Erik Podzuweit und sein Zwillingsbruder (Bild: privat)

„Mein erstes Geld habe ich in Telekom-Aktien gesteckt“ – der Scalable-Gründer über seine persönliche Geldanlage

Trading-Apps, Robo-Advisor oder Krypto-Investments – Fintech-Gründer versuchen Nutzer dazu zu bringen, ihr Geld anders anzulegen. Aber in was investieren sie eigentlich selbst? In unserer Serie „Anlageprotokoll“ öffnet Erik Podzuweit, Gründer von Scalable Capital, seine privaten Bücher. Protokoll: Caspar Tobias Schlenk

Gleich das erste Investment war eine große Enttäuschung. Von meinem ersten selbstverdienten Geld kaufte ich Telekom-Aktien. Ich machte gerade den Zivildienst in einem Krankenhaus auf Norderney. Tagsüber fuhr ich Essen aus und wusch Geschirr in der Küche ab. Abends informierte ich mich über Geldanlage.

Der Hype des Neuen Marktes war bis nach Ostfriesland gekommen. Mein Biologielehrer hatte uns in der 13. Klasse stolz erzählt, dass er beim Börsengang von Infineon Aktien gezeichnet und sie mit großem Gewinn nach ein paar Tagen verkauft habe.

Durch das Tellerwaschen im Krankenhaus und dank eines Jobs in einem Surfshop lagen erstmals 2.000 Mark auf meinem Konto. Von der Hälfte kaufte ich Telekom-Anteile. Alle redeten davon. Der Schauspieler Manfred Krug hatte sogar im Fernsehen dafür geworben. Der Aktienkurs war zu der Zeit schon um die Hälfte eingebrochen. Und ich dachte: Jetzt mache ich ein Schnäppchen. Von dem Rest des Geldes kaufte ich Aktien eines US-amerikanischen E-Commerce-Startups. In irgendeiner Gazette hatte ich gelesen: Das ist das nächste große Ding.

„Der Hype des Neuen Marktes war bis nach Ostfriesland gekommen“

19 Jahre später muss ich mir eingestehen: Ich kann keine Deals mit bekannten Geldgebern vorweisen und bin kein Krypto-Millionär. Dafür habe ich alle typischen Fehler gemacht und daraus gelernt. Durch mein Unternehmen Scalable Capital ist ein Geschäft daraus geworden. Der Robo Advisor investiert automatisiert in sogenannte Exchange Traded Funds (ETFs), die das Risiko breit streuen, weil sie nicht auf einzelne Aktien oder Anleihen setzen, sondern auf die Entwicklung von ganzen Märkten. Ohne Emotionen oder dem nächsten heißen Tipp zu trauen.

Zum Robo-Geschäft bin ich über Umwege gekommen. Im Studium an der Uni Kiel steckte ich ein bisschen Geld in Derivate und Optionsscheine, um die Mechanik hinter den komplizierten Konstrukten zu verstehen. Durch meine Freunde lernte ich eine ganz andere Methode des Geldverdienens kennen: Sie spielten damals Online-Poker und ließen sich nebenbei mit Pokerprogrammen die Gewinnwahrscheinlichkeiten für verschiedene Hände errechnen. In der Anfangszeit des Online-Glücksspiels konnte man so noch gut Geld verdienen. Ich schaute fasziniert zu und lernte eine Sache: Die Kommilitonen machten die Gewinne nicht mit den großen Töpfen, da war am Ende immer Glück dabei, sondern mit vielen kleinen, kalkulierten Spielen, die sie gewannen.

„Eine Immobilie habe ich nicht gekauft, weil ich nicht wollte, dass sie mich vom Schritt in die Selbstständigkeit abhalten könnte“

Nach dem Studium fing ich in der Derivate-Abteilung von Goldman Sachs an. Privat investierte ich wenig. Beim Mittagessen fragte ich die Banker oft: Wohin steckt ihr euer Geld? Die Antworten überraschten mich. Sie kauften nicht die eigenen Produkte, sondern lieber ETFs und Immobilien.

Also fing ich auch an, ein ETF-Portfolio aufzubauen. Der Vorteil ist die breite Streuung und die niedrigen Gebühren. Eine Immobilie habe ich nicht gekauft, weil ich nicht wollte, dass sie mich vom Schritt in die Selbstständigkeit abhalten könnte. Meine Befürchtung: Wenn ich 25 Jahre lang der Bank Geld zurückzahlen muss, würde sich das wie ein Angestelltenverhältnis anfühlen.

Als ich zusammen mit meinen Mitgründern Scalable Capital gestartet habe, achteten wir sehr darauf, die Fixkosten niedrig zu halten. Ich gab meine Wohnung auf und zog mit meinem Zwillingsbruder und einem meiner Mitgründer in einer kleinen WG in München zusammen. Es fühlte sich wieder wie im Studium an. Dadurch hatten wir die Freiheit, etwas auszuprobieren – und mussten nicht den Kosten hinterherlaufen. Vier Jahre später beschäftigen wir 120 Mitarbeiter, die Wohngemeinschaft gibt es immer noch, auch wenn ich parallel mit meiner Freundin in Berlin eine Wohnung miete.

So habe ich mein Geld angelegt:

Mittlerweile habe ich etwa 60 Prozent meines Geldes bei Scalable selbst angelegt. 20 Prozent stecken in anderen Startups. Darunter zum Beispiel Happyfresh, ein Essenslieferdienst in Südostasien, und Loanlink, ein Proptech aus Berlin. Auch in das Schuhgeschäft Pomp auf Norderney habe ich Geld investiert. Es sind alles Unternehmen von Freunden. Mein Startup-Portfolio ist derzeit noch zu klein – für planbaren Erfolg benötigt man eher zehn bis 15 Investments. Es macht mir vor allem Spaß.

Einen kleinen Teil – etwa zwei Prozent – habe ich in die Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum gesteckt, um zu verstehen, wie das funktioniert. Lange habe ich den Markt skeptisch beobachtet. Doch als der Bitcoin-Kurs im Hypejahr 2017 bei 18.000 US-Dollar stand, konnte ich es nicht lassen und habe ein paar tausend Euro investiert. Wenige Wochen später rauschte der Kurs in den Keller. Ein kleiner Teil des Investments ist noch übrig.

Vom Rest des Geldes habe ich Kredite vergeben, unter anderem an meinen Vater, der mit seinem kleinen Betrieb Heizöl ausliefert. Auf seinem Lastwagen steht der Werbespruch: „Wärme und Behaglichkeit mit Heizmaterial von Podzuweit“. Er hat die Firma von seinem Vater übernommen und von Kohleverkauf auf Heizöl umgestellt. „Pivotiert“, würde man in Berlin-Mitte sagen. Er zahlt mir ein paar Prozent Zinsen für den Kredit.

Der größte Teil meines Vermögens ist natürlich das Eigenkapital in meinem Startup Scalable Capital. Auf dem Papier hat das einen tollen Wert, aber es muss sich erst noch auszahlen.

Das ist meine Rendite:

Meine Anlage bei Scalable läuft generell gut. Nur im vergangenen Jahr nicht, da habe ich ein Minus von sechs Prozent gemacht. In diesem Jahr bin ich bei einem Plus von 13 Prozent. Meine Startup-Wetten müssen sich noch auszahlen, das kann mehrere Jahre dauern. Die Wetten auf einzelne Unternehmen sind bislang immer schiefgegangen, daher vertraue ich auf das breite ETF-Portfolio.

Erik Podzuweit hat den Robo-Advisor Scalable Capital 2014 zusammen mit Florian Prucker und Stefan Mittnik gegründet. Das Münchner Fintech verwaltet Kundengelder in Höhe von mehr als 1,5 Milliarden Euro – und ist der Marktführer in Deutschland.