Kreditkarten-Startup Moss: Erst 1,6 Millionen Euro Umsatz trotz hoher Bewertung
Exklusiv: Das Berliner Fintech Moss zählt zu den Aufsteigern der vergangenen zwei Jahre. Mit einer halben Milliarde Euro haben Geldgeber den Firmenkreditkarten-Anbieter bei der letzten Finanzierungsrunde bewertet. Doch die Zahlen für das erste volle Geschäftsjahr zeigen nun, wie niedrig die Umsätze zuletzt noch waren.
Noch im vergangenen Herbst schaffte es das Fintech Moss auf eine Liste der „Soonicorns“. So werden Startups genannt, die in absehbarer Zeit zu einem sogenannten Unicorn aufsteigen könnten – ein Unternehmen mit Milliarden-Bewertung. Marktbeobachter sahen Moss dabei auf einem guten Weg. Ziemlich genau vor einem Jahr sammelte das Fintech noch viel Geld ein, zu einer Bewertung von einer halben Milliarde. Der prominente Geldgeber Tiger Global beteiligte sich in einer 75-Millionen-Finanzierung. Die Hälfte des Wegs war geschafft.
Schon seit ihrem Start galten die beiden Gründer Ante Spittler und Anton Rummel als exzellente Fundraiser, die die Investorenseite aus ihrer Zeit bei dem Rocket-Internet-Fonds Global Founders Capital gut kennen – und dieses Wissen anzuwenden wussten. Mit Neid blickten einige Gründer auf die neuen Finanzierungs-News der Firma, die erst im Sommer 2019 gegründet wurde, seitdem rund 150 Millionen Euro einsammelte und mehrere hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellte.
Viele Konkurrenten im Markt
Moss bietet eine Firmenkreditkarte an, mit der sich Ausgaben überprüfen und organisieren lassen. Es ermöglicht seinen Kunden auch Kredite bis zu 2,5 Millionen Euro pro Monat. Auf den Trend rund um das Geschäft mit Firmenkreditkarten sind in den vergangenen zwei Jahren neben Moss vielversprechende Fintechs wie Pliant, Finway oder Payhawk aufgesprungen. Mit Bettercard hat sich ein Anbieter bereits wieder verabschiedet, die Konkurrenz war zu groß.
Selbst der Überflieger Moss hatte keinen einfachen Start, wie die Geschäftszahlen nun zeigen. Nach dem Launch im Sommer des Jahres 2020 nahm das Startup in den sechs Monaten nur rund 83.000 Euro ein. Im ersten vollen Jahr legte es zwar prozentual ein beachtliches Wachstum hin, doch insgesamt kam das Unternehmen auf einen Umsatz von 1,6 Millionen Euro. Das Unternehmen will die Ergebnisse nicht kommentieren. Vergleichswerte sind bislang nicht öffentlich.
Mehr als eine Million Euro verbrannte das Unternehmen 2021 pro Monat, wie außerdem dem Geschäftsbericht zu entnehmen ist. Die durchschnittliche Arbeitnehmerzahl lag bei 135 Personen. Diese Zahl dürfte noch einmal stark gestiegen sein, auf Linkedin gaben zwischenzeitlich 500 Nutzerinnen und Nutzer an, für Moss zu arbeiten, das Fintech-Unternehmen entließ 15 Prozent im Laufe des vergangenen Jahres.
2022 sei ein gutes Jahr gewesen, heißt es
Erst in den kommenden Jahreszahlen wird sich zeigen, ob sich die enormen Aufbaukosten gelohnt haben. 2022 sei ein gutes Jahre gewesen, heißt es dazu. Das Unternehmen verdient durch verschiedene Pakete mit Kreditkarten und Software-Features, die es an Firmen verkauft – Moss nennt die Preise auf seiner Homepage allerdings nicht. Durch den monatlichen Abopreis waren die Einnahmen im Dezember 2021 schon sehr viel höher als im Jahresschnitt. Investoren rechnen diese Zahlen auf das Jahr hoch, das heißt Annual Recurring Revenue (ARR). Auf diesem Wert erzielte Moss demnach auch seine Finanzierungsrunde auf einer Bewertung von 500 Millionen Euro. Der ARR-Wert im Dezember ist nicht bekannt.
Wenn man jedoch den Umsatz des Jahres 2021 für die Finanzierungsrunde, die Anfang 2022 verkündet wurde, zu Grunde legt, ist dieser bei mehr als dem 300-fachen des Umsatzes. Auch wenn Moss nun in den vergangenen Monaten stark gewachsen sein dürfte, sind ähnliche Multiples zurzeit nicht mehr denkbar.