Wie Rocket sein Geschäft als Startup-Bank ausbaut
Der Berliner Tech-Investor Rocket Internet vergibt mittlerweile verstärkt Kredite an Startups und mittelständische Unternehmen, es sind insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Euro. Wie ertragreich ist das Geschäft?
Noch vor ein paar Jahren sorgte die Nachricht für Aufsehen, dass der deutsche Tech-Investor Rocket Internet ins Kreditgeschäft einsteigt. „Rocket-Chef Samwer baut Bank für Startups auf“, berichtete 2017 das Manager Magazin.
Die Zinseinnahmen verdoppelt
Insgesamt 600 Millionen Euro sind bis Ende März in Darlehen geflossen, wie die Finanzmanagerin Bettina Curtze mitteilt. Nur im Jahr 2019, ohne die Deals der vergangenen Monate, erzielte Rocket Internet mit den Zinsen einen Umsatz von 37 Millionen Euro – und verdoppelte das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr. Etwa 28 Millionen Euro schreibt Rocket Internet dem Segment als Gewinn (EBITDA) zu.
Im Durchschnitt erhalte das Unternehmen für die Darlehen ungefähr zehn Prozent Zinsen pro Jahr, heißt es von einem Insider. Ein guter Deal für Rocket Internet in Zeiten der Niedrigzinsen. Doch es handelt sich bei den Geschäften auch um riskante Finanzierungen.
Das Kreditportfolio unterteilt sich dabei in drei größere Bereiche:
– Ein Teil der Kredite fließt an kleine und mittelständische Unternehmen, Rocket Internet vergibt die Darlehen dabei nicht direkt, sondern investiert über digitale Kreditplattformen. Es kennt das Fintech-Segment gut, denn es hat mehrere Lending-Startups selbst aufgebaut – ein großer Player ist dabei nicht entstanden. Rocket-Chef Oliver Samwer glaubt aber weiter an das Geschäft. Die Darlehen laufen zum Beispiel über die Kreditplattform Iwoca, an dem Rocket selbst auch beteiligt ist. Auch über Funding Circle, an das Rocket sein Startup Zencap verkaufte, laufen Darlehen. Laut Geschäftsbericht hat das Unternehmen dort 26 Millionen Euro im vergangenen Jahr investiert.
– Ein weiterer Teil fließt in Startups. Finance Forward berichtete vor einigen Monaten über einen 100-Millionen-Kredit an das Banking-Startup Revolut. Das Kalkül von Rocket: Sollten diese Unternehmen in eine Krise rutschen, wird sich in auch in der Not ein Käufer finden, weil die Unternehmen bereits Umsätze und Kunden vorweisen können. Und als Kreditgeber würde Rocket Internet dann zuerst sein Geld zurückerhalten.
– Auch bei Proptech-Finanzierungen mischt Rocket Internet mit. Über die Immobilienplattform Linus, die der Samwer-Bruder Alexander mit aufbaut, hat das Unternehmen laut Geschäftsbericht mehr als 40 Millionen Euro in Immobilienprojekte investiert. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Nachrangdarlehen. Dort lag der Zinssatz laut Geschäftsbericht sogar bei 11,2 Prozent pro Jahr.
Risiken in der Coronakrise
Im vergangenen Jahr fielen keine Kredite aus, es gab laut Geschäftsbericht keine Wertminderung. Doch die könnten nun kommen. Rocket-Chef Oliver Samwer sagte, noch seien die genauen Folgen der Coronakrise nicht absehbar. „Allerdings ist jetzt schon erkennbar, dass sie sich in den kommenden Monaten und Quartalen auch auf Unternehmen in unserem Netzwerk negativ auswirken werden“, lässt er sich in einer Mitteilung zitieren.
Und das Kreditgeschäft von Rocket Internet könnte es gleich doppelt treffen: Zum einen wenn Startups ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Zum anderen ist auch die finanzielle Situation der kleinen und mittelständischen Unternehmen angespannt. Das gute Ergebnis kann die Berliner Firma wahrscheinlich nicht wiederholen.
Hinweis: In einer früheren Version des Textes stand, dass die Global Savings Group von Rocket Internet einen Kredit erhalten hat. Das Unternehmen bestreitet die Informationen von Finance Forward.