Pile-Gründerin Jessica Holzbach (PR/Caroline Pitzke)

Neobank Vivid kauft Berliner Fintech Pile

Exklusiv: Bereits zwei Jahre nach Gründung verkauft Szenekopf Jessica Holzbach ihr zweites Startup Pile. Auf der Konto-App des Berliner Startups können Geschäftskunden ihr Geld parken – und erhalten dafür drei Prozent Zinsen. Nun übernimmt die Neobank Vivid die Firma. Warum kommt es zu dem frühen Exit?

Vor zwei Jahren wagte sich Jessica Holzbach das erste Mal aus der Deckung. Auf der Bühne der Finance-Finance-Konferenz verkündete sie die Pläne ihres neuen Startups Pile Capital. Ein „Crypto-as-a-Service“-Anbieter sollte in Berlin entstehen. Zu der Zeit herrschte ein großer Krypto-Hype.

Holzbach gelang es gleich zum Start eine illustre Runde an Business Angel an Bord zu holen. Darunter beispielsweise der N26-Gründer Max Tayenthal, die ehemalige Finleap-Managerin und heutige Investorin Carolin Gabor. 2,6 Millionen Euro floßen insgesamt in die Firma.

Pile änderte sein Geschäftsmodell

Die Gründerin genoß Vorschussvertrauen, die 34-jährige hatte den Banking-Anbieter Penta mit aufgebaut, der an das französische Unicorn Qonto verkauft wurde. Holzbach ist zudem in der deutschen Fintech-Welt gut verdrahtet und präsent.

Ihr neues Startup hatte zwischenzeitlich einen Pivot hingelegt, das Hauptprodukt besteht aus einem Ertragskonto für Geschäftskunden, die ihr Geld auf dem Konto parken können – und im Gegenzug dafür drei Prozent als Erträge bekommen.

In dieser frühen Phase veräußert Jessisca Holzbach nun ihr Unternehmen wieder: Käufer ist die Neobank Vivid, die bereits ein Geschäftskunden-Segment besitzt – und über die Akquisition neue Kunden gewinnen will und außerdem Teile der Technologie integrieren will.


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Mit Pile hätte sie eine „mittlere dreistellige Zahl“ an Kunden gewonnen, heißt es. Zu den Einlagen macht die Gründerin keine Angaben. Über den Kaufpreis ist ebenfalls nichts bekannt. Sehr hoch dürfte er nicht ausfallen, da Pile noch am Anfang steht. Zudem wäre es üblich, dass die alten Gesellschafter in Vivid-Anteilen bezahlt werden. Trotzdem ist der Exit für die Gründerin und das Team ein Achtungserfolg – und für Holzbach bereits der zweite Exit an einen namhaften Käufer.

Neuer Partner für mehr „Firepower“

Doch warum kam es überhaupt zum frühen Exit? Sie habe immer die Meinung vertreten, dass sie ihr erstes Startup Penta zu früh verkauft habe, sagt Jessica Holzbach im Gespräch mit Finance Forward. Bei ihrem neuen Startup habe sie jedoch erkannt, dass es die beste Lösung sei. Denn Pile habe vor allem aus dem Ertragskonto bestanden. Auch wenn es andere Funktionen wie eine Software-Lösung für das Liquiditätsmanagement gab, hätten die meisten Kunden vor allem die einfache Funktion des Ertragskontos verwendet.

Aus diesem Grund hätte Pile in den vergangenen Monaten nach einem Partner gesucht, der mehr „Firepower“ mitbringe, aber auch eine umfassende Produktpalette. So sei die Wahl auf Vivid gefallen.

Vivid macht Wechselangebot

Wie bei einem Fintech üblich, kann Vivid die Kunden allerdings nicht einfach übernehmen, sondern wird ihnen ein Wechselangebot machen – eine relativ hohe Hürde, weil sie die Firmeninhaber noch einmal neu anmelden müssen. Der Berliner Anbieter Vivid wird das Zinsangebot über seine eigene Banklizenz abwickeln. Zurzeit bietet Vivid den Unternehmenskunden fünf Prozent Zinsen an, die allerdings nur zwei Monate gelten, danach fällt der Zins auf 3,5 Prozent – unter den Angeboten für die Geschäftskunden immer noch kein schlechtes Angebot.

Wie es mit dem Team um Jessica Holzbach weitergeht, ist noch unklar. Rund zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt Pile – nach Einzelentscheidungen werde man schauen, wer an Bord bleibt. Ihre drei Mitgründer Benedetta Ludovisi, Jeannine Klein und Balazs Deme haben das Startup teilweise schon vor längerer Zeit verlassen. Holzbach selbst wird als Beraterin die kommenden Monate für die Übergangszeit an Bord bleiben. Wie es dann weitergeht, wisse sie noch nicht. Eine nächste Gründung? Das könne sie sich „grundsätzlich vorstellen“.


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