Mehr als 100.000 Firmenkunden hat Anytime (Bild: PR)

Neobank Anytime soll zum Verkauf stehen

Exklusiv: Der französische Telekommunikations-Anbieter Orange kaufte Anytime vor drei Jahren. Nun befindet sich das Startup für Business-Banking auf der Suche nach einem neuen Eigentümer. Parallel schauen sich große Fintechs wie Qonto nach Übernahmenzielen um.

Orange galt einst als Fintech-Pionier. Der französische Telekommunikationsanbieter drängte 2017 auch in die Bankenbranche – unter dem Label Orange Bank hatte der Konzern große Pläne, Ende 2022 kam das Unternehmen auf zwei Millionen Endkunden, wie es im Geschäftsbericht verkündete. Zudem vergab es massenhaft Kredite, dafür hatte sich Orange mit der französischen Plattform Younited verbündet, die für das Wachstum sorgen sollte. Zudem kaufte Orange die belgische Neobank Anytime, um sich künftig auch Business-Kunden wie Freelancer oder Startups richten zu können.

Heute ist von der großen Fintech-Expansion wenig übrig. Für die Kundinnen und Kunden hat man zu Jahresbeginn einen Deal mit BNP Paribas ausgehandelt, das Kreditportfolio hat der Private-Equity-Anbieter KKR im Wert von zwei Milliarden Dollar abgekauft. Und Anytime? Kurz nach dem Ausstieg gab das Fintech noch im Juni 2023 eine Pressemitteilung heraus. Die Botschaft: Es ändere sich erst einmal nichts, das Management überlege, wie es weitergehen könnte. Schon zu der Zeit war von „neuen Partnern“ die Rede.

Business-Banken wieder gefragt

Tatsächlich läuft die Käufersuche nach Informationen von Finance Forward. Das Unternehmen habe bei Anbietern im Markt vorgefühlt, ob sie sich eine Übernahme vorstellen könnten. Allerdings schon vor einiger Zeit. Wie der neueste Stand ist, bleibt offen. Das Unternehmen war für eine Stellungnahme kurzfristig nicht erreichbar.

Dabei könnte das Timing zurzeit nicht besser sein. Denn der Markt für Business Banking hat sich in den vergangenen Monaten wieder erholt. Der britische Anbieter Tide ist nach Deutschland expandiert, ebenso Platzhirsch Qonto, das erst kürzlich in Österreich und vier weiteren EU-Märkten startete. Auch der finnische Anbieter Holvi, der einst zu BBVA gehörte und jetzt wieder in den Händen des Gründers ist, hat sich berappelt und konnte ein gutes Jahresergebnis vorlegen. Die guten Ergebnisse sind durch die Zinseinnahmen getrieben, die die Fintechs nur teilweise weitergeben.

Gerade dieses Momentum könnte es den Anbietern ermöglichen, auch mit Zukäufen wachsen. Erfahrungen damit hat vor allem der französische Marktführer Qonto, der sich seit einigen Monaten nach Übernahmezielen umschaut. Zuvor hatte Qonto bereits die Finanzplattform Regate und den deutschen Business-Banking-Anbieter Penta übernommen. Bei Anytime dürfte vor allem die Kundenbasis interessant sein. Laut letzter offizieller Angaben soll die Zahl bei mehr als 100.000 Geschäftskunden liegen. Kein schlechter Wert.