Trade-Republic-Gründer Marco Cancellieri, Christian Hecker und Thomas Pischke (von links).

Trade Republic hat mit Ansturm zu kämpfen

Die Trading-App Trade Republic erlebte bereits vor der Coronakrise starken Kundenzuwachs, nun erhöht sich das Interesse durch das Auf und Ab an den Börsen noch einmal. Kunden klagen bereits über längere Wartezeiten bei der Anmeldung. Was steckt dahinter?

Schon einmal stand Christian Hecker im Rampenlicht. Mit seinem Startup Neon Trading pitchte der Gründer auf verschiedenen Hackathons – und gewann gleiche mehrere der Wettbewerbe. Die Idee von Hecker und seinen Mitstreitern war es, das Börsenspiel ins Smartphone-Zeitalter zu bringen. In der App konnte man mit Spielgeld in Aktien investieren und seine Wetten beobachten.

Fünf Jahre später geht es nicht mehr um Spielgeld. Das Gründerteam hat mit Trade Republic einen Smartphone-Broker aufgebaut, mit einer eigenen Lizenz als Wertpapierhandelsbank. Etwa 100.000 Kunden zählt die App seit dem Start im Januar 2019, damit gehört das Startup bereits zu einem der größeren Broker in Deutschland. Zum Vergleich: Das 2006 gegründete Flatex, einer der populärsten Anbieter, hat eigenen Angaben zufolge etwa 300.000 Kunden.

Die bekannten Wagniskapitalgeber Creandum und Project A hatten im vergangenen Jahr insgesamt zehn Millionen Euro in Trade Republic investiert. Erst kürzlich stiegen prominente Business Angel ein, wie Finance Forward berichtete, darunter Cristina Stenbeck, die Zalando-Aufsichtsratschefin. Sie alle hoffen, dass es das Berliner Fintech in die Dimensionen seines Vorbilds schafft: Robinhood führte in den USA das Prinzip des provisionsfreien Tradings mit einer einfachen Smartphone-App ein. Es hat mehrere Millionen Kunden und ist mit sieben Milliarden US-Dollar bewertet.

44.000 Downloads nur im März

Der Start von Trade Republic sah gut aus. Mehrere Brancheninsider berichteten begeistert von den starken Wachstumszahlen. Und in der Coronakrise stieg das Interesse am Aktienhandel noch einmal, die Kunden versuchen bei den starken Kursbewegungen zu spekulieren. Kann der Hoffnungsträger also von den turbulenten Märkten profitieren?

Christian Hecker sagt, er merke bislang keinen Effekt. Die Kundenzahlen seien schon seit einigen Monaten gestiegen. „Dieses Wachstum setzt sich in der Coronakrise fort“, so der Gründer von Trade Republic im Gespräch. Es lässt sich nicht klären, wie sich das Wachstum ohne Krise entwickelt hätte. Fest steht: Die Zahlen steigen stark. Allein im März wurde die App  mehr als 44.000 Mal heruntergeladen, wie Downloadschätzungen vom Analysedienst Priori Data zeigen.

Bis ein Nutzer, der die App heruntergeladen hat, auch richtiger Kunde ist, muss er sich allerdings identifizieren. Dafür arbeitet Trade Republic mit dem Dienstleister Webid zusammen, der per Video die Kunden identifiziert. In den sozialen Netzwerken oder auf Google beschweren sich Kunden derweil seit einiger Zeit über lange Wartezeiten. Mehrere Test zeigen, dass Hunderte Kunden in der Warteschleife sind, um in den Videochat zu gelangen.

Der Gründer hat für die Kritik Verständnis: „Wenn die Kunden warten müssen oder die Leitung abbricht, ärgern sie sich natürlich.“ Grund für die Verzögerungen sei die Coronakrise: „Auch unsere Dienstleister haben in der aktuellen Lage Engpässe.“ Durch die Einschränkungen würde es bei „allen Identifikationsdienstleister leider auch längere Wartezeiten vor der Videoidentifikation“ geben, teilt Webid schriftlich mit. Durch eine Ausnahmereglung der Finanzaufsicht dürften nun auch die Mitarbeiter Home-Office machen, die die Video-Gespräche führen, heißt es weiter. Insgesamt gebe es bei Webid „derzeit ein extrem hohes Volumen an Anrufern“.

Trade Republic sucht unterdessen nach Alternativen, das sei aber nicht ganz einfach. „Post-Ident einzuführen, wäre jetzt das falsche Signal, weil man dafür ja in die Filiale muss“, sagt Hecker. Und einen Personalausweis mit Online-Funktion würden nur wenige Kunden besitzen.

„Wir arbeiten jeden Tag hart daran, die Wartezeit zu verkürzen“

Für die Unternehmen führt dies zu einer paradoxen Situation: Während bei vielen Firmen die Nachfrage in der Coronakrise einbricht, steigt sie bei beiden Anbietern – doch sie kommen nicht hinterher. Trade Republic hat bereits auf Facebook die Nutzer um Verständnis gebeten. „Wir arbeiten jeden Tag hart daran, die Wartezeit zu verkürzen“, heißt es dort.

Die vergangenen Wochen haben derweil die gesamte Branche vor Herausforderungen gestellt. Beim US-Startup Robinhood kam es gerade in den schwankenden Marktphasen zu Ausfällen. Bei der DKB gab es ebenfalls Problemen, wie Finanz-Szene.de berichtete.

Trade Republic sei davon bislang verschont geblieben, beteuert der Gründer: „Längere Ausfälle wie bei Robinhood gab es nicht“, sagt Christian Hecker. Nur ein paar kleinere Unterbrechungen – „dass lässt sich leider in dieser schwierigen Marktphase nicht komplett verhindern“.

Mitarbeit: John Stanley Hunter