Die Filiale der Silicon Valley Bank in New York (Bild: IMAGO / TheNews2)

Die Konsequenzen aus dem Silicon-Valley-Bank-Crash – Run auf die großen Player

Die Gründerszene erwacht nach der Pleite der Silicon Valley Bank aus der Schockstarre: Künftig sollen die Startups ihre Millionen auf mehrere Banken verteilen, große Banken und sogar Sparkassen gelten als neue Anlaufpunkte. Höhere Kosten für mehr Sicherheit ist nun das Credo.

Der CEO des milliardenschweren Payment-Startups Sumup hat frühzeitig die Reißleine gezogen. Kurz vor dem Crash der Silicon Valley Bank habe das Unternehmen sein Geld abgezogen, schrieb CEO Daniel Klein in einer internen Slacknachricht – nach dem Tipp eines Investors. Doch Klein mahnte eindringlich: „BUT! Let that be a lesson.“

Seine Lehre: „Wahrscheinlich werden in diesem Jahr noch mehr Banken pleitegehen.“ Deswegen müsse die Firma die Risiken für Bankeinlagen und Technologiepartner identifizieren und auf ein Minimum reduzieren, schrieb Klein.

Viele Startups und ihre Führungsriegen befanden sich seit Mitte vergangener Woche in einer Schockstarre – spätestens nachdem am Donnerstag bekannt geworden war, dass die Silicon Valley Bank (SVB) mit Problemen zu kämpfen hat. Nur wenige Stunden später übernahm die Aufsichtsbehörde FDIC das Ruder, Auszahlungen von Guthaben waren seither nicht mehr möglich. Viele Milliarden standen plötzlich auf dem Spiel. Erst am Sonntagabend gab es Entwarnung: Die US-Regierung kündigte eine US-Lösung für die SVB an, zudem soll Großbank HSBC das britische Geschäft übernehmen. Doch die ganze Szene stellt sich nun – wie Sumup-Chef Klein – die Frage: Was sind die Lehren aus dem Crash?

„Es ist wichtig, dass ihr denselben Fehler nicht zweimal macht“

Von fast jedem Investor habe er Ratschläge und Informationen erhalten, berichtet ein Gründer. Dazu zählten in der Szene beispielsweise der britische Wagniskapitalgeber Balderton, der Frühphasen-Investor Cherry oder der schillernde Investor Christian Angermayer – sie alle schickten Nachrichten an ihre Portfolio-Firmen. Bei Angermayer heißt es beispielsweise: „Es ist wichtig, dass ihr denselben Fehler nicht zweimal macht. Bitte verlagert eure Bareinlagen unverzüglich zu systemrelevanten Banken wie JPM (JP Morgan), BAML (Bank of America), CITI usw. Wenn ihr keine Bankkonten bei diesen Instituten habt, kauft Staatsanleihen oder Geldmarktfonds“, heißt es in dem Schreiben an die Beteiligungen seines Fonds Apeiron.

Der Wagniskapitalfonds Cherry Ventures setzte seine Tipps bereits am Wochenende um und machte für seine Firmen Intros bei anderen Banken, die „too big to fail“ seien. „Die große Lektion ist: Verlass dich nicht auf eine Bank – selbst wenn dein Startup noch in der Frühphase ist und nur 10 Millionen Euro auf dem Konto hat“, sagt der Cherry-Finanzchef Alexander Langholz-Baikousis.

Das Credo, das aus rund einem Dutzend Gesprächen mit Gründerinnen und Gründern sowie Investoren hervorgeht, lautet, das Geld künftig auf mehrere Banken zu verteilen – und die großen Banken zu bevorzugen. Die Namen Deutsche Bank und Commerzbank fallen wieder öfter. Er würde das Geld für die kommenden sechs bis neun Monate auf eine Handvoll Banken verteilen und sogar die Sparkassen empfehlen, sagt ein erfahrener Manager, der als Finanz-Chef eines Startups tätig war. Letztere seien abgesichert durch den Staat im Hintergrund. Den Rest würde er in kurzlaufende Staatsanleihen aus Deutschland stecken.

Das Problem, langfristig zu planen

Hendrik Brandes, Gründer des bekannten Wagniskapitalgebers Earlybird, sieht das ähnlich: „Die Tipps sind eigentlich Binsenweisheiten.“ Die Herausforderung sei, diese langfristig umzusetzen. Schon nach der Finanzkrise und der Lehman-Pleite 2008 habe es Diskussionen über das „Counterparty-Risk“ gegeben – also das Risiko, dass ein Geschäftspartner Pleite geht. „Doch nach 15 Jahren hat das niemanden mehr interessiert“, sagt der Investor. Die Firmen hätten dann wieder Effizienz und niedrige Gebühren bevorzugt. „Dabei war Diversifikation gestern genauso richtig wie heute.“ Earlybird werde sich nun mit den eigenen Portfolio-Firmen zusammensetzen, um Risiken zu identifizieren.

Verlierer bei dieser möglichen großen Umschichtung könnten jüngere Banken und Fintechs sein. Seine Investoren hätten ihn explizit vor Neobanken gewarnt, berichtet ein Gründer, der nicht genannt werden will. Ein anderer Gründer berichtet, er werde bei den neueren Anbietern keine hohen Summen mehr lange liegen lassen. Diese Vorsicht könnte nun das Wachstum der neuen Player zurückwerfen.

Zugang geht – holprig

Unterdessen war es am Montag teilweise wieder möglich, auf die Accounts der Silicon-Valley-Bank in Großbritannien zuzugreifen. Das berichteten mehrere Kunden der Bank übereinstimmend. Auch wenn es wegen einer Überlastung eher holprig lief – offenbar wollen viele schauen, ob sie auch wirklich an ihr Geld kommen.