Altersvorsorge ohne Helm: Mit diesem Bild wirbt BCG Digital Ventures in den sozialen Netzwerken (Bild: Unsplash/Marvin Meyer).

Nach Vanguard-Robo: BCG Digital Ventures arbeitet an neuem Fintech-Startup „Adler“

Exklusiv: Die Digitaleinheit der Beratungsfirma BCG bereitet den Start einer neuer Investment-App vor: Ein Vertragsmanager, der gesparte Beträge in ETFs anlegt. Eine Startup-Idee, die sich erst einmal sinnvoll anhört – und sich in einem schwierigen Markt bewegt.

Im vergangenen Jahr begann das Geheimprojekt: Die Berater von BCG Digital Ventures halfen in Berlin beim Aufbau eines neuen Robo-Advisors. Selbst in der Firma des Auftraggebers sollen anfangs nicht alle Bescheid gewusst haben, so vertraulich waren die ersten Pläne. Im Juni enthüllte Finance Forward, dass es sich um den globalen Vermögensverwalter Vanguard handelt, der in Europa Fuß fassen will. Ein prominentes Team bereitet zurzeit den Launch vor, sogar eine Banklizenz beantragt die Firma.

Fintechs sind für die BCG-Digitalberater offenbar ein neuer Schwerpunkt. Gleichzeitig mussten sie mit Kunden aus der Mobilität zuletzt Rückschläge einstecken: Das Innovationslab von Daimler wurde zu einem Preis verkauft, der weit unter dem investierten Betrag lag. Genauso wie schon das Vorzeige-Projekt Coup vor längerer Zeit, einem Roller-Sharing-Startup von Bosch. In beiden Fällen unterstützte BCG beim Aufbau.

Im Windschatten des neuen Vorzeige-Projektes mit Vanguard arbeiten die Berater mittlerweile an einem weiteren Finanz-Startup. Wieder macht BCG ein Geheimnis um das Projekt. In den Stellenanzeigen ist von einem „Stealth Consumer FinTech Venture“ die Rede. Finance Forward hat die ersten Details zu den Plänen ausfindig gemacht.

Schwieriges Marketing-Thema

Seit wenigen Tagen wirbt die Adler App in sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram. Der Slogan: „Und als Rentner sammelst du Flaschen? Nicht mit uns!“ Die Berater-Einheit hat sich dafür eine Altersvorsorge-Alternative erdacht: In einer App laden die Nutzer ihre Strom-, Gas-, und Versicherungsverträge hoch und das Unternehmen will automatisch eine günstigere Alternative vorschlagen, das gesparte Geld fließe in „provisionsfreien und kostengünstigen ETFs“. Adler verdient an der Vermittlungsprovision – will aber alle Verdienste transparent anzeigen. Das Ganze soll „vollautomatisch“ laufen.

In der Theorie klingt die Idee sinnvoll. Doch die gesparten Beträge sind höchstens ein Anfang, die komplette Altersvorsorge können sie nicht ersetzen, dafür sind die Anlagebeträge je nach Altverträgen sicherlich nicht hoch genug. Es ist ein Segment, das mehrere Fintechs bereits beackern. Bei den Anlage-Apps Peaks und Rubarb lassen sich die Einnahmen des Kontos aufrunden und dieses Geld wird gespart.

Vantik aus Berlin stellte sein Modell vor einigen Monaten um – für den Robo-Advisor zur Altersvorsorge wurden hohe Marketingausgaben fällig, um einen Kunden zu überzeugen. Gründer Til Klein brachte daraufhin die Vantik-Bankkarte heraus, mit der seine Kunden Cashback auf ihre Einkäufe erhalten. Diese Beträge legen sie für ihre Altersvorsorge an. „Die 20 Cent, die du bei einem Einkauf für die Rente sparst, werden dich nicht reich machen, aber es ist der Anfangspunkt“, um mehr Geld bei Vantik zu investieren, sagte der Gründer. Genauso könnte auch das Vertrags-Tool von Adler ein Anfangspunkt sein, um Geld in die Altersvorsorge zu stecken.

Alle vergleichbaren Modelle stehen derweil noch am Anfang. Gerade das Thema „Altersvorsorge“ zu bewerben, bleibt schwierig und teuer. Es wird ein langwieriger Prozess, die Marketing-Ausgaben wieder einzuspielen.

Einen offensichtlichen Platzhirsch gibt es nicht

Auch an der Vertragsoptimierung haben sich schon mehrere Startups versucht. Prominent war das Finleap-Startup Moneymap, das mit Geld der Hypovereinbank und großen Plänen gescheitert ist. Auch damals sollte alles automatisch funktionieren. Unzählige Vertragsmanager versuchen sich seitdem in dem Segment zu etablieren und schnelle Vertragswechsel möglich zu machen. Finanzguru, Volders, Wechselgott, Heymoney und Switchup sind beispielsweise in dem Markt unterwegs. Einen offensichtlichen Sieger in diesem umkämpften Markt gibt es bislang nicht. Die Vergleichsportale Check24 und Verivox haben derweil ebenfalls eigene Apps gekauft oder aufgebaut.

Viel Konkurrenz schmälert dabei nicht die Erfolgschancen der Adler App. In Kombination mit dem Thema „Altersvorsorge“, das teuer beworben werden muss, bleibt das Unterfangen jedoch schwierig. Entscheidend wird dabei eine Mischung aus guter Bedienung der App, einem Markenaufbau und viel Marketinggeld. Die Frage nach dem Budget hängt dabei stark am Projektpartner, über den BCG Digital Ventures nicht sprechen möchte. Auf der Website heißt es dazu: „Adler ist eine digitale Plattform für die moderne, flexible und faire Vorsorge, keine Bank und keine Versicherung.“ Eine Bank oder Versicherung dürfte also damit ausscheiden. Spätestens zum Start wird sich der Projektpartner offenbaren müssen.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, BCG Digital Ventures habe auch an dem Scooter-Verleih Hive mitarbeitet. Eine Sprecherin teilt mit, dies sei nicht der Fall gewesen.