Das ehemalige Nuri-Führungsteam (Bild: PR).

Celsius-Pleite: Kritik an Krisenkommunikation von Nuri

Vor einigen Tagen hat der Kryptoverleiher Celsius Insolvenz angemeldet, auch Nutzer des Berliner Krypto-Startups Nuri bangen um ihr Geld. Einige von ihnen fühlen sich von dem deutschen Celsius-Partner unterdessen im Stich gelassen. Ein Lehrstück über mangelhafte Kommunikation.

Marco Wüllner* hat schwierige Wochen hinter sich. Bei dem insolventen Kryptoverleiher Celsius liegen von ihm acht Bitcoin und 20 Ether. Der heutige Gegenwert der Kryptowährungen beträgt rund 200.000 Dollar. Er ist früh eingestiegen, zeitweise lag der Wert bei rund 600.000 Dollar. „Meinen 85-jährigen Vater wollte ich auch bei Celsius anmelden“, erzählt Wüllner, weil dies zu der Zeit nicht mehr ging, wurde er an den deutschen Exklusiv-Partner verwiesen: das Berliner Startup Bitwala, das sich später in Nuri umbenannte. Über den deutschen Dienst hätte sein Vater noch einmal zwei Bitcoin verliehen. Aktueller Wert: rund 40.000 Dollar.

Die Krypto-Werte der beiden und von 1,7 Millionen weiteren Celsius-Kunden stehen jetzt auf dem Spiel. Denn das US-Unternehmen hat Insolvenz angemeldet, eine Einlagensicherung gibt es nicht. Bald wird es Verhandlungen über einen Restrukturierungsplan geben, wie Anleger ihre Milliarden in Kryptowährungen möglicherweise doch noch zurückbekommen könnten. „Mir ging es in den Wochen nicht gut“, sagt Wüllner, er sei „angeknackst“. Wüllner und sein Vater suchten verzweifelt nach Informationen, doch von dem Startup Nuri, das seine Kunden an Celsius vermittelt hatte, „hörte man gar nichts“, sagt Wüllner, das hätte er von einem deutschen Anbieter anders erwartet.

Wüllner ist nicht der einzige, der sich an der spärlichen Kommunikation von Nuri stößt. Finance Forward hat mit mehreren Kunden gesprochen, in den sozialen Netzwerken gibt es zusätzlich harsche Kritik: „Falls Eure Antwort wirklich nur Schweigen ist, solltet Ihr Euren Laden einfach zu machen“, schreibt ein Nutzer. Aus Kunden-Mails lässt sich rekonstruieren, wie langsam der deutsche Anbieter Nuri tatsächlich reagierte. Es wirft kein gutes Licht auf den deutschen Celsius-Partner.

Keine Reaktion vom Kundenservice

Schon früh bekam Maria Meyer* mit, dass etwas nicht stimmte. Auch sie hatte sich bei Nuri angemeldet, um den Krypto-Dienst von Celsius nutzen zu können. Für die verliehenen Bitcoin gab es dort ein paar Prozent Zinsen. Normalerweise ließen sich die Kryptowährungen jederzeit auszahlen – bis der milliardenschwere Anbieter Celsius in Schwierigkeiten geriet und die Auszahlungen stoppte (über die Hintergründe hat Finance Forward berichtet). „Von einem Freund habe ich gehört, dass die Zahlungen von Celsius ausgesetzt wurden“, sagt Meyer. Das war am Morgen des 13. Juni. Sie ging sofort in die Nuri-App, doch die Auszahlungen waren auch dort nicht mehr möglich. Verzweifelt versuchte sie am Vormittag den Kundenservice zu erreichen – doch bei diesem meldete sich niemand. „Da wusste ich, was los ist“, sagt Meyer.

Tatsächlich verschickte Celsius bereits am Montagmorgen, den 13. Juni um 04:13 Uhr eine Nachricht an seine direkten Kunden. Für die Kunden von Nuri, die ebenfalls Geld bei Celsius angelegt hatten, gab es erst knapp zwölf Stunden später ein Update per Mail. Betroffen waren sie genauso.

Und nach der Insolvenzanmeldung von Celsius am 14. Juli verschickte Nuri erst einmal keine Mail-Kommunikation an die Kunden. Nur in einem Blogpost gab es kurze Informationen zum Insolvenzverfahren. Außerdem stand dort, Nuri sei mit „mit allen betroffenen Kunden in direktem Kontakt“. Doch das war nicht der Fall, erzählen die betroffenen Kunden. Erst nach einer Anfrage von Finance Forward versendete es eine Woche nach der Insolvenzanmeldung ein Update, mit einer Ankündigung für die nächsten Schritte. So wolle Nuri „alsbald“ etwa Informationen darüber schicken, wie Kunden ihre Forderungen geltend machen können oder eine deutsche Anleitung für des „Ausfüllen des Anspruchsanmeldungsformulars“, heißt es in der Mail.

Ein Produkt, das wir auch „unserer Mutter“ empfehlen würden

Es zeigt sich die Zwickmühle des Fintechs. Auf der einen Seite betont das Unternehmen: „Auch wenn wir unsere Kunden gerne noch konkreter unterstützen würden, ist es Nuri in ihrer Rolle als Anlagevermittlerin (unter dem Haftungsdach der Solarisbank AG) nicht erlaubt, Nutzer zu beraten oder für sie Ansprüche auf Rückzahlung und/oder Entschädigung geltend zu machen. Wir tun jedoch alles, was wir können und dürfen, um unseren Nutzern Unterstützung anzubieten“, schreibt Nuri auf Nachfrage (über die Hintergründe zum vertraglichen Konstrukt haben Finanz-Szene und Finance Forward berichtet). Dazu würden auch die angekündigten Informationen gehören.

Auf der anderen Seite betonte Nuri noch im vergangenen Jahr, es habe den Partner in einer „Due Diligence“ geprüft und hätte nur Produkte auf die Plattform geholt, die „wir auch unserer Mutter oder Freunden“ empfehlen würden, sagte CEO Kristina Walcker-Mayer im vergangenen Frühjahr im Podcast mit Finance Forward. Auch wenn Celsius zu den großen Spielern der Krypto-Welt zählte, hört sich die Aussage im Rückblick nicht gut an. Für die Unternehmensprüfung habe man einen „umfassenden Fragenkatalog, der insbesondere die Themenbereiche „Regulatory“, „Product“, „Business“, „Risk“, „Compliance“ und „Data Protection“ abdeckte“ verschickt, teilt das Unternehmen heute mit. Er sei zu „Nuris Zufriedenheit beantwortet“ worden. Alle dies wird nun auf den Prüfstand kommen. Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin schaut sich den Fall an.

Noch ist nicht ausgemacht, wie der Fall endet. Celsius plant etwa sein Mining-Geschäft hochzufahren, um seine Schulden in den kommenden Monaten doch noch teilweise bedienen zu können. Das Verfahren könnte sich über eine lange Zeit ziehen. Auch wenn es das Geld nicht zurückbringt, wird eine schnelle Kommunikation für Anleger wie Wüllner, Meyer und anderen Nuri-Kunden in den kommenden Wochen wichtig sein – als Hilfestellung in einer schwierigen Lage.

*Name von der Redaktion geändert.