400.000 Kunden, 10 Millionen Umsatz – der Aufstieg der Krypto-App Bison
Mit Bison hat die Börse Stuttgart eine eigene Krypto-App entwickelt. Seit 2020 arbeitet das Projekt profitabel, das erste Quartal 2021 war sogar stärker als das gesamte Vorjahr. Doch kann es sich gegen Giganten wie Coinbase durchsetzen?
Im Schatten der Milliarden-Firma Coinbase und dem kürzlich gekürten Einhorn Bitpanda ist in den vergangenen Monaten eine weitere Krypto-App herangewachsen, die beachtliche Zahlen vorweisen kann. 400.000 Nutzer verwenden die App Bison, im ersten Quartal dürfte die Firma mehr als zehn Millionen Euro eingespielt haben und das bei dem lukrativen Kryptohandel mit Bitcoin und Ethereum.
Der Börse Stuttgart ist mit der Bison-App ein erfolgreiches Digitalprojekt gelungen, nach dem viele große Banken und Versicherungen hierzulande immer noch verzweifelt suchen – und über die Jahre viele Millionen Lehrgeld zahlen mussten. Es ist schon jetzt ein Vorzeige-Digitalprojekt für die Finanzbranche.
Neuer Markt, vertrauenswürdige Marke
Vor allem das Timing war bemerkenswert, Anfang 2019 startete die Börse Stuttgart mit ihrer App Bison. Das Konzept: unkomplizierter Kryptohandel mit wenigen Währungen wie Bitcoin, Ethereum und Litecoin. Damals befand sich der Bitcoin-Kurs bei rund 3.000 Euro. Die Aufmerksamkeit war weg. Im Rückblick ein großes Glück, denn mit dem Kurs wuchsen auch die Download-Zahlen, 81.000 Nutzer zählte die App nach dem ersten Jahr.
Es setzte mit seinem Konzept auch auf das Vertrauen in die Marke der öffentlich-rechtlichen Börse Stuttgart – ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen großen Playern wie der chinesischen Kryptobörse Binance beispielsweise. Bison ist dabei so konzipiert, dass die App mit verschiedenen Tochtergesellschaften der Börse zusammenarbeitet: Sowa Labs entwickelte die App, Handelspartner ist die in Deutschland regulierte Euwax AG und die Verwahrung der Kryptowährungen übernimmt die Blocknox GmbH. Einzig die Berliner Solarisbank als Bankdienstleister gehört nicht zu der Börse Stuttgart.
Das Konzept kam gut an, knapp eineinhalb Jahre nach dem Start zählt die Firma heute fast 400.000 Nutzer, von denen ein Drittel verifiziert ist. Auf insgesamt 1,3 Milliarden Euro belief sich das Handelsvolumen im vergangenen Jahr. Der jüngste Krypto-Boom hat das Geschäft weiter befeuert: „Diesen Betrag haben wir im ersten Quartal des neuen Jahres bereits weit übertroffen“, sagt Ulli Spankowski, der für die Börse Stuttgart Bison verantwortet.
Das Unternehmen verdient beim Handel mit den Kryptowährungen an der Spanne zwischen den angezeigten An- und Verkaufspreisen. Dieser sogenannte Spread beträgt mindestens 0,75 Prozent. Allein damit verdient Bison sein Geld, weitere Gebühren fallen bei dem Anbieter nicht an. Im Geschäftsbericht der Euwax zum ersten Halbjahr 2020 kam es so bei einem Handelsvolumen von 370 Millionen Euro zu Erträgen von 2,7 Millionen Euro, also genau die Summe der angegebenen Spreads.
Im vergangenen Jahr dürfte der Umsatz also bei knapp zehn Millionen Euro gelegen haben. Im ersten Quartal kommt die Firma auf einen ähnlich hohen Betrag. Sollte der Krypto-Hype so weiter gehen, ist ein Jahresumsatz zwischen 20 und 40 Millionen Euro denkbar. Das Unternehmen wollte sich nicht zu konkreten Zahlen äußern. Mit diesem Ergebnis würde Bison zu den größeren deutschen Fintech-Playern zählen. Hinzukommt: Das Geschäft ist hochprofitabel, wie sich in den Geschäftszahlen der Konkurrenten wie Coinbase und Bitpanda ablesen lässt.
Die Kosten sind dabei überschaubar: Bei Bison seien mit dem Projekt derzeit nur rund 65 Mitarbeiter befasst. Natürlich dürften noch weitere Kosten bei der Börse und den weiteren Dienstleistern entstehen. Am Ende wird trotzdem ein gutes Plus herauskommen. Und für die Zukunft gilt: Bei Trading-Produkten sind die Fixkosten durch die strenge Regulierung in Deutschland zwar vergleichsweise hoch, dafür sind die sogenannten Grenzkosten niedrig. Bedeutet: Bei wenigen Kunden ist das Geschäft für Bison kostspielig, dafür verbessert sich die Marge mit dem Wachstum.
Derzeit genießt Bison noch einen Vorsprung gegenüber großen internationalen Playern wie Bitpanda und Coinbase. Aus regulatorischen Gründen dürfen das österreichische Startup und das US-Unternehmen in Deutschland keine gezielte Werbung schalten, weil sie von der hiesigen Finanzaufsicht noch nicht reguliert sind. Für Bison hingegen ist dies erlaubt. Viel zu sehen war von Bison trotz des Krypto- und Trading-Booms in den vergangenen Monaten allerdings nicht, das Unternehmen schaltete etwa keine Werbung auf Facebook oder Instagram. Die Marketingkosten lagen fast bei null.
Ziel: Sich als deutscher Player etablieren
Das dürfte allerdings auch den Wachstumsschmerzen geschuldet sein, denn die Firma bekam mehr Anmeldungen, als sie verarbeiten konnte. „Die Nachfrage war so groß, dass unser Partner für Kundenidentifizierungen zeitweilig überlastet war“, erklärt Spankowski im Gespräch mit Finance Forward. Bekannte Anbieter wie Idnow und Webid hatten stark mit dem durch die Gamestop-Aktie befeuerten Ansturm auf Trading-Apps zu kämpfen, viele Nutzer mussten wochenlang auf ihre Kontoeröffnung warten.
Sobald die Überlastung bei Idnow gelöst ist, könnte Bison mit Marketing das Wachstum weiter befeuern. Doch die Konkurrenten kommen näher. Nach Informationen von Finance Forward bemühen sich sowohl Coinbase als auch Bitpanda um eine deutsche Krypto-Lizenz. Zudem könnten andere Broker wie Trade Republic mit dem Handel von Kryptowährungen einsteigen, auch die Neobank N26 hatte den Handel angekündigt.
Bislang kann Bison gegenüber der Konkurrenz abgesehen von der deutschen Regulierung auf ein paar Vorteile verweisen: Der Anbieter ist etwa in seinen Gebühren deutlich günstiger. Nur Justtrade hat einen noch einen besseren Preis. Coinbase verlangt beispielsweise neben dem Spread über 0,5 Prozent noch eine Gebühr von 1,49 Prozent auf den Gesamtbetrag für alle Käufe und Verkäufe, bei Bitpanda ist es ähnlich. Mit zunehmend neuen Anbietern könnten die Preise unter Druck geraten. Vorerst muss sich Bison keine Sorgen um Preisdruck bei den Gebühren machen, den meisten Krypto-Enthusiasten sind die Gebühren egal.