Der Name verspricht Programm: Mit Taxfix soll die Steuererklärung schnell erledigt sein. Bild: Taxfix

Steuer-App Taxfix: Starkes Wachstum dank teurer Marketingoffensive

Das Berliner Steuer-Startup Taxfix hat seine Bilanz für das Jahr 2022 vorgelegt und wiederholt mit einem deutlichen Umsatzzuwachs beeindruckt, auch 2023 soll es weitergehen. Den Anstieg hat sich das Milliarden-Fintech allerdings teuer erkauft. Und es gibt neue Angriffspunkte.

Auf vielen TV-Sendern waren sie zeitweise kaum zu übersehen: Die Spots, in denen das Steuer-Fintech Taxfix auf seine App aufmerksam machte. „Wer sagt eigentlich, dass Steuererklärungen immer Papierkram sind?“, hieß es darin unter anderem. Auch in Podcasts und mithilfe von Influencern warb das Fintech für sein Angebot. Das Gesamtpaket ließ sich das Berliner Finanz-Startup einiges kosten. Wie aus der kürzlich im Bundesanzeiger erschienenen Bilanz für 2022 hervorgeht, beliefen sich die Ausgaben für Marketing im Berichtsjahr auf stattliche 43,4 Millionen Euro.

Die Ausgaben spiegelten sich deutlich im Umsatz wider. Der lag 2022 zwar erstmals unterhalb der Marketingausgaben – legte im Vergleich zum Vorjahr allerdings um rund 75 Prozent auf 38,2 Millionen Euro zu. Taxfix setzte damit sein Wachstum im umkämpften Geschäft mit mobilen Steuererklärungen zum wiederholten Mal fort.

Über die App des Fintechs lassen sich die persönlichen Steuerunterlagen verständlich aufbereitet ausfüllen und digital an das Finanzamt übermitteln. Das kostet bis zu 70 Euro, Nutzerinnen und Nutzern verspricht Taxfix jedoch rasche Steuerrückerstattungen.

Wie viele Kunden das ursprünglich 2016 gegründete Steuer-Startup inzwischen hat, legt das Unternehmen in dem Bericht nicht offen. Das Unternehmen verweist darin lediglich auf fünf Millionen Downloads, zudem hätten Taxfix-Kunden in den vergangenen Jahren ingesamt rund 3,5 Milliarden Euro vom Finanzamt zurückerhalten.

Bei einer durchschnittlichen Steuerrückerstattung von etwa 1.000 Euro wären das ungefähr 3,5 Millionen Steuererklärungen. Die Kundenzahl dürfte jedoch darunter liegen, weil ein Teil der Nutzer bereits mehrere Steuererklärungen mit Taxfix eingereicht hat. Nicht nur aufgrund der jährlich wiederkehrenden Einnahmen konnte sich das Steuer-Startup die hohen Marketingausgaben deshalb leisten. Im Frühjahr 2022 erhielt Taxfix eine Finanzspritze über 220 Millionen Euro – investiert ist unter anderem Creandum und der Fonds des US-Milliardärs Peter Thiel.

Taxfix tritt auf die Kostenbremse

Der Wachstumsturbo mündete in der Folge jedoch in deutlich höheren Kosten, nicht nur im Marketing. So stiegen die Ausgaben für Personal auf rund 28,4 Millionen Euro (Vorjahr: 18,2 Millionen Euro), durchschnittlich waren 2022 rund 352 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitende beschäftigt – ein Zuwachs von mehr als 35 Prozent. Von der Profitabilität war Taxfix aufgrund der Investitionen im Berichtsjahr wie in den Vorjahren weit entfernt. Unterm Strich stand 2022 ein Verlust von 58,1 Millionen Euro zu Buche. Ein Höchstwert in der jungen Firmenhistorie.

Ein Trend, den die Berliner künftig offenbar nicht länger fortsetzen wollen. Bereits im Mai 2023 kündigte das Unternehmen laut Bericht insgesamt 122 Beschäftigten. „Hintergrund ist eine angestrebte Kostenreduktion zur Erzielung einer Ergebnissteigerung für das Berichtsjahr 2024“, wie es in den Unterlagen heißt. Die Geschäftsleitung strebe mittelfristig zudem „eine Reduktion der Marketingausgaben“ an.


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Dennoch rechnete das Fintech bereits für 2023 mit weiter steigenden Umsätzen. Laut Prognosebericht gingen die Taxfix-Manager von einem Wachstumsplus von 50 Prozent aus. „Dieses soll sowohl über gesteigerte Nutzerzahlen als auch über die Vermarktung neuer Produkte und Preismodelle realisiert werden“, heißt es. So habe man beispielsweise einen speziellen Experten-Service eingeführt, wie eine Taxfix-Sprecherin auf Nachfrage erklärt. Dabei würden die Steuererklärungen der Kunden in komplizierteren Fällen von Beratern übernommen. Dazu habe Taxfix sein Produktangebot im letzten Jahr durch den Zukauf von Steuerbot erweitert – ein Wettbewerber spezialisiert auf Chatbots für Steuerfragen.

Es gibt Gefahren für das Geschäftsmodell

Insgesamt dürfte Taxfix seine Marktführerschaft im Geschäft mit mobilen Steuererklärungen damit weiter gestärkt haben. Ob dies von Dauer ist, muss sich noch zeigen. Bei genauerem Hinsehen in dem Geschäftsbericht zeigen sich nämlich einige Risiken, die das Fintech selbst benennt. So ist das Steuer-Startup trotz erster Expansionsschritte ins europäische Ausland  noch immer extrem abhängig vom Heimatmarkt. „Ein überwiegender Teil des Umsatzes (99%) wird im deutschen Markt generiert, während die Internationalisierungsbestrebungen in Italien und Spanien noch in den frühen Phasen sind“, erklärt das Unternehmen. Ein zwischenzeitlich geplanter Markteintritt in Frankreich wurde laut Bericht sogar verschoben.

Eine weitere Gefahr: der Staat. So könne etwa die Finanzverwaltung die Abgabe der Steuererklärung derart vereinfachen, sodass Verbraucher nicht mehr auf die Taxfix-App angewiesen sind. „Das kritischste Risiko für Taxfix entsteht von staatlicher Seite“, bringt das Unternehmen das Gedankenspiel auf den Punkt. Ernsthaft in Betracht zieht das Unternehmen dies aber nicht. „Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass der Trend eher in Richtung zusätzlicher Komplexität geht“, heißt es in dem Bericht.

Womöglich liegt die eigentliche Gefahr aber woanders. Nicht nur soll sich der Rostocker Wettbewerber Zasta gut im Markt behaupten, wie zu hören ist. Seit einigen Monaten bietet auch das Vergleichsportal Check24 sowohl auf der Webseite als auch in der eigenen App Nutzern an, ihre Steuererklärung dort zu erledigen – kostenlos.

Seit wenigen Monaten wird das Angebot gezielt beworben, wie das Unternehmen kürzlich gegenüber Gründerszene bestätigte. An Zulauf dürfte es dem Vergleichsriesen nicht mangeln. Einerseits endet die Abgabefrist für Steuererklärungen in diesem Jahr erst im September, andererseits ist Check24 durch seine vielbeachtete EM-Trik0t-Kampagne sicherlich bei vielen Verbrauchern auf dem Handy präsent.

Bei Taxfix zeigt man sich davon unbeeindruckt. Mit der jüngsten Übernahme des britischen Wettbewerbers Taxscouts sehe man sich gut aufgestellt, heißt es vom Unternehmen. Man wolle „die Menschen kompetent und sicher durch den gesamten Prozess der Steuererklärung“ begleiten. So könne man sich von Wettbewerbern abheben.