Nach 40-Millionen-Runde: Wer ist der börsennotierte Investor hinter Trade Republic?
Erst übernahm die Sino AG das Berliner Broker-Startup Trade Republic von den Gründern, vor einem Jahr gab die Firma aus Düsseldorf die Mehrheit wieder ab, zuletzt investierten die renommierten Wagniskapitalgeber Founders Fund und Accel. Ein guter Deal für Sino.
Ingo Hillen leitet mit Sino eigentlich einen Broker für professionelle Händler. Das Düsseldorfer Unternehmen ging 2004 an die Börse, in den vergangenen Jahren dümpelte der Kurs vor sich hin, zuletzt bei etwa sechs Euro. Einen Namen als Fintech-Investor hat sich die Firma und ihr Chef bislang nicht gemacht.
Vor ziemlich genau drei Jahren hatte Hillen allerdings einen guten Riecher. Der Sino-Chef traf sich damals mit Christian Hecker und Thomas Pischke. „Die beiden Gründer sind zu mir gekommen und haben gesagt: Wir brauchen jemanden, der investiert“, erzählt der Manager im Gespräch mit Finance Forward. Sie pitchten ihm die Idee von einem provisionsfreien Broker, in den USA war damals Robinhood mit dem Prinzip schon extrem erfolgreich.
Trade Republic muss sich jetzt beweisen – ein Gewinner steht nach der Finanzierungsrunde schon fest: die Sino AG. Seit dem Gespräch 2017 half Ingo Hillen bei dem Aufbau von Trade Republic, das Fintech beantragte eine Lizenz als Wertpapierbank. Der Sino-Chef wurde Teilzeit-Geschäftsführer, es ist eine Auflage der Finanzaufsicht, dass ein erfahrener Manager an Bord ist. Der 49-Jährige stellte außerdem den Kontakt zum Finanzunternehmen HSBC her, das sich bei Trade Republic mittlerweile um die Wertpapierabwicklung kümmert. Ohne seine Kontakte hätte HSBC ein Startup nicht als Kunden angenommen, meint Hillen. Anfang 2019 startete Trade Republic und die ersten Nutzer konnten per App mit Aktien handeln. An dieser Stelle könnte die Geschichte enden.
Eine zweite Chance für das Fintech
Doch Hillen ging mit der Fintech-Beteiligung einen anderen Weg – und das Startup erhielt eine zweite Chance. „Drei Millionen hatten wir investiert, weitere zehn für das Wachstum hätten wir nicht stemmen können“, sagt der Sino-Vorstand. Er entschied sich die Mehrheit an dem Unternehmen wieder abzugeben. Ein ungewöhnlicher Schritt, den es sonst beispielsweise bei Company Buildern gibt. Die beiden bekannten Investoren Creandum und Project A beteiligten sich im Sommer 2019 bei einer Millionen-Runde.
Für den Neustart brauchten die Gründer wieder mehr Unternehmensanteile. Geldgeber wie Creandum oder Project A investieren in der Regel nur in Startups, deren Gründer noch ein größerer Teil des Unternehmens gehört. Sonst sei ihr Anreiz, eine Milliarden-Firma aufzubauen, nicht groß genug, lautet das Argument. Das Gründerteam soll nun wieder mehr Anteile erhalten, in der aktuellen Mitteilung ist von „bereits zuvor vereinbarten Managementoptionen“ die Rede.
So eine Gesellschafterstruktur umzubauen, ist aufwendig – es zeigt, wie stark der schwedische Venture Capitalist Creandum und der Berliner Geldgeber Project A an das Team glauben. Hinzu kommt: Die Investoren suchen nach einem Robinhood in Europa, das hat nun bei der neuen Finanzierungsrunde über 40 Millionen Euro auch Peter Thiels Founders Fund und Accel angelockt, mehr als 20 Millionen haben sie zusätzlich von Altinvestoren gekauft, um ihren Einfluss auszubauen.
70 bis 90 Stunden Arbeit pro Woche
Der Investor Sino profitiert von dem Finanzierungsdeal schon jetzt. Hillen verkaufte bei den beiden Finanzierungsrunden Anteile im Wert von zehn Millionen Euro – bei drei Millionen, die seine Firma in das Unternehmen gesteckt hat. Und die verbleibenden Unternehmensanteile sind mit etwa 22 Millionen Euro bewertet, die Firma hält noch etwa 16 Prozent. Sino sei dabei immer noch der zweitgrößte Gesellschafter, sagt der Vorstand. Den Dividendenvorschlag hat er nach dem Deal bereits erhöht. Der Börsenkurs ist auf zwölf Euro geschnellt.
Wird Sino jetzt zum neuen Fintech-Investor? Ingo Hillen könnte sich vorstellen, noch einmal ein Startup mit aufzubauen. Auf der Suche sei er aber nicht. Er zieht sich als Geschäftsführer bei Trade Republic zurück, ein ehemaliger Vorstand der Börse Stuttgart übernimmt. „Die Zeit mit Trade Republic war extrem anstrengend“, sagt der Manager. Zu Hochzeiten habe er 70 bis 90 Stunden pro Woche gearbeitet. Das müsse sich schon lohnen, sagt er mit einem Lächeln.
Das Unternehmen ist aktuell mit etwa 27 Millionen Euro bewertet.