Milliardärs-Zwillinge: So ist es um die Startup-Deals der Strüngmanns bestellt
Die Gründung des Pharma-Herstellers Hexal und ein frühes Investment in Biontech machte Thomas und Andreas Strüngmann zu Multimilliardären. Im Hintergrund haben sie sich auch an einigen Hoffnungsträgern im Finanz- und Versicherungsbereich beteiligt. Wie steht es um diese Wetten?
Sie stehen für eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte außerhalb des Rampenlichts. Mitte der 80er gründeten Thomas und Andreas Strüngmann den Generikahersteller Hexal und verkauften die Firma nach der Jahrtausendwende für eine Milliardensumme. 2008 gehörten die Zwillingsbrüder dann zu den ersten, die in das junge und damals noch völlig unbekannte Pharma-Startup Biontech investierten.
Ein hochriskanter Deal in einem Bereich, der neben viel Geld oft auch jahrelange Geduld erfordert. Doch die Wette ging spektakulär auf. Biontech avancierte in der Corona-Pandemie zu einem der wichtigsten Impfstoff-Hersteller – und verdiente Milliarden. Inzwischen zählen die Strüngmanns zu den reichsten Deutschen. Auf etwa 20 Milliarden Euro schätzt das Wirtschaftsmagazin Forbes ihr Vermögen.
Mit ihren Family Offices Athos und Santo Venture Capital engagieren sich die Strüngmanns aber nicht nur im Pharmabereich. Auch nach digitalen Geschäftsmodellen haben sich die Brüder in den vergangenen Jahren umgeschaut. Mehrere Investments etwa im Finanz- und Versicherungsbereich wurden laut Registerdaten getätigt. Manche der Startup-Wetten könnten noch groß werden, andere wiederum sind längst abgeschrieben oder stehen infrage. Finance Forward stellt die Wichtigsten vor:
Strüngmann-Brüder bei Solaris investiert
Bisher kaum bekannt ist beispielsweise das Investment in Solaris. Bei der Berliner Fintech-Bank sind die Strüngmanns im Oktober 2021 einstiegen – mit einem Betrag von rund 25 Millionen Euro, wie Daten des Analysedienstes Startupdetector nahelegen. Rückblickend ein denkbar schlechter Zeitpunkt: Damals erreichten die Fundings und Bewertungen vieler Startups neue Höchtsstände, mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 aber kippte der Markt. Entlassungen, strenge Sparkurse und empfindliche Downrounds waren die Folge.
Auch Solaris steht seitdem massiv unter Druck. Das Unternehmen verhob sich zunächst mit der Übernahme eines britischen Wettbewerbers, dazu kamen Rügen der Finanzaufsicht, der Verlust wichtiger Fintech-Kunden und nicht zuletzt Finanzierungsprobleme. Aktuell ringt Solaris um einen Befreiungsschlag. Ein neues Investment oder ein Verkauf stehen im Raum. Ob sich das Investment der Strüngmann-Brüder noch bezahlt macht? Den Glauben an das Geschäftsmodell scheinen sie nicht ganz verloren zu haben. Vor gut einem Jahr legten sie über ihr Family Office noch einmal nach.
– Ottonova: Das Insurtech aus München gehört zu den Hoffnungsträgern im Markt, es agiert als privater Krankenversicherer mit Smartphone-First-Denke. An dem Unternehmen sind die Strüngmanns seit 2022 beteiligt, legten im Oktober dieses Jahres sogar noch einmal in siebenstelliger Höhe nach. Das Wachstum bei Ottonova scheint intakt: Innerhalb der nächsten zehn bis 15 Jahre soll die Schwelle von einer Milliarde Euro Prämieneinnahmen erreicht werden, hieß es kürzlich bei der SZ. 2023 waren es 29 Millionen Euro, knapp 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Profitabel ist Ottonova bislang aber nicht.
– Getsafe: Beim Digitalversicherer Getsafe ist die Situation komplizierter. Bei der Firma aus Heidelberg stiegen die Strüngmanns 2021 ein, wie Ottonova hat Getsafe hohe Ambitionen. Es versucht, einen europäischen Versicherungs-Champion aufzubauen, der Schwerpunkt liegt auf Hausrat-, Gebäude- und Haftpflichtpolicen. Zu Jahresbeginn veräußerte Getsafe sein UK-Geschäft, in Frankreich wurde der Vertrieb vorübergehend ausgesetzt. Die Firma sieht sich dennoch gut aufgestellt: Im letzten Jahr hatte Getsafe insgesamt 21 Millionen Euro an Versichertenbeiträgen ausgewiesen, drei Mal so viel wie im Jahr zuvor. Größere Teile davon dürften auf Zukäufe entfallen. Im ersten Halbjahr 2024 habe die Versicherer-Sparte erstmals ein positives Nettoergebnis erzielt, sagte Firmenchef und Mitgründer Christian Wiens im Gespräch mit dem Handelsblatt. Auch die Getsafe-Gruppe nähere sich der Gewinnschwelle: „Wir erwarten, diese im Jahr 2025 zu erreichen.“
Movinga-Wette floppt, Mimi Hearing als Hoffnungsträger
– Bankingly: Bisher unbeachtet blieb auch die Wette der Strüngmanns auf Bankingly. Das Startup aus Uruguay bietet Finanzunternehmen einen Baukasten für mobile Apps an, ein Fokus liegt auf Schwellenländern in Südamerika und Afrika. Es dürfte aber eher zu den Nebenwerten im Strüngmann-Portfolio zählen. Bislang sind knapp 20 Millionen Dollar in das Unternehmen geflossen, das jüngste Funding stammt aus dem Juni vergangenen Jahres. Aktuelle Geschäftszahlen sind nicht bekannt.
– Movinga: Außerhalb der Fintech-Szene engagierten sich die Strüngmanns vor einigen Jahren auch bei Movinga. Die Umzugs-Plattform zählte eine Zeitlang zu den heißesten Wetten der Berliner Startup-Szene, sogar Google liebäugelte mit einem Investment. Auf ging Wette nicht: Movinga verbrannte zu viel Geld, die Gründer flogen aus der Firma und das Startup kam nicht mehr auf die Beine. Zu Jahresbeginn stellte Movinga einen Insolvenzantrag. Für die Strüngmanns besonders bitter: Ihnen gehörte zeitweise die Hälfte der Firma.
– Mimi Hearing: Gut im Rennen scheint indes die Beteiligung an Mimi Hearing zu sein. Beim Berliner Spezialisten für Smartphone-Hörtests stiegen die Strüngmanns initial 2022 ein. Im Mai dieses Jahres gab es finanziell noch einmal Nachschlag. Noch schreibt Mimi laut Registerdaten zwar siebenstellige Verluste, mit seinem Angebot an der Schnittstelle zwischen Gesundheit und KI ist es aber vielversprechend positioniert. Dazu ist mit Apple vor wenigen Monaten ein mächtiger Wettbewerber in den Bereich eingestiegen.