Wirecard war Hausbank für Unternehmen hinter Youporn und Pornhub
Exklusiv: Als die Commerzbank dem Porno-Unternehmen Manwin das Konto kündigte, war Wirecard zur Stelle. Das Aschheimer Unternehmen machte offenbar länger Geschäfte mit der Porno-Branche als es Ex-CEO Markus Braun nach außen darstellte.
Dass Wirecard seine ersten Kunden einst in der Glücksspiel- und Pornobranche fand, ist inzwischen unbestritten. Der langjährige CEO Markus Braun versuchte aber über die Jahre, das Schmuddelimage der Anfangsjahre so gut es geht abzustreifen. Vor zwei Jahren fragte ihn der Spiegel in einem Interview, ob Porno- und Glücksspiel sein Steckenpferd gewesen seien. Er antwortete: „Netter Versuch.“ Anfang der 2000er Jahre seien das schlicht die ersten Online-Bezahlangebote gewesen – mit entsprechend großen Marktanteilen. Nun spiele der Erotikbereich jedoch „keine Rolle mehr“.
Seine Message war klar: Wirecard tritt nur als Partner von seriösen Unternehmen auf. Doch Recherchen von Finance Forward zeigen nun, dass Wirecard auch Jahre später keine Berührungsängste mit prominenten Kunden aus der Pornobranche hatte.
2012 verlor das luxemburgische Porno-Imperium Manwin (später: Mindgeek) sein Konto bei der Commerzbank, wie die Welt damals berichtete. Der Kündigungsgrund: „Reputationsrisiken“ – neben der Tatsache, dass Manwin mit Seiten wie Pornhub oder Youporn sein Geld verdiente, war der Unternehmenschef zu der Zeit auch noch in einen Steuerskandal verwickelt.
Bei Wirecard habe man den deutschen Ableger der Pornofirma dagegen „mit offenen Armen empfangen“, so ein Insider gegenüber Finance Forward. Fortan prangte die Kontoverbindung bei der Wirecard-Bank auf den offiziellen Briefen des wichtigen deutschen Mindgeek-Ablegers. Dem Insider zufolge soll Wirecard bis mindestens 2015 die Hausbank geblieben sein. Der in Aschheim zuständige Kundenbetreuer habe für Manwin vieles möglich gemacht, wo andere Banken aus Compliance-Gründen abgewunken hätten, heißt es. Mindgeek und Wirecard kommentieren die Geschäftsbeziehung nicht.
Auch Recherchen der Financial Times zeigen, dass Wirecard sogar noch 2017 Zahlungen für 4.000 Porno- und Dating-Websites abwickelte. Es erzielte dabei so hohe Margen, dass Experten den Verdacht äußerten, es könne sich hierbei um Geldwäsche handeln.
Im letzten testierten Geschäftsbericht – es geht um das Jahr 2018 – werden „digitale Güter“ als eine von drei Kernbranchen aufgeführt. Wirecard versteht darunter etwa „Dating-Portale, Games-Anbieter […] und Glücksspiele wie Poker“. Laut einem Unternehmensinsider sind für das Segment aber vor allem Pornoportale und Onlinecasinos wichtig – und das sogar noch heute.
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