„Einige Probleme mit Solaris“ – nächstes Fintech hadert mit Partnerbank
Exklusiv: Die Berliner Fintech-Bank Solaris droht einen weiteren wichtigen Partner zu verlieren. Grund sind offenbar Probleme im Umgang mit Neukunden des Geschäftskonten-Fintechs Finom, das deswegen sogar seine Reputation gefährdet sieht. Im Hintergrund wird nun um eine Lösung verhandelt.
Für Solaris ist die E-Mail wenig schmeichelhaft. Vor einigen Wochen informierte der Fintech-Partner Finom seine Werbepartner über eine technische Veränderung. „Eigene Banklizenz ab 02.04.2024“, hieß es im Betreff zunächst noch harmlos. Neue Kunden würden demnach nicht länger über die Systeme der Berliner Fintech-Bank Solaris, sondern über ein eigenes Setup aufgenommen.
Brisant lesen sich indes die Gründe für die Abkehr: „Finom hatte einige Probleme mit Solaris, weshalb der Onboarding-Prozess oft viel zu lange dauerte“, ätzt das Fintech in dem Schreiben. Dies habe gar zu „schlechten Bewertungen“ geführt. Durch die eigene Lizenz gehöre dies nun der Vergangenheit an, verspricht das Fintech. „Für 70 Prozent der Unternehmen wird das Konto innerhalb von 24 Stunden eröffnet sein“.
Finom bietet Selbstständigen und kleineren Unternehmen ein Geschäftskonto mit dazugehöriger Bezahlkarte an. Als Bankpartner im Hintergrund fungierte bislang Solaris. Das Unternehmen ermöglicht Startups, die Banklizenz des Instituts zu nutzen und damit Finanzgeschäfte abzuwickeln. Ein vor allem bei jungen Fintechs beliebter Service.
Nachfragen von Finance Forward zu den angeblichen Problemen wollten beide Unternehmen nicht kommentieren. Man äußere sich grundsätzlich nicht zu Geschäftsbeziehungen mit Partnern, heißt es unisono. Ein Finom-Sprecher wies die dargestellten Informationen zu Solaris zudem als „nicht korrekt“ zurück.
„Drei Monate quälende Kontoeröffnung“
Beide Sachverhalte – der Lizenzwechsel und die angeblichen Kundenbeschwerden – lassen sich jedoch öffentlich nachvollziehen. Auf einer Hilfeseite verwies Finom nach Daten des Webarchivs Wayback Machine im vergangenen Dezember etwa noch explizit auf Solaris als Lizenzpartner. Inzwischen gibt das Fintech dort an, als sogenanntes „E-Geld-Institut“ lizenziert zu sein. Dabei handelt es sich genau genommen nicht um eine vollwertige Banklizenz, Startups dürfen damit aber eigenmächtig Konten verwalten sowie Bezahlkarten ausgeben. Von Solaris ist auf der Hilfeseite keine Rede mehr.
Hinweise auf schlechte Bewertungen aufgrund der Partnerschaft mit Solaris finden sich indes bei Trustpilot. Dort ist das Feedback zwar überwiegend positiv (4,5 von 5 Sternen bei knapp 2.500 Bewertungen) – mehrere Finom-Kunden berichten jedoch übereinstimmend von Verzögerungen bei der Kontoeröffnung. „Drei Monate quälende Kontoeröffnung und enorm Zeit verbrannt“, moniert beispielsweise einer. Die Bank habe zunächst „dutzende Fragen und Dokumente verlangt“, später angeblich gar das Konto gesperrt.
Ein anderer kritisiert den Informationshunger ebenfalls: „Nachdem wir zig Fragen beantworten sollten, die wir zum Teil noch gar nicht beantworten konnten, da wir unser Gewerbe ja gerade erst gründen, war die Kontoeröffnung auch nach einem Monat noch nicht abgeschlossen“. Man werde sich nun eine andere Bank suchen.
Sätze, die dem expansionswilligen Finanz-Startup Finom kaum gefallen haben dürften – und Veränderungen beim Umgang mit Neukunden nahelegen. Ob Finom plant, auch bestehende Kundenkonten bei Solaris abzuziehen, ist indes unklar; ebenso, um wie viele Konten es sich insgesamt handelt. Finom gibt auf seiner Website an, 70.000 Kunden zu haben.
Solaris verhandelt mit Finom
Für Solaris dürfte Finom ein wichtiger Kunde sein. Insbesondere, weil das Fintech erst kürzlich rund 50 Millionen Euro bei Investoren einsammelte und rasch expandieren will. Je mehr Neukunden ihr Konto dabei über Solaris abwickeln, desto lukrativer wäre dies für das Geschäft der Berliner Fintech-Bank.
Ein vollständiger Verlust von Finom als Partner wäre für das Unternehmen nicht nur finanziell schmerzhaft. Auch das Image von Solaris als hiesiger Fintech-Champion könnte weiter bröckeln. In den vergangenen Monaten hatten sich bereits mehrere namhafte Fintechs ganz oder zumindest teilweise von Solaris als Bankpartner getrennt, beispielsweise die Neobank Vivid oder Finanzguru. Auch das milliardenschwere Miet-Startup Grover stoppte sein Solaris-Angebot.
Den Ernst der Lage scheint man bei Solaris jedenfalls erkannt zu haben. Wie aus Unternehmenskreisen zu hören ist, versucht die Fintech-Bank eine Trennung von Finom noch abzuwenden. Verhandlungen mit dem Fintech sollen im Hintergrund bereits laufen. Die Fintech-Bank kommentierte dies zwar ebenfalls nicht. Auf Nachfrage heißt es aber: „Wir sind stolz darauf, Teil der beeindruckenden Wachstumsgeschichte von Finom zu sein und freuen uns darauf, auch zukünftig weiter zusammenzuarbeiten.“