Die neue Kleidungs-Marke der Cash App (Bild: PR).

Das 100-Milliarden-Fintech: Cash App sucht Europa-Team

Das Tech-Unternehmen Square will mit seiner populären Cash App nun auch in Europa expandieren und hat dafür eine Jobanzeige geschaltet. Wie groß ist die Gefahr für Fintech-Player wie Paypal und N26?

Fieberhaft schauen sich große Banken zurzeit nach Übernahmezielen um, in Milliarden-Deals haben sie Fintechs und Tech-Firmen übernommen – doch ein Streaming-Dienst steht wohl kaum auf ihrer Wunschliste. Anders ist das bei Square-Gründer Jack Dorsey, der vor wenigen Wochen über den Kauf von Tidal verhandelte. Dorsey soll sich mehrfach mit dem Rapper und Tidal-Eigentümer Jay-Z getroffen haben, wie Bloomberg berichtete.

Der potentielle Zukauf illustriert gut, wie Dorsey eine Marke aufbaut, die wenig mit dem Image von herkömmlichen Finanzmarken zu tun hat. Ende 2020 startete er für seine Cash App eine eigene Modelinie. Ab 60 Dollar lassen sich Pullover im Style seiner Firma kaufen.

Square hat es derweil mit der Cash App nicht nur geschafft, ein cooles Image zu erschaffen – die Payment-Firma erlebt zurzeit einen wahren Höhenflug. An der Börse bewerten Investoren sie mit mehr als 100 Milliarden Dollar (17 Milliarden mehr als bei unserem letzten Bericht Ende November). Und die Zeichen mehrten sich, dass Square bald den Weg nach Europa sucht. Vor wenigen Tagen hat das Unternehmen die Stelle für einen erfahrenen „European Operations Manager“ ausgeschrieben, der die Expansion der Cash App in Europa verantworten soll.

Eine europäische Banklizenz besitzt Square bereits

Schon vor drei Jahren kündigte Dorsey, der parallel auch Twitter leitet, bei einer Veranstaltung in der Londoner Soho Piano Bar eine Europa-Expansion an. Damals startete Square mit seinen Zahlungsterminals, die es an Restaurants und Händler vertreibt (der zweite große Geschäftszweig des Unternehmens). Doch auf das europäische Festland ging es seitdem nicht.

Doch dieses Mal ist die Situation anders. Erst kürzlich hat Square das Startup Verse gekauft, das auf insgesamt 600.000 Downloads kommt. Mit der App des spanischen Fintechs lassen sich kleine Geldbeträge zwischen Freunden hin und her schicken, das sogenannte Peer-to-Peer-Payment (P2P). Einen großen Nutzerstamm besitzt das Unternehmen nicht, laut dem Schätzungs-Tool Airnow kommt es auf etwa 600.000 Downloads. Allerdings hat Verse bereits eine E-Money-Lizenz in Litauen, mit der sich auch in anderen europäischen Ländern operieren kann. Es soll künftig in mit der Cash-App zusammengeführt werden, heißt es von Square.

In der aktuellen Stellenanzeige sucht die Tech-Firma nun einen Manager, der „in leitender Funktion für die Cash App in Europa verantwortlich“ ist. Mit dem Produktteam solle der neue Manager eine Roadmap erarbeiten, um „spezifische Features und Funktionen für den europäischen Markt“ einzuführen. In der Anzeige ist außerdem viel von einer Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen die Rede, dazu könnte Verse zählen oder Satispay, ein italienisches Fintech, an dem sich Square kürzlich beteiligt hat. Über die Anzeige hatte die irische Zeitung Independent zuerst berichtet. Eine Firmensprecherin wollte sich nicht weiter dazu äußern.

70 Dollar Umsatz pro Nutzer im Quartal

Leicht wird es nicht, sich mit der P2P-Funktion durchsetzen, Paypal ist ein starker Konkurrent. In den USA war diese Geldsende-Funktion für die Cash App das Ankerprodukt. Seit einiger Zeit gibt es aber eine Bankkarte, die Nutzer können Krypto-Währungen und Aktien kaufen, zusätzlich bietet die App ein Rabatt-Programm an. Das Banking-Angebot ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und hat sich der Paypal-Tochter Venmo angenähert: 30 Millionen Nutzer verwenden die App jeden Monat. Gerade vom Krypto-Verkauf hat Square in den vergangenen Monaten profitiert, der Bitcoin-Umsatz lag bei 1,6 Milliarden Dollar. Allein im dritten Quartal 2020 machte es einen Umsatz von knapp 70 Dollar pro Nutzer, nach Abzug der direkten Kosten blieben immerhin noch zwölf Dollar.

Punkten kann es auch in Europa mit seinem Image. „Cash App arbeitet mit dem Rapper Travis Scott und dem Tik-Tok-Star Addison Rae zusammen, damit erreicht das Fintech Teens und das zu niedrigen Marketing-Kosten“, sagt Dennis Müller, Gründer der App Amie, der früher als Produktmanager bei N26 gearbeitet hat. Die Marke sei unterhaltsam und „nicht darum bemüht, seriös zu wirken“.

Die Suche nach einem Ankerprodukt

Doch selbst wenn dies funktioniert, braucht die Cash App nun auch in Europa ein Ankerprodukt. Kunden, die bereits Paypal nutzen, werden schwierig zu gewinnen sein. Alternativ könnte die Cash App direkt mit dem Aktien- und Krypto-Handel starten. „Die Marke und Reichweite ist beeindruckend“, sagt Christian Nagel, Partner bei Wagniskapitalgeber Earlybird und Investor bei der Smartphone-Bank N26. Er frage sich allerdings, wie gut es Square schaffen könne, mit den unterschiedlichen Regulierungen und Märkten klarzukommen.

Er und sein Team suche zurzeit nach neuen Fintechs, die Paypal mit ihrem Geschäftsmodell angreifen. „Denn das Unternehmen nimmt den Händlern zu viel Marge weg“, so Nagel. Wenn die Händler bei dem neuen Player ein Konto haben und die Kunden die eigene App verwenden, ließe sich die herkömmliche Zahlungsinfrastruktur umgehen. „So ein Fintech wird kommen, das ist nur eine Frage der Zeit“, sagt der Geldgeber. Square hat zumindest eine Chance darauf dies in der Zukunft zu erreichen. Sollte es sich zuerst mit seiner Marke bei jungen Menschen in Europa etablieren können, wird es auch gefährlich für Fintech-Player wie Paypal oder die Smartphone-Banken N26 und Revolut.