären. Die Schwierigkeit besteht darin, die Unternehmen dazu zu bekommen, den Datenzugang anzunehmen.
Die zweite Firma, die noch unter dem Radar fliegt, soll in Brasilien starten, angelockt vom Hype um die erfolgreiche Smartphone-Bank Nubank. Zu dem Geschäftsmodell ließ sich bislang noch keine Informationen ausfindig machen. Flash Ventures sucht zurzeit nach geeignetem Personal.
Für das Münchner Versicherungs-Startup InsureQ ist die Seedrunde von Flash Ventures etwas länger her, kürzlich konnte es bereits weitere fünf Millionen Euro von Nauta Capital und Rockets Investmentarm Global Founders Capital einsammeln. Die Bewertung dürfte sich laut Handelsregister auf 15 Millionen Euro belaufen (Finance Forward berichtete).
Es richtet sich zunächst vor allem an Berater, Freelancer im IT-Bereich sowie Software- und E-Commerce-Startups. Der Anbieter bietet ihnen Policen für Haftpflicht und Cyber-Risiken. „Von den zehn größten Versicherungen in Deutschland bieten nur zwei ihre Policen komplett digital an“, sagte Mitgründer Alexander Marius Le Prince im Gespräch mit Finance Forward. „In dem Bereich sehen wir für unser Angebot ein enormes Potential.“ Dafür arbeitet InsureQ mit Versicherungsunternehmen wie Hiscox, R+V Versicherung und ARAG zusammen. Bekannt werden will es vor allem über Partnerunternehmen, wie etwa das Fintech Moss, in das Rocket Internet auch investiert hat.
Das spanische Fintech Payflow lässt Firmenkunden ihren Mitarbeitern das Gehalt flexibel auszahlen, sie können den Zeitpunkt über eine App bestimmen. Insgesamt sind laut Crunchbase in mehreren kleinen Etappen 5,4 Millionen Dollar in das Startup geflossen. Die beiden Gründer Benoit Menardo und Avinash Sukhwani waren vorher bereits bei Rocket in anderen Funktionen aktiv. Für dieses Jahr strebt das Unternehmen bereits eine internationale Expansion an.
Flash Ventures ist von dem Geschäftsmodell offenbar sehr überzeugt: Es hat mit Wagetab ein australisches Unternehmen mit dem gleichen Geschäftsmodell im Portfolio. Es wurde, genau wie Payflow, im Januar 2020 gegründet, beide Unternehmen haben sich zudem das Thema Finanzbildung auf die Fahnen geschrieben. Das wollen sie ihren Kunden über ihre App mitgeben. Gründer Mitchell Stevens war zuvor über mehrere Jahre Berater bei der Boston Consulting Group. Viel mehr ist aktuell nicht bekannt, auch nicht die Summe der ersten Seedrunde.
Zaapi taucht auf der eigenen Seite noch nicht auf. Das Unternehmen hat im März eine ungenannte Summe von Flash Ventures erhalten. Es bietet eine E-Commerce-Plattform für kleine und mittlere Unternehmen, die über eine App innerhalb weniger Minuten einen Onlineshop aufsetzen können sollen. Seit Ende Juli ist die Betaversion in Asien live, Zaapi sitzt in Singapur und richtet sich an südostasiatische Händler. Bezahloptionen sind in Planung.
Abgesehen von Zaapi sitzen auch Startups wie der Starbucks-Angreifer Flash Coffee, Tinvio und Spenmo aus dem Portfolio von Flash Ventures in Singapur. Letzteres hat es im vergangenen Jahr in den renommierten Y-Combinator im Silicon Valley geschafft. Im August vergangenen Jahres flossen insgesamt zwei Millionen Dollar in das Fintech. Über Spenmo können Unternehmen ihre Ausgaben verwalten, außerdem will das Startup mit den dadurch erhobenen Daten die Kreditwürdigkeit seiner Kunden erfassen.
Wieder das Rocket-Rezept
Die Strategie von Flash Ventures ist ähnlich wie in der Vergangenheit: Rocket orientiert sich an erfolgreichen Geschäftsmodellen. Spenmo ist beispielsweise in einem Segment unterwegs, in dem sich auch Firmen wie Brex oder Spendesk tummeln. Flash Ventures finanziert – wie Rocket mit seinem Company Builder – Firmen überall auf der Welt. Noch sind die Fintechs ganz am Anfang und müssen sich in den kommenden Jahren beweisen.