Viele wichtige Fintechs melden für den Januar wieder einen Rekordmonat (Bild: Jamie Street/Unsplash)

Der Gamestop-Effekt – die Trading-Apps erleben Rekordmonat

Der Januar ist für Robo-Advisor stets ein starker Monat. In diesem Jahr haben jedoch besonders Trading-Apps ihre große Stunde. Eine Zahlenübersicht der größten Anlage- und Tradingstartups in Deutschland.

Großer Ärger bringt Aufmerksamkeit: Die Broker-App Trade Republic erlebte in den vergangenen Tagen einen massiven Shitstorm, das Fintech hatte den Handel mit beliebten Aktien wie Gamestop oder AMC für einige Stunden gesperrt, auch um seine Nutzer zu schützen. Es handele sich um eine „beispiellose“ Situation, sagte Gründer Christian Hecker im Interview mit Finance Forward. Im Zuge der Aufregung berichtete auch die Bild-Zeitung über den „Billig-Broker“.

Das Thema wird auch einige Tage später noch emotional diskutiert – und hat generell für einen Wachstumsschub in der Branche gesorgt. Normalerweise ist der Januar bereits der stärkste Monat für alle Anlage-Fintechs, in Deutschland vor allem Robo-Advisor und Broker-Startups.

Und so vermelden wichtige Fintechs wieder einen Rekordmonat. Scalable Capital kommt allein mit seinem Robo-Advisor auf mehr als 300 Millionen Euro. Der Broker, den das Unternehmen erst kürzlich gestartet hat, soll laut Branchenkennern teilweise mit mehreren tausend Kunden pro Tag wachsen. Das Unternehmen profitiert dabei sicherlich von der Kritik am Konkurrenten. Trotzdem dürfte Trade Republic ebenfalls einen Spitzenmonat verzeichnen.

Aktuelle Zahlen von der Berliner Firma gibt es nicht, aber das gehypte Fintech soll bereits bei circa eine halbe Millionen Kunden liegen, wie Finanz-Szene berichtete. In der vergangenen Woche kam es laut Downloadschätzungen von Airnow an manchen Spitzentagen auf 11.000 Downloads. Natürlich sind Downloadzahlen nicht mit Kunden gleichzusetzen, denn die Nutzer müssen noch den Video-Identifizierung durchlaufen, die sich bei großem Ansturm verzögert. Trotzdem zeigen sie ein Wachstumsmomentum, das nur wenige Fintechs jemals erreichen können. In den Apple-Downloadcharts liegt aktuell in der Finanz-Kategorie nur noch Paypal vor der Berliner Firma.


Schon die Top-Ten-Liste der Finanz-Apps zeigt, wie aufgeheizt der Markt ist. Abgesehen von Trade Republic befinden sich drei weitere Trading-Apps in der Liste. Darunter auch Scalable Capital. Der Marktführer, der in den vergangenen Monaten wegen einer Datenpanne in der Kritik stand, konnte an einigen Tagen mehr als 3.000 Kunden für seinen Broker gewinnen, heißt es von Branchenkennern. Gründer Erik Podzuweit will das nicht kommentieren, er sagt aber: „Das Wachstum ist im Januar stark angezogen.“ Es würden gerade mehrere Faktoren zusammen gekommen: Die Diskussion um Gamestop, der Lockdown, bewegte Märkte und der Jahresanfang, an dem sich Menschen traditionell mit ihren Finanzen beschäftigen.

Auch das Robo-Advisor-Geschäft, der zweite Bereich von Scalable, profitiert stark von den Faktoren. Wie schon im vergangenen Jahr vermeldet das Münchner Unternehmen einen Rekordmonat: Mehr als 300 Millionen Euro haben Anleger investiert, heißt es vom Unternehmen. Insgesamt in beiden Geschäftsbereichen liegt Scalable Capital nun bei rund drei Milliarden Assets under Management, dazu zählen allerdings auch einige Partner, für die Scalable das Geld verwaltet, zum Beispiel Oskar (siehe unten). „Das wird nicht so ewig weiter gehen, sondern sich im Frühjahr wieder etwas beruhigen“, lautet seine Prognose.

Die Broker-Angreifer:

– Zu den ärgsten Konkurrenten der beiden Startups zählt Smartbroker, das bereits auf 2,5 Milliarden Euro an Assets under Management kommt, bei rund 85.000 Depots. „Wir verzeichnen bereits seit Anfang Januar ein starkes Wachstum, das insbesondere seit Donnerstag noch einmal deutlich angesprungen ist“, heißt es von einem Sprecher.
– Fintechs wie Justtrade und Gratisbroker kommunizieren aktuell keine Wachstumszahlen, auch Trade Republic will den Januar aktuell nichts sagen. „Wir sehen, dass sich die Situation beruhigt und das Kundeninteresse ungebrochen ist“, sagt eine Sprecherin lediglich.

Der Robo-Markt

– Die Comdirect bringt es mit ihrem digitalen Vermögensverwalter Cominvest Ende 2020 auf 800 Millionen Euro und liegt damit auf dem zweiten Platz hinter Scalable Capital. Der Januar hat für das Angebot „keine besonderen Auffälligkeiten im Vergleich zu den Vormonaten“ gezeigt, sagt eine Sprecherin.
Liqid erreicht mit seinen beiden Geschäftsbereichen eine Milliarde Euro an Assets under Management, etwa 750 Millionen davon entfallen auf die automatisierte Geldanlage, der Rest auf die anderen Investmentprodukte.
Weltinvest, mittlerweile umbennant in Raisin Invest, kommuniziert seine Kundenzahlen nicht. Der Januar und auch der Dezember waren jeweils „die besten Monate seit Start des Angebots“, sagt eine Raisin-Sprecherin. Sie nennt, genau wie im vergangenen Jahr bereits, Anlagen im „dreistelligen Millionenbereich“. Das Rekordwachstum hätten vor allem Bestandskunden getrieben, insgesamt verwalte Raisin im Bereich ETF-basierte Investment- und Vorsorgeprodukte Anlegergelder im Volumen von mehr als 800 Millionen Euro.
– Der Berliner Robo-Advisor Growney kommuniziert seine Anlage-Zahlen nicht „Da Growney insgesamt in allen Geschäftsbereichen sehr stark wächst, ist gar nicht verwunderlich, dass wir im Januar 2021 einen neuen Rekord verzeichnen konnten“, sagt Thimm Blickensdorf aus der Geschäftsleitung.
– Auch für Quirion war der Januar der erfolgreichste Monat beim Neukundenwachstum. Der Robo-Advisor verwaltet für seine Kunden aktuell 627 Millionen Euro, vor einem Jahr waren es noch 400 Millionen Euro.
– Die Sparkassen liegen mit ihrem Angebot Bevestor inzwischen bei 55 Millionen Euro Assets under Management, im Vorjahr nannte die Dekabank einen „mittleren zweistelligen Millionenbereich“. Im Januar 2021 haben die Bevestor-Kunden netto rund fünf Millionen Euro angelegt. Es konnte den Wert steigern, ist von einem starken Wachstum aber weit entfernt.
Oskar, ein ETF-Sparplan für Kinder, den das Finanzportal Finanzen.net in Kooperation mit Scalable Capital anbietet, rief vor einem Jahr das Ziel aus, bis Ende 2020 die AuM-Marke von 100 Millionen Euro knacken zu wollen. Das hat es jetzt geschafft, das Angebot sei „deutlich darüber“, sagt CEO Jens Ohr. Im Januar 2021 sei ein mittlerer zweistelliger Millionen Betrag hinzugekommen.