Stripe-Gründer Patrick Collison (Bild: imago images / ZUMA Press)

Gute Technologie, hohe Preise – wie sich das Milliarden-Fintech Stripe in Deutschland schlägt

Mitten in der Coronakrise hat Stripe 600 Millionen Dollar eingesammelt, das Fintech aus den USA ist damit höher bewertet als große Konkurrenten. Seit drei Jahren ist der Payment-Anbieter auch in Deutschland am Markt – doch wie erfolgreich eigentlich?

Als Stripe 2017 in Deutschland startete, schaute die gesamte Tech-Branche genau auf den von der Presse betitelten „Payment-Superstar“. Mit einem Produkt, das im Massenmarkt weitgehend unbekannt ist, gelang den Brüdern Patrick und John Collison der Aufstieg. Onlineshops können mit Stripe verschiedene Bezahlmethoden wie Kreditkarten oder Rechnungskäufe anbieten. Der Markt gilt als attraktiv: Das deutsche Unternehmen Wirecard, das sich gerade mit den Vorwürfen der Bilanztrickserei auseinander setzen muss, schaffte es mit dem Geschäftsmodell in den Dax und das niederländische Adyen ist mittlerweile eines der wichtigsten europäischen Fintechs.

Noch größeres Potential sehen Geldgeber allerdings in dem US-Unternehmen Stripe. Nach einer 600-Millionen-Finanzierung ist das Startup aktuell mit 36 Milliarden Dollar bewertet, schon fast so viel wie die börsennotierten Adyen und Wirecard zusammen. Stripe ist nicht an der Börse, die Wagniskapitalgeber erwarten also eine weitere, kräftige Wertsteigerung.

Abseits der größeren Funding-Meldungen ist es in Deutschland dagegen eher still um das Fintech. „Ich nehme von Stripe im deutschen Markt wenig wahr“, sagt E-Commerce-Experte Alexander Graf. Auf der Firmen-Webseite werden das Putz-Startup Book a Tiger und das Berliner Hipster-Café St. Oberholz als deutsche Referenzkunden aufgeführt.

Kleine Online-Händler und Plattformen gehören zu den Kunden

Das Fintech ist verschwiegen, wenn es um konkrete Umsatzzahlen geht. In der deutschen Payment-Branche ist die Firma laut Branchenkennern noch nicht sehr präsent. „Bei den Pitches konkurrieren wir selten gegen Stripe“, berichtet ein Konkurrent. Bei einem Pitch bewerben sich die Zahlungsdienstleister, um große Händler als Kunden zu gewinnen.

Doch Stripe fokussiert sich eher auf kleinere Onlinehändler. Tausende Kunden zähle das Unternehmen, darunter das Personal-Startup Personio und der Coworking-Space Factory, teilt ein Sprecher mit. Einen wichtigen Teil des Umsatzes wird Stripe hierzulande auch über Plattformen erzielen. Es ist zum Beispiel Partner des Content-Management-Systems Jimdo oder von Daimlers Carsharing-Marke Sharenow. Aussichtsreich sind zusätzlich die internationalen Kunden von Stripe. Dazu zählt etwa der Video-Dienst Zoom, dessen Nutzerzahlen in der Coronakrise rasant gestiegen sind, oder das Shopsystem Shopify.

„Stripe sitzt auf einem relativ hohen Ross“

Die Milliarden-Firma zeichne sich damit aus, dass die Software leicht auf der Website integrierbar sei. „Die Technologie ist gut – besser als bei uns“, heißt es anerkennend vom Manager eines Konkurrenten. „Stripe hat es mit seinem digital geprägten Produkt und seiner Positionierung geschafft, bei Entwicklern gut anzukommen“, bestätigt Marcus Mosen. Der Berater kennt die Branche gut, er hat das Payment-Unternehmen Concardis geleitet.

Und das US-Fintech kennt seine Stärke. „Stripe sitzt auf einem relativ hohen Ross und lässt sich das Angebot gut bezahlen“, heißt es von einem Onlinehändler, der Stripe verwendet. Verhandeln könne man praktisch nicht. An jeder Transaktion verdient Stripe, eine Lastschrift kostet etwa 35 Cent. Bei dem Konkurrenten Mollie aus den Niederlanden sind es 25 Cent. Sofortüberweisung kostet 1,4 Prozent und 25 Cent pro Transaktion, bei Mollie sind es 0,9 Prozent und 25 Cent. Gerade im margenschwachen Onlinehandel können diese Kosten ausschlaggebend sein.

Während sich der Konkurrent wie Adyen auf größere Online-Geschäfte wie Zalando oder Flixbus fokussiert, sind für Stripe die vielen kleinen Onlineshops wichtige Kunden. Bei ihnen spielen die Kosten oft noch nicht die endscheidende Rolle und Stripe lässt sich leicht in ihre Webshops integrieren. Das niederländische Payment-Unternehmen Mollie versucht mit einem ähnlichen Ansatz Stripe anzugreifen. Es hat im vergangenen Jahr 25 Millionen Euro von Investoren eingesammelt. „Gerade die Zielgruppe der kleinen Shops wird von den anderen großen Playern in Deutschland vernachlässigt“, sagt der Konkurrenz-Manager.

Erfahrener Manager kommt an Bord

Ein kleines Team von etwa zehn Leuten kümmert sich bei Stripe um den Vertrieb in Deutschland. Vor wenigen Wochen hat Marcos Raiser do Ó angefangen, der für die deutschsprachigen Länder zuständig ist. Der Manager war zuvor bei Microsoft, Salesforce und IBM, außerdem will Stripe das Team weiter ausbauen. Das Unternehmen betont, wie wichtig der europäische Markt ist.

Doch zurzeit deuten die Zeichen darauf hin, dass Stripe in Deutschland noch nicht zu den „Payment-Superstars“ gehört. „Der US-Markt ist so viel größer, es ergibt gar keinen Sinn, sich stärker auf Deutschland zu fokussieren“, sagt der Experte Alexander Graf.