Gesetzentwurf versetzt Klarna und Co. in Alarmstimmung
Die Bundesregierung will das Datenschutzgesetz ändern. Vorgesehen sind strengere Regeln für Bonitätsprüfungen – mit ungeahnten Folgen auch für das Geschäft von Fintechs und Zahlungsanbietern
Als die Bundesregierung Anfang Februar die Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) verabschiedete, passierte erst einmal: nichts. Aufmerksamkeit von größeren Medien gab es für die geplanten Änderungen, die vor allem Verbraucherrechte stärken sollen, zunächst kaum. Das änderte sich vorvergangene Woche.
Auch viele Fintechs betroffen
Möglicherweise nicht der einzige Kollateralschaden bei dem Gesetzentwurf. Nach Informationen von Finance Forward sorgen sich im Hintergrund auch Zahlungsanbieter und Open-Banking-Fintechs wegen der geplanten Änderungen. Unter anderem Klarna: Mitte März wendete sich das Fintech mit einem Hinweis an den Lobbyverband Bitkom, der die Interessen der hiesigen Digitalwirtschaft vertritt. Finance Forward liegt eine E-Mail aus der Arbeitsgruppe vor. Darin verweist Klarna auf eine kurzfristige Änderung im Gesetzentwurf, die „die Kreditwürdigkeitsprüfung einschränken oder gar verbieten könnte“.
Es geht um den Paragrafen 37a, er regelt das sogenannte Scoring. Unternehmen sollen Ausfallwahrscheinlichkeiten ihrer Kunden nur noch dann automatisiert ermitteln dürfen, wenn sie dafür neben Adressdaten auch auf Einblicke in Bankkonten verzichten.
Betroffen ist dadurch unter anderem das Kreditscoring mit sogenannten Open-Banking-Daten. Wer beispielsweise einen Kredit über die Plattform Smava erhalten will, kann den Zugriff auf das eigene Bankkonto erlauben – dort sehen die Anbieter dann, wie das Zahlungsverhalten in einem Zeitraum von 90 Tagen aussah. Beispielsweise den Gehaltseingang und regelmäßige Zahlungen. Für ein Scoring sind es wertvolle Datenpunkte.
Ein Verfahren, das Open-Banking-Fintechs wie Tink oder Qwist anbieten. Auch Klarna ermöglicht dies mit seinem Open-Banking-Service, den es anderen Unternehmen gegen Gebühr offeriert. Die geplante Gesetzesänderung könnte nun wichtige Anwendungsfälle im Open Banking infrage stellen – und so das Geschäft einiger Anbieter erschweren.
Nach Informationen von Finance Forward haben sich deshalb zuletzt weitere Unternehmen besorgt an den Lobbyverband Bitkom gewandt. Darunter auch der Vergleichsriese Check24, der ebenfalls mit Partnern ein Open-Banking-Angebot betreibt. In sogenannten „Abstimmungscalls“ beriet der Verband mit Unternehmen über mögliche Schritte.
Bitkom bereitet Stellungnahme vor
Auf Nachfrage von Finance Forward kommentierte der Bitkom die Gespräche offiziell nicht. Das Thema sei aber virulent, wie aus Verbandskreisen zu hören ist. Im Grunde seien die geplanten Änderungen bei dem Gesetz für alle Unternehmen problematisch, die Open-Banking-Daten nutzen. Insbesondere, weil einzelne Formulierungen so aufgefasst werden könnten, als dürften Adress- und Bankdaten nicht einmal zur Betrugs- und Geldwäscheprävention genutzt werden. Dies würde im Falle von Klarna beispielsweise auch Raten- und Rechnungskäufe erschweren. Dies könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, heißt es. Schließlich schade dies letztlich auch dem Verbraucher.
Beim Bitkom hofft man deshalb, dass der Entwurf zum geänderten Datenschutzgesetz vor dem finalen Beschluss im Sommer noch einmal überarbeitet wird. Die Lobbyaktivitäten laufen jedenfalls auf Hochtouren. Bereits Anfang April wolle sich der Verband mit einer Stellungnahme an politische Vertreter wenden. Gelingen Änderungen nicht, muss sich wohl nicht nur Klarna neue Techniken überlegen. Auf Nachfragen wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Nur so viel: Man prüfe derzeit den Gesetzentwurf.