Nach Celsius-Skandal: So viel hat das Nuri-Management selbst investiert
Rund 40 Millionen Euro hatten die Nutzer der deutschen Neobank Nuri bei dem insolventen Krypto-Verleiher Celsius investiert. Geld, das möglicherweise komplett weg ist. Unterlagen aus dem Insolvenzprozess zeigen nun, dass die Nuri-Führung selbst nur wenig Kryptowährungen bei Celsius liegen hatte. Warum?
Celsius und verbundene Kryptodienste wie das deutsche Nuri versprachen vermeintlich risikoarme Renditen von rund drei Prozent, fast wie beim Tagesgeld. Doch es gab ein Risiko, und das war beträchtlich – nach der Pleite von Celsius könnten die Kundeneinlagen komplett verloren sein. Dass die Macher sich des Risikos bewusst waren, zeigt, dass zum Beispiel Celsius-Boss Alex Mashinsky kurz vor dem Ende rund zehn Millionen Dollar an eigenem Geld abzog, wie Unterlagen belegen.
Ein Teil des Managements ist gar nicht unter den Gläubigern
Das Ergebnis ist ernüchternd: Zum Stand der Insolvenz hatte das aktuelle Führungsteam noch Kryptowährungen im heutigen Wert von wenigen tausend Dollar. CEO Kristina Walcker-Mayer bringt es laut der Unterlagen auf 0,069 Bitcoin, was rund 1.300 Dollar entspricht. Bei dem Finanzchef Christoph Iwaniez sind es noch weniger, er kommt auf 0,0007 Bitcoin, also rund 14 Dollar. Andere Mitglieder aus dem Management sind auf den Listen, auf denen die investierten Summen aufgelistet sind, gar nicht zu finden. Beispielsweise der „Head of Investment Products“, in dessen Aufgabenbereich Produkte wie die von Celsius gefallen sein dürfte. Der „Head of Trading“ brachte es immerhin auf etwas über zehn Dollar.
Auch wenn der Wert der Kryptowährungen der Bitcoin und Ethereum in den vergangenen Monaten massiv eingebrochen ist – und das Management wahrscheinlich in einer anderen Marktphase investiert hat, sind diese Werte sehr niedrig. Im Podcast mit Finance Forward hatte CEO Kristina Walcker-Mayer im April 2021 noch betont, Nuri biete nur Produkte, die sie auch der „Mutter oder Freunden“ empfehlen würden.
Ein Grund sei die Zinssenkung, heißt es
Doch hat das Management noch kurz vor Ende Geld abgezogen? Oder glaubte das Führungsteam selbst nicht an das Produkt? Chefin Walcker-Mayer betont, das Team habe teilweise im Frühjahr – als Celsius die Zinsen gesenkt hat – Gelder abgezogen, so wie es auch die Kundinnen und Kunden von Nuri getan hätten. Bei ihr fließe ein gewisser Teil in Staking-Produkte, sie achte auf eine Diversifikation und habe kurz vor dem Auszahlungsstopp von Celsius nicht verkauft.
In den 90 Tagen vor der Insolvenzanmeldung hat Walcker-Mayer tatsächlich kein Geld abgezogen, dies ist in den Unterlagen dokumentiert. Anders als Jan Goslicki, der als Gründer 2016 das Fintech startete und bei Nuri neben Finanzchef Iwaniez und CEO Walcker-Mayer als Geschäftsführer fungierte. Er zog in der Zeit vor der Insolvenzanmeldung von Celsius insgesamt rund 32.000 Dollar ab, bis auf drei Dollar sein komplettes Investment.
Die Zinssenkung bei Celsius habe auch ihn dazu bewegt, sagt er im Gespräch mit Finance Forward. Goslicki habe das Geld umgeschichtet und etwa in andere Staking-Produkte investiert, teilt er mit. Das Rendite-Risiko-Verhältnis von Celsius habe bei den Zinsen nicht mehr gestimmt, sagt der Nuri-Gründer. Für die Nuri-Kundinnen und -Kunden blieb das Produkt bis zum Auszahlungstopp jedoch weiter verfügbar.
Marketing an Einsteiger
Laut einem Insider soll schon bei Einführung des „Bitcoin Ertragskontos“ bei Nuri intern über die Risiken diskutiert worden sein. Einigen sei durch die Werbe-Darstellung etwa als „passives Einkommen“ zu kurz gekommen, was die Gefahren bei einer Anlage über Celsius sind – gerade für die Anlegerinnen und Anleger, die erst frisch in das Thema Kryptowährungen eingestiegen sind. Und genau diese Zielgruppe habe das Berliner Unternehmen angesprochen. Aus diesen Gründen glaubten nicht alle im Team an die Partnerschaft mit Celsius. Schon im Frühjahr schränkte die Börsenaufsicht SEC den Handel bei Celsius für die US-Kundschaft ein.
Monate später diskutieren deutsche betroffene Nuri-Kunden weiter über ihre Optionen, zu klagen. Es geht etwa um die Frage, welche Rolle die Solarisbank als Anlagevermittler spielt oder inwiefern Nuri sie ausreichend informiert habe. Laut CEO Kristina Walcker-Mayer sei bislang keine Klage gegen das Unternehmen eingegangen. Nach der Insolvenzanmeldung der Berliner Neobank ist es dem Insolvenzverwalter – trotz einem angeblichen Interesse von rund 40 Investoren – nicht gelungen, einen Käufer zu finden (Finance Forward berichtete). Die Firma wird nun abgewickelt.
Hinweis zur Rechnung: Ein Mitglied des Führungsteam lässt sich in dem Dokument nicht zuordnen. Rechnet man mit den höchsten unter dem Namen investierten Betrag (knapp 3.000 Dollar), kommt ein Gesamtbetrag des Nuri-Managements von rund 4.600 Dollar heraus.