Die beiden Gründer von Justtrade: Michael Bußhaus (links) und Ralf Oetting (Bild: PR)

Neobroker Justtrade steigt in den Kryptohandel ein

Exklusiv: Zwei Bank-Veteranen bauen das Startup Justtrade auf, das mit gebührenfreiem Aktienhandel lockt. Künftig können ihre Kunden auch mit Kryptowährungen handeln. Beim Vorbild Robinhood brachte der Schritt damals einen Wachstumsschub.

Fast mantrahaft taucht eine Formel in Digitalisierungsratgebern auf: Etablierte Unternehmen sollen versuchen, mit neuen Ideen ihr eigenes Geschäftsmodell anzugreifen. Michael Bußhaus und Ralf Oetting haben diesen Rat beherzigt, allerdings erst nach der Kündigung ihrer Jobs. Beide schauen auf lange Bankkarrieren zurück: Bußhaus etwa machte Stationen bei der Deutschen Bank, der Postbank, den Sparkassen und der Onvista Bank, bevor er im Management der Comdirect landete. In den Jobs ging es fast immer um Online-Broker. Sein Geschäftspartner kommt ebenfalls auf mehr als 18 Jahre Bankerfahrung.

Vor etwa zwei Jahren kündigten sie und starteten den neuen Broker-Anbieter Justtrade. Ein Angriff auf ihre alten Arbeitgeber. Denn das Startup bietet einen gebührenfreien Aktienhandel an, bei der Comdirect kostet der Kauf eines Wertpapiers schon mal um die zehn Euro. „Ich denke, viele alte Kollege beneiden uns jetzt ein bisschen, weil wir etwas Neues gewagt haben“, sagt Bußhaus. Die Comdirect befindet sich derzeit im Umbruch und wird bei der Commerzbank integriert.

Robinhood als großes Vorbild

Das Frankfurter Fintech Justtrade ist auf den Trend der Neobroker aufgesprungen, mehrere Startups wollen mit einem einfachen und kostengünstigen Aktienhandel die Kunden von etablierten Brokern weglocken. Das große Vorbild ist dabei das US-Startup Robinhood, mit dem gerade in der Coronakrise Millionen von US-Amerikanern in den Aktienhandel eingestiegen sind. Es wird von Wagniskapitalgebern aktuell mit 11,2 Milliarden Dollar bewertet, ein Börsengang ist in Sicht.

In Deutschland gibt es mit Justtrade, Trade Republic, Scalable Capital, Smartbroker und Gratisbroker eine Reihe von Anbietern, die Robinhood nacheifern. „Im Gegensatz zu unserem Wettbewerb sprechen wir nicht nur die ganz jungen Trader an, sondern auch diejenigen mit Erfahrung“, sagt Mitgründer Ralf Oetting. Denn die Auswahl an Aktien und Derivaten ist bei Justtrade wesentlich größer, auch können die Nutzer an zwei Handelsplätzen (LS und Quotrix) ihre Wertpapiere kaufen.

Die beiden Ex-Banker gehen nun einen weiteren Schritt. Künftig können die Nutzer ihr Geld auch in Kryptowährungen investieren. „Es gibt eine große Nachfrage im Markt, viele wollen in ihrem Portfolio etwas Krypto beimischen“, sagt Oetting. „Robinhood erzielte durch den Kryptohandel damals einen großen Wachstumsschub.“ Schon die Ankündigung soll zu einer Million neuer Anmeldungen geführt haben.

Das Timing von Justtrade ist gut. Zurzeit sind die Kurse der Kryptowährungen wieder stark gestiegen. Dem Frankfurter Startup könnte in die Karte spielen, dass sich die traditionelle Anlagewelt und die Kryptowelt gerade annähern. Erst kürzlich hat das Payment-Unternehmen Paypal beispielsweise angekündigt, auch Krypto-Handel anzubieten. Justtrade ist der erste deutsche Online-Anbieter, der aus der Anlagewelt kommt und den Kryptohandel ermöglicht.

Kryptowährungen sollen jüngere Nutzer bringen

Wieder sollen keine Gebühren anfallen. Das Startup verdient an dem Unterschied zwischen dem Verkauf- und Kaufpreis, dem sogenannten Spread. Der liegt bei minimal 0,3 Prozent des Preises, deutsche Anbieter wie Bitwala oder Bison sind dabei teurer. Der Handel läuft über die Hamburger Sutorbank, die auch sonst der Bankpartner von Justtrade ist, das Bankhaus von der Heydt verwahrt die Anlagen. Das Limit für Käufe ist dabei von 500 Euro bei den Aktien und Derivaten auf 50 Euro gesunken. „Wir erhoffen uns, auf diesem Wege auch ein jüngeres Publikum anzusprechen“, sagt Bußhaus. Zu den Währungen gehören: Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Ripple und Bitcoin Cash.

Bislang ist der Altersdurchschnitt bei 45 Jahren, das Unternehmen zählt einige tausend Nutzer. Die genauen Kundenzahl will es nicht verraten. Von Konkurrenten wie Trade Republic dürfte es allerdings noch weit entfernt sein, das Unternehmen hat weit mehr als 100.000 Kunden. „Die Zahl ist für uns nicht so entscheidend, da wir auch viele Kunden haben, die sehr aktiv handeln“, sagt Oetting. Im Schnitt 100 Mal pro Jahr. Einige könnten von den Einnahmen leben. Justtrade erhält für jeden Trade etwa zwei Euro Rückvergütung von den Handelsplattformen. „Ende des Jahres könnten wir bereits profitabel arbeiten“, sagt Oetting. Durch den etwas anderen Kundenfokus hat es Jusstrade auf eine Kundengruppe von etwa zwei Millionen Kunden abgesehen, den semi-professionellen Händlern.

Trade Republic ist eher auf den Massenmarkt ausgelegt. Es fährt eine andere Strategie: 40 Millionen Euro hat es von bekannten Wagniskapitalgebern wie Founders Fund und Accel eingesammelt, es will mit dem Geld auch in Europa expandieren.

Aus der Anfangszeit kennen sich die beiden Teams noch. Mit Trade Republic war Gründer Christian Hecker in der Startup-Garage der Comdirect. Nun wollen beide Teams den Markt neu aufrollen, die Bank selbst ist bei keinem der beiden beteiligt.