Vivid schließt sein russisches Büro
Exklusiv: Die von ehemaligen Tinkoff-Managern gegründete Berliner Neobank Vivid arbeitete mit einem großen Team in Moskau, viele Entwickler saßen in der russischen Hauptstadt. Wegen des Ukraine-Krieges hat das Fintech die Mitarbeiter aus dem Land gebracht.
Die Berliner Neobank Vivid Money hat ihr personalstarkes Moskauer Büro geschlossen. „Wir haben die Bürotätigkeit in Moskau mehr oder weniger gestoppt“, sagte Mitgründer Alex Emeshev im Gespräch mit Capital und Finance Forward. „Wir können das Büro auch nicht mehr von außen finanzieren.“
Mit dem Auszug aus Moskau verabschiedet sich die Neobank von einem Teil ihrer russischen Wurzeln. Vivid Money war 2020 von zwei Managern der russischen Tinkoff Bank gegründet wurden und erhielt auch eine Anschub-Finanzierung von Tinkoff. Der Tinkoff-Gründer Oleg Tinkow ist nach heftiger Kritik am Krieg Russlands beim Kreml in Ungnade gefallen und musste seine Beteiligung an der Bank zu einem Schleuderpreis an den Oligarchen Wladimir Potanin abgeben.
Der Tinkoff-Anteil wird immer kleiner
Die Tinkoff-Beteiligung an Vivid Money spielt inzwischen nur noch eine untergeordnete Rolle, die Gründer haben stets ihre Eigenständigkeit betont. In mehrere Finanzierungsrunden sind internationale Investoren wie Softbank, Greenoaks Capital und Ribbit Capital eingestiegen, insgesamt flossen etwa 200 Millionen Euro in die Firma. Die Tinkoff-Gruppe selbst hat nicht noch einmal nachgelegt. Der Anteil ist weiter verwässert und lag Ende Dezember 2021 bei 9,47 Prozent. Nach der Finanzierungsrunde im Februar dürfte der Tinkoff-Share weiter gesunken sein. Als erster Investor wird Tinkoff aber weiterhin eine Signalwirkung für Vivid haben.
Nach Angaben von Vivid Money sind etwa die Hälfte der Mitarbeiter im Programmierer-Bereich russische Staatsbürger. Emeshev sagt, die Neobank erhalte zudem derzeit viele qualitativ hochwertige Bewerbungen aus Russland und der Ukraine: „Es ist im Grunde eine gute Zeit, um Tech-Talente einzustellen. Man findet hervorragende Leute. Aber gleichzeitig liegt das natürlich an einer traurigen Entwicklung: Krieg, Inflation und Rezession.“
Die Perspektiven für die russische Wirtschaft und damit auch den Finansektor schätzt Emeshev düster ein. „Die russische Volkswirtschaft wird überleben, natürlich, es gibt einen großen Binnenmarkt und viele schlaue Leute“, sagt er. „Aber Russland wird ärmer sein als zuvor, es wird um bis zu 30 Jahre zurückgeworfen. Und das ist vielen noch nicht klar.“