Was das neue Fintech-Einhorn Mambu so wertvoll macht
Seit Jahren galt das Berliner Banking-Startup Mambu als Geheimtipp. Nach einer Finanzierungsrunde wird der Software-Anbieter nun mit 1,7 Milliarden Euro bewertet – das Fintech profitiert dabei von Tech-Trends und aufgeheizten Märkten. Was ist der Hintergrund?
Nur zehn Minuten Fußweg von einander entfernt werkelten sie an ihrem gemeinsamen Durchbruch, in der Nähe vom Berliner Alexanderplatz. Und doch könnten die Firmen unterschiedlicher kaum sein: N26 ist die bekannte Smartphone-Bank mit mehr als fünf Millionen Kunden, vielen Konferenzauftritten der Gründer, Zeitungsartikeln und einem großen Plakat an der Hauswand. Gleichzeitig hat der Software-Anbieter Mambu im Windschatten der Bank an seiner eigene Erfolgsgeschichte gearbeitet.
Die unglaubliche Stärke von Firmen-Software
Nach einer langen Aufbauphase profitiert Mambu nun von der Art seines Geschäfts. Nachdem sich die beiden Gründer Frederik Pfisterer und Eugene Danilkis im Studium kennengelernt hatten, entwickelten sie bereits 2011 die technische Infrastruktur für Mikrofinanzierer in Lateinamerika und Afrika. Über die Jahre erweiterte die Firma ihre Software und stellt nun das cloudbasierte Kernbanksystem von N26 und Check24, der Business-Banking-Hoffnung Tide oder etablierten Anbietern wie Santander bereit.
Ist ein Kunde einmal gewonnen, wird er über viele Jahre bleiben – der sogenannte Lock-in-Effekt ist hoch. Denn es wäre unglaublich aufwendig, das Kernbanksystem zu wechseln. Mambu wird bei einer zunehmenden Nutzung verdienen: Wächst ein Fintech wie N26, steigen auch die Einnahmen. So befeuert es sein Wachstum mit neuen Kunden und den höheren Umsätzen der alten Kunden. Der Bedarf von etablierten Banken, ihre Technologie zu erneuern, ist hoch – gleichzeitig starten überall auf der Welt neue Fintech-Player, potentielle Kunden für Mambu. Da die Firma global aktiv ist – mit 14 Büros von Sydney bis Miami – gibt es fast unendliche Wachstumschancen.
Investorenhunger nach Software-as-a-Service
Mittlerweile sollen rund 90 Prozent Umsätze aus den wiederkehrenden monatlichen Gebühren stammen, heißt es aus dem Umfeld des Unternehmens (ansonsten wird Mambu zum Beispiel an der Einrichtung der Kernbanken-Technologie verdienen). Das Geschäft mit dieser Einnahme-Struktur entspricht den sogenannten Software-as-a-Service-Anbietern – bei Investoren sind cloudbasierte Softwarefirmen unglaublich beliebt.
Als Grundlage für ihre Bewertung werden jährlich wiederkehrende Umsätze (Annual Recurring Revenue – ARR) herangezogen. Bei der Kennzahl nimmt man die aktuellen monatlichen Umsätze und schreibt sie in die Zukunft fort, weil die Firmen davon ausgehen, dass die Kunden nicht abspringen. In einem aufgeheizten Markt ist nicht unüblich, dass Investoren die Unternehmen mit dem zehnfachen des ARR bewerten. Kürzlich investierten Startup-Geldgeber in die Eventplattform Hopin zu einer Bewertung des hundertfachen ARR (20 Millionen Dollar Umsatz und 2,1 Milliarden Bewertung). Dies zeigt, was in dem Marktumfeld für Firmenwerte möglich sind. Mambu fällt dabei genau in dieses Raster – auch weil die Absprungrate (Unternehmenskunden, die kündigen) durch den Lock-in-Effekt sehr gering ist.
Wie hoch der Umsatz bei Mambu liegt, ist nicht bekannt. Er dürfte allerdings im hohen zweistelligen Millionenbereich liegen. 20 Millionen Endkunden bedient das Fintech über seine Plattform, wie es mitteilt.
Jede Firma wird zum Fintech
Mambu steht dabei für einen weiteren Fintech-Trend. Denn früher galt die Regel, dass man als Unternehmen den Kunden „besitzen“ müssen, analysierte der Creandum-Partner Simon Schmincke kürzlich in einem Forbes-Artikel. Mittlerweile sei es für Fintechs in Ordnung, „das Rückgrat“ für andere Anbieter zu sein. Zunehmend ermögliche es die Technologie von Plattform- und Infrastrukturanbietern, auch branchenfremden Unternehmen Fintech-Produkte anzubieten.
Bislang fokussiert sich Mambu auf Finanzdienstleister als Kunden, die auch über eine entsprechende Lizenz verfügen. Doch es ist vorstellbar, dass Mambu sein Produkt auch für andere Unternehmen öffnet, die in das Segment vordringen wollen. Check24 ist ein erstes Beispiel dafür, das Vergleichsportal erschließt sich mit dem Bankgeschäft eine zusätzliche Einnahmequelle.
Internationalisierung nicht nur als Fundraising-Story
In den Folien vor Investoren steht meist gegen Ende der Präsentation ein großer Expansionsplan mit Weltkarte – „für die Wachstumsfantasien“ der Geldgeber, wie es in der Branche heißt. In der Realität stellt sich der Schritt in andere Länder oft als extrem kompliziert heraus, weil sich Marktbedingungen stark unterscheiden. Für Fintech-Unternehmen kommt eine unterschiedliche Regulierung hinzu.
Mambu muss diesen Weg nicht gehen, weil es seit seinem Start ein internationales Geschäft betreibt (die Kunden kümmern sich um die Regulierung). Der erste Partner war etwa eine mexikanische Bank. Die Firma will ihr Team in den kommenden Monaten von 500 auf 1.000 Mitarbeiter verdoppeln, teilt es mit. Dabei wird Mambu viel in den lokalen Vertrieb und die Kundenbetreuung in den einzelnen Büros investieren.
Zu den großen Gewinner gehören die frühen Investoren
Wie bei jeder Finanzierungsrunde muss sich auch Mambu und CEO Danilkis nach der hohen Bewertung nun beweisen. Zu den Gewinnern zählen heute schon die frühen Geldgeber des Unternehmens, darunter etwa der Berliner Software-VC Point Nine (der auch bei Revolut früh eingestiegen ist) und Commerzventures. Die Commerzbank hat mit ihrem Venture-Capital-Arm abgesehen von Mambu einige starke Fintech-Wetten im Portfolio. Darunter die Trading-Plattform Etoro, die bald an die Börse geht. Mambu gehört spätestens seit Donnerstag nun auch zu den großen Werttreibern im Portfolio