Das Klarna-Hauptquartier in Stockholm. BIld: Imago / TT

Klarna verdient kaum an Zinsen – und 7 weitere Erkenntnisse aus dem Geschäftsbericht

Der „Buy Now, Pay Later“-Primus Klarna hat seinen Geschäftsbericht für 2023 vorgelegt. Erwartungsgemäß hat das Fintech weiter hohe Verluste geschrieben. Doch es gibt auch überraschende Erkenntnisse.

Der Raten- und Rechnungskaufanbieter Klarna will „recht bald“ an die Börse, das hat Firmenchef Sebastian Siemiatkowski kürzlich der Nachrichtenagentur Bloomberg gesagt. Schon heute gibt sich das schwedische Fintech aber vergleichsweise offen, was seine Zahlen angeht: Schon in den zurückliegenden Jahren teilte Klarna stets umfangreiche Geschäftszahlen mit, die den Berichtspflichten börsennotierter Unternehmen nahekommen. So auch dieses Jahr: Am Mittwoch legte das Fintech seine Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 vor.

Das sind die aufschlussreichsten Fakten:

Mehr Umsatz, weniger Verlust

Im vergangenen Jahr setzte Klarna umgerechnet rund 2,1 Milliarden Euro um – 20 Prozent mehr als 2022. Ein gewohnt starker Zuwachs, den sich das Fintech in den Vorjahren oft noch durch hohe Marketingausgaben erkaufte. Das war im vergangenen Jahr nicht so. Laut der Bilanz ging der Verlust nämlich um mehr als 76 Prozent auf 230 Millionen Euro zurück, im dritten Quartal 2023 konnte Klarna zeitweise gar einen Überschuss verbuchen. Dazu beigetragen haben vor allem Kosteneinsparungen: So reduzierte das Unternehmen die Lohnkosten durch einen umfangreichen Stellenabbau um rund 50 Millionen Euro. Die Mitarbeitenden im Vertrieb und Marketing mussten zudem mit rund 30 Prozent weniger Budget auskommen.

Bruttomarge wird konkurrenzfähiger

Auch wenn Klarna – abgesehen von einem Quartal – noch keine schwarzen Zahlen schreibt, seine Bruttomarge konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr schon deutlich verbessern. Die Kennzahl beschreibt den prozentualen Vorsteuergewinn nach Abzug aller direkten Produktionskosten – im Falle von Klarna vor allem Zins- und Provisionszahlungen sowie Kreditausfälle. Während sie im Vorjahr noch 38 Prozent betrug, konnte Klarna seine Bruttomarge 2023 Jahr auf 50 Prozent steigern. Zum Vergleich: US-Konkurrent Affirm kommt auf Margen von etwas über 60 Prozent. Die Stoßrichtung des schwedischen Fintechs stimmt also schon einmal.

1000 Stellen abgebaut

Klarna machte in den vergangenen Jahren immer wieder Schlagzeilen mit Entlassungswellen. Zuletzt lagerte das Fintech circa 250 Stellen im Kundenservice aus. Weitere Entlassungen sollten erstmal nicht folgen – allerdings kündigte das Unternehmen an, Stellen nicht nachzubesetzen, um organisch zu schrumpfen. Das zeigt sich auch im aktuellen Jahresbericht. Um durchschnittlich mehr als 1000 Stellen hat sich Klarna 2023 im Vergleich zum Vorjahr verkleinert.

KI kann 700 Beschäftigte ersetzen

Wie Klarna mitteilt, hat auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur starken Reduktion des Teams beigetragen, vor allem im Kundensupport. Dort soll ein KI-Assistent bereits die Arbeitslast von 700 Beschäftigten erledigen – bei gleicher Kundenzufriedenheit. Kundenanfragen würden nun in zwei statt vormals elf Minuten gelöst und wiederkehrende Anfragen seien um 25 Prozent reduziert worden. Für das aktuelle Jahr erwartet das Unternehmen durch die Technologie eine Gewinnsteigerung von knapp 37 Millionen Euro. Klarna-CEO Siemiatkowski plant, mit der Technologie in Zukunft noch weitere Stellen zu ersetzen.

Deutschland nicht mehr der größte Markt

Viele Jahre war Deutschland der unangefochten wichtigste Markt für Klarna. Doch vor allem in den Boom-Jahren 2021 und 2022 investierte das Unternehmen viel Geld in Wachstum jenseits des Atlantiks. Das hat sich nach Jahren hoher Verluste nun offenbar ausgezahlt: Gemäß Netto-Betriebsergebnis liegen die USA knapp vor dem deutschen Markt. Gleichzeitig schaffte es Klarna, zum ersten Mal einen Bruttogewinn mit dem US-amerikanischen Geschäft einzufahren. Dieser lag bei etwa 125 Millionen Euro.

Klarna verdient kaum an Zinsen

Wer über Klarna in Onlineshops einkauft, kann bequem per Rechnung oder in Raten zahlen – mit oft langen Zahlungszielen. Den Service könnte sich das Fintech mit üppigen Zinsen bezahlen lassen, vor allem im Säumnisfall. Dies ist laut Bilanz jedoch gar nicht so häufig der Fall: Circa 70 Prozent des Gesamtumsatzes erziele Klarna mit Gebühren, die es von Händlern erhebe, schreibt Finanzchef Niclas Neglén in dem Bericht – Tendenz wohl steigend. Das Geschäft mit den für Verbraucher oft riskanten revolvierenden Krediten will das Unternehmen sogar zurückfahren. Unterm Strich sanken die Zinseinnahmen im vergangenen Jahr so bereits um sechs Prozent – von zuvor 348 auf nunmehr 329 Millionen Euro.

Ein Drittel weniger Kreditausfälle

In dem Zusammenhang ist auch ein weiterer Fakt interessant: Die Zahl der nicht beglichenen Ratenkredite ist Klarna zufolge im letzten Jahr um knapp ein Drittel (32 Prozent) zurückgegangen. Das ist insofern bemerkenswert, als die Ausfallrisiken für das Fintech eigentlich zunehmen – wegen höherer Umsätze, aber auch aufgrund steigender Preise, die viele Verbraucher zu Ratenzahlungen veranlassen. Doch offenbar gelingt es Klarna immer besser, säumige Verbraucher schon vor dem Kauf auszusortieren. Eine andere Wahrheit ist aber auch: Das Fintech hat seine Zahlungsziele inzwischen massiv ausgedehnt. Bis ein Kredit ausfällt, dauert es also auch länger.

Kaum noch Mitarbeiter ohne Aktienoptionen

Rund 3.950 Klarna-Beschäftigte sind über Aktienoptionen an dem Fintech beteiligt. Dies sind zwar 730 weniger als im Vorjahr, aufgrund des Stellenabbaus ist dies aber nicht verwunderlich. Insgesamt sind Klarna zufolge rund 95 Prozent der Belegschaft Teil des Beteiligungsprogramms. In vielen Tech-Unternehmen sind vorwiegend Führungskräfte beteiligt. Für Klarna-Mitarbeitende waren die Aktienoptionen zuletzt aber nicht immer von Vorteil: Viele mussten wegen der starken Abwertung des Fintechs infolge des Tech-Crash tausende Euro an Steuern draufzahlen.  Die gute Nachricht: Sollte es mit dem geplanten Börsengang klappen, dürften viele Beschäftigte endlich bares Geld sehen.