Die Hälfte des VC-Gelds für deutsche Fintechs geht an nur 20 Startups – das zeigt eine exklusive Studie
Der deutsche Fintech-Markt konsolidiert sich – das belegen aktuelle Zahlen von Comdirect und Barkow Consulting. Fast die Hälfte des seit 2012 investierten Kapitals ging an eine Fintech-Elite von nur 20 Startups.
Bei Diskussionen über die deutsche Fintechszene dauert es in der Regel nicht lange, bis von Konsolidierung die Rede ist. Immerhin gibt es in Deutschland aktuell gut 900 Finanz-Startups – dass nicht alle davon überleben werden, ist klar. Eine aktuelle Erhebung von Comdirect und Barkow Consulting, die Finance Forward vorab vorliegt, macht nun deutlich, wie sich in der Szene die Spreu vom Weizen trennt: Demnach haben nur 41 Prozent der Fintechs überhaupt Wagniskapital von Investoren eingesammelt.
Und: Von den insgesamt 4,7 Milliarden Euro, die seit 2012 von VCs in diese Fintechs investiert wurden, ging mit 2,3 Milliarden Euro fast die Hälfte an nur 20 Unternehmen. Abseits der Spitzengruppe verteilten sich die restlichen 2,4 Milliarden Euro auf 345 weitere Unternehmen.
Die zehn größten Fintech-Deals seit 2012
(Stand: Ende September 2019)
- 1. N26 / 2019 / 412 Mio. Euro
- 2. N26 / 2018 / 130 Mio. Euro
- 3. Friday / 2019 / 114 Mio. Euro
- 4. Kreditech / 2017 / 110 Mio. Euro
- 5. Wefox / 2019 / 110 Mio. Euro
- 6. Raisin (Weltsparen) / 2019 / 100 Mio. Euro
- 7. Deposit Solutions (Zinspilot) / 2018 / 86 Mio. Euro
- 8. Kreditech / 2015 / 83 Mio. Euro
- 9. Solarisbank / 2018 / 57 Mio. Euro
- 10. Smava / 2018 / 54 Mio. Euro
Berlin dominiert
Auch andere Erhebungen deuteten zuletzt an, dass sich der deutsche Fintech-Markt immer stärker konsolidiert. Im Februar hatte die Unternehmensberatung KPMG in ihrem Bericht „The Pulse of Fintech“ berichtet, dass Wagniskapitalgeber in Europa immer stärker auf Investments in späteren Phasen setzen. „Infolgedessen ist die durchschnittliche Größe der Deals signifikant gestiegen, während die Anzahl der Deals zurückgegangen ist“, heißt es in dem Bericht.
Die Erkenntnis: Besonders in Deutschland ist es zu einer Sättigung des Fintech-Marktes gekommen. „Während ein paar deutsche Startups in der Lage waren, große Finanzierungsrunden zu sammeln, sind die Wagniskapitalgeber bei ihren Investitionen sehr selektiv geworden und konzentrieren sich nunmehr auf Unternehmen mit dem höchsten Umsatzpotenzial“, schreibt KPMG.
Der Markt reift, das zeigt auch die Zahl der Geschäftseinstellungen. Seit 2011 sind mehr als 230 Fintechs gescheitert — drei Viertel davon seit 2017. Laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers haben 89 Prozent davon kein Wagniskapital eingesammelt.
Die Zahl der Neugründungen steigt unterdessen weiterhin. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres wurden nach Zahlen von Comdirect und Barkow 53 neue Fintechs registriert — elf mehr als im Vorjahrszeitraum. „Wir sehen eine zunehmende Konzentration in der deutschen Fintech-Szene“, sagt Comdirect-Chef Arno Walter. „Gleichzeitig ist die Gründungsdynamik jedoch weiterhin hoch. Auch kleineren Fintechs gelingt es offenbar, ohne große Finanzierungsrunden neue Geschäftsmodelle zu entwickeln – oft, indem sie gezielt die Kooperation zu Banken suchen.“
Auch auf einer weiteren Dimension schreitet die Konzentration des Fintech-Markts voran: Die Investments fließen fast ausschließlich in die Fintech-Metropolen Berlin, München, Frankfurt und Hamburg – zusammen vereinen sie seit 2012 jeweils zwischen 86 und 96 Prozent des gesamten Wagniskapitals auf sich. Die Hauptstadt wird dabei immer wichtiger: Ihr Anteil an den VC-Investments ist von 43 Prozent im Jahr 2014 auf aktuell 84 Prozent gestiegen. Verantwortlich dafür sind maßgeblich drei außergewöhnlich hohe Finanzierungsrunden: für Friday, Raisin – und natürlich N26.