Die Kurse gehen nach oben: Mittlerweile liegt der Dow Jones bei mehr als 28.000 Punkten. (Bild: Markus Spiske/Unsplash)

Der Januar war ein Rekordmonat für Robo-Advisor

Exklusiv: Bei Marktführer Scalable Capital haben Anleger im ersten Monat des Jahres bereits 200 Millionen Euro investiert. Auch andere Robo-Advisor vermelden Höchststände. Befeuert wird das Wachstum durch Rekorde an den Aktienmärkten – und die Neujahrsvorsätze der Kunden.

Immer, wenn zu viele Kundenanfragen eingehen, setzt sich Erik Podzuweit selbst ans Telefon und hilft mit. Im Januar musste der Gründer und Chef des Anlage-Startups Scalable Capital mehrmals einspringen, weil sich so viele Neukunden mit Fragen zur Kontoeröffnung meldeten.

Der Robo-Advisor, bei dem Kunden automatisiert in sogenannte Exchange-Traded Funds (ETFs) investieren können, ist Ende 2015 gestartet – und seither haben die Kunden noch nie so viel Geld angelegt wie im Januar 2020. Neben Scalable Capital kämpfen auf dem deutschen Markt unzählige weitere Robo-Advisor um Kundengelder. Eine Umfrage von Finance Forward unter den wichtigsten Player zeigt: Nicht nur der Marktführer vermeldet neue Rekorde. Die meisten Anbieter sind mit einem starken ersten Monat ins Jahr gestartet. Was ist der Grund für das gestiegene Anlegerinteresse – und welche Startups profitieren besonders stark?

Bei Scalable Capital hat der Januar 200 Millionen Euro eingebracht. Zum Vergleich: „Für die ersten 100 Millionen haben wir noch ein Jahr gebraucht“, sagt Gründer Podzuweit. „Das sehr schnelle Wachstum im Januar hat uns selbst etwas überrascht.“ Die 200 Millionen, die dem Startup allein im Januar zuflossen, sind mehr als die meisten Wettbewerber insgesamt verwalten (sogenannte Assets under management). Bei Scalable sind nun 2,2 Milliarden Euro angelegt.

Die anderen großen Anbieter im Markt profitieren ebenfalls von einem starken Januar: Quirion kommt immerhin auf etwa 30 Millionen Euro an neuen Anlagen, bei einem Gesamtvolumen von nun 400 Millionen. Weltinvest von der Zinsplattform Raisin spricht ebenfalls von einem Rekord bei den Zuflüssen.

„Der Januar ist traditionell ein sehr starker Monat“

Die Robo-Advisor führen für den Erfolg verschiedene Gründe an. „Der Januar ist traditionell ein sehr starker Monat, zum Jahresbeginn beschäftigen sich viele Menschen mit dem Thema Finanzen, oft verbunden mit dem guten Vorsatz, endlich etwas zu sparen oder besser anzulegen“, schreibt Quirion-CEO Martin Daut an Finance Forward.

Hinzu kommt, dass sich die Börsen gerade weltweit gut entwickeln. „Die Höchststände an den Aktienmärkten wecken das Interesse der Kunden, die Schlagzeilen über Negativzinsen verstärken den Effekt noch einmal“, sagt Jens Ohr, Chef des Finanzportals Finanzen.net und seit kurzem Gründer von Oskar. Dabei handelt sich um einen ETF-Sparplan in Kooperation mit Scalable. Oskar will zum Beispiel Eltern erreichen, die Geld für ihre Kinder anlegen. Die Einstiegshürde ist dabei niedrig, es gibt keinen Mindestbetrag. Jeden Monat legen die Kunden im Schnitt 110 Euro an.

Knapp ein Jahr nach dem Start liegt Oskar bei insgesamt 10.000 Kunden, wie Ohr mitteilt. Sein Unternehmen zählt dabei im Bezug auf die Kundenzahl bereits zu den größten Anbietern auf dem deutschen Markt. Allerdings legen die Kunden sehr viel kleinere Beträge an als bei den Wettbewerbern – bei vielen Anbietern liegt der Mindestanlagebetrag bei mehreren tausend Euro. Oskar hat von seinen Kunden bislang einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag erhalten. Ende des Jahres will das Unternehmen die 100 Millionen Euro knacken.

Für Anleger empfiehlt sich eigentlich eher, in Phasen einzusteigen, wenn die Aktienmärkte etwas abfallen. Dann lassen sich Gewinne bei steigenden Kursen mitnehmen. Doch das Kundeninteresse steigt gerade stark in den Hochphasen. „Als die Märkte 2018 eingebrochen sind, war es schwieriger Kunden zu gewinnen“, sagt Podzuweit. Die Marketingkosten um einen Kunden zu gewinnen, sind in dieser Zeit stark gestiegen.

In der Tiefphase Ende 2018 sanken die monatlichen Assets under management ins Negative, weil die Märkte stark nach unten gingen, heißt es vom Unternehmen

Schon durch die starke Marktabhängigkeit ist es schwer vorauszusagen, wie sich der Markt der Robo-Advisor weiter entwickeln wird. Scalable rechnet konservativ – und will in diesem Jahr die dritte Milliarde knacken. Im deutschen Markt liegt die Konkurrenz weiter weit abgeschlagen zurück.

Die Marktumfrage

– Der Robo-Advisor Cominvest von der Comdirect kommt auf Anlagegelder in Höhe von 600 Millionen Euro. Der Januar, so das Unternehmen, sei ein organischer Rekordmonat gewesen, sprich ohne die Einflüsse von Marketingkampagnen. Bislang ist noch unklar, wie es mit Cominvest weiter geht, wenn die Direktbank bei ihrer Mutter, der Commerzbank, integriert wird.

– Auch Liqid spricht von einem „absoluten Rekordmonat“. Die kumulierte Anlagesumme liege mittlerweile bei „weit über 500 Millionen Euro“. Das Berliner Startup richtet sich eher an eine wohlhabende Klientel, die im Schnitt 275.000 Euro investiert.

– Circa 400 Millionen Euro haben die Anleger in den Robo-Advisor Quirion gesteckt. Allein 30 Millionen sind im Januar geflossen. Die Monate November und Dezember seien ähnlich stark gewesen, heißt es vom Unternehmen.

– Weltinvest von der Zinsplattform Raisin berichtet von einem „sehr starken Kundenwachstum“. Weiter schreibt ein Sprecher: „Im Hinblick auf das Anlagevolumen ist dieser Januar unser Rekordmonat.“ Die genaue Anlagesumme verrät das Unternehmen nicht. Die Assets under management lägen „im dreistelligen Millionen-Bereich“ – also bei mehr als 100 Millionen Euro.

– Salome Preiswerk, die Gründerin von Whitebox, berichtet von Zuwächsen in zweistelliger Millionenhöhe im Januar, auch wenn es nicht der Rekordmonat für Whitebox war. Das durchschnittliche Anlagevolumen pro Kunde habe sich erhöht und liege mittlerweile bei 50.000 Euro. Whitebox kommt ebenfalls auf mehr als 100 Millionen Euro Anlagen – kommuniziert die genaue Summe aber nicht.

– Der Frankfurter Anbieter Ginmon hat ebenfalls mehr als 100 Millionen Euro Assets under management. Der Monat Januar sei stark gewesen, allerdings investierten zum Beispiel im Dezember 2019 noch mehr Kunden, teilt Gründer Lars Reiner mit.

– Auch Solidvest und Moneyfarm berichten von einem starken ersten Monat – ohne konkrete Zahlen zu nennen. Beide planen in den kommenden Monaten größere Marketing-Kampagnen. Hinter Solidvest steht der Vermögensverwalter DJE Kapital. Das italienische Startup Moneyfarm ist mit viel Geld für die Expansion ausgestattet, zu den Geldgebern gehört die Allianz. Zum Markteintritt hatte Moneyfarm das deutsche Startup Vaamo gekauft. Die Assets under management sollen bei knapp unter 100 Millionen Euro liegen.

– Growney rechnet nach einem starken Jahresstart mit weiteren guten Monaten. Zeitnah wolle man 100 Millionen Euro Assets under management erreichen, so das Unternehmen.

– Die Sparkassen liegen mit ihrem Angebot Bevestor zurzeit bei Anlagen im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Im Januar seien die Investments höher als sonst gewesen.

Hinweis: Eine Angabe zu den Assets under management von Scalable Capital wurde nachträglich korrigiert.