Bitpanda-CEO Eric Demuth (im Fokus) auf der Finance-Forward-Konferenz (Bild: Kai Weise)

Neue Bitpanda-Zahlen: Umsatz bricht um 80 Prozent ein, Verlust bei über 100 Millionen Euro

Exklusiv: Die schlechte Marktstimmung hat sich auch auf die Geschäftszahlen von Bitpanda ausgewirkt. Bei der wichtigsten Kryptobörse aus dem deutschsprachigen Raum fiel der Umsatz 2022 von 477 Millionen auf 90 Millionen Euro – der Verlust explodierte regelrecht.

Die Wiener Kryptobörse Bitpanda galt lange als Überflieger unter den europäischen Fintechs: Die Firma wuchs und wuchs, gleichzeitig stand am Ende des Jahres dennoch regelmäßig ein Gewinn. So stieg der Umsatz im Hypejahr 2021 um rasante 764 Prozent auf 477,9 Millionen Euro, trotzdem blieben noch 37,5 Millionen Euro bei dem Startup hängen. Das dürften die besten Zahlen sein, die ein Fintech 2021 im deutschsprachigen Raum vorweisen konnte.

Ein Jahr später schlägt sich nun die schlechte Stimmung im Kryptomarkt brutal in den Geschäftszahlen nieder. Der Nettoumsatz fiel um 80 Prozent auf 90 Millionen Euro. Eine außerplanmäßige Abschreibung von 33 Millionen Euro zog das Ergebnis weiter nach unten. Die Zahlen gehen aus dem Jahresabschluss hervor, der Finance Forward vorliegt.

Parallel hatte Bitpanda das Team stark ausgebaut. Im Schnitt zählte das Fintech im vergangenen Jahr 600 Vollzeitstellen, 2021 waren es noch 400. Schon im Laufe des Jahres steuerten die Gründer Eric Demuth und Paul Klanschek gegen und entließen rund 270 Angestellte. In den Geschäftszahlen zeigte sich bereits, dass die Personalkosten gesunken waren, trotzdem reichte es nicht: Am Ende blieb ein Verlust von rund 116 Millionen Euro – mehr als der Nettoumsatz des Unternehmens.

Stärker als der große Konkurrent Coinbase gefallen

In den Geschäftszahlen sieht man die Tücken einer Börse: In guten Zeiten haben die Anbieter einen sogenannten operativen Hebel – die Fixkosten wachsen nicht so stark mit wie die Umsätze. Das Geschäft wirft Gewinne ab. Doch in schlechten Zeiten macht sich dieser Effekt ebenfalls stark bemerkbar. Handeln die Menschen nicht, brechen auch die Umsätze ein – und die Fixkosten müssen trotzdem gedeckt werden. Bei Bitpanda machte sich das bemerkbar, weil das Fintech in seinem Rekordjahr dabei war das Team aufzubauen. Als Gegenmaßnahmen fuhr man das Marketing zurück und verordnete sich einen Einstellungsstopp.

Zu den schlechten Zahlen heißt von Bitpanda-CEO Eric Demuth auf Nachfrage: „Die ganze Branche hatte mit einem Rückgang des Interesses zu kämpfen, was sich auf Krypto-Plattformen und Fintechs weltweit ausgewirkt hat – auch auf Bitpanda.“ Zusätzlich hätten „einige Einmaleffekte“ im Vorjahr den Umsatz erhöht, während der „tatsächliche Transaktionsumsatz“ eigentlich niedriger gewesen sei. Dabei handelte es sich um Neubewertungen von Krypto-Handelsbeständen, teilt das Unternehmen mit. „Die Umsatzvergleiche von 2022 im Vergleich zu 2021 sind jedoch völlig im Einklang mit dem Markt hinsichtlich einer B2C-Plattform in 2022.“ Tatsächlich lag der Umsatzeinbruch beispielsweise im Endkunden-Segment von Coinbase nur bei einem Minus von 65 Prozent.

Rückkehr in die Gewinnzone geplant

Das Unternehmen nutze nun die Zeit, um sein Produkt weiter zu entwickeln, betont der CEO. Bitpanda tritt nun auch als Tech-Dienstleister für andere Unternehmen wie N26 oder Coinbase auf und hat das Trading-Angebot für professionelle Händler ausgegründet. „In jedem Krypto-Zyklus konsolidiert sich der Markt, und jene Unternehmen, die investieren und ihr Produkt stetig verbessern, wachsen im nächsten Zyklus das Fünf- bis Zehnfache“, sagt Demuth. Außerdem hat das Unternehmen eine Lizenz der Finanzaufsicht Bafin erhalten und darf nun auch auf dem deutschen Markt werben.

Das Geschäft mit Aktien und ETFs will Demuth weiter ausbauen, um sich unabhängiger von den Krypto-Zyklen zu machen. Am Jahresende hielten die Bitpanda-Kunden zuletzt Aktien und ETFs im Wert von rund 100 Millionen Euro. Die Kryptobestände dürften hingegen im Milliardenbereich liegen. Vier Millionen Kundinnen und Kunden zählt das Unternehmen. Alle Anstrengungen hätten zu „einer signifikanten Steigerung unseres Betriebsergebnis“ in diesem Jahr geführt, „was letztendlich zur Rückkehr des Unternehmens in die Gewinnzone“ führen werde.

Gab es eine Abwertung?

Auch zu der heiklen Frage der Firmenbewertung enthält der Jahresabschluss pikante Details. Bitpanda wurde einst von bekannten Geldgebern wie Peter Thiels Valar Ventures und Hedosophia mit rund 3,3 Milliarden Euro bewertet. Doch die Fintech-Bewertungen sind zurzeit unter Druck.

In dem Teil des Berichts, in dem es um das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm geht, heißt es: „Auf der Grundlage der Unternehmensbewertung in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro (2021: 3,3 Milliarden Euro; Unternehmenswert 2021 abgeleitet von der Series-C-Finanzierungsrunde) wurde die Rückstellung im Geschäftsjahr angepasst.“ Demnach reduzierten die Wirtschaftsprüfer den Firmenwert, den sie bei der Berechnung der Rückstellungen zugrunde legten.

Vom Unternehmen heißt es: „Es handelt sich hier lediglich um die bilanzielle Bewertung gemäß österreichischer Bilanzierungsstandards der Rückstellungen für das Mitarbeiterprogramm, welche unter anderem im Zuge der Umgründung notwendig war.“ Bei der Umgründung handelt es sich um eine Veränderung in der Firmenstruktur. Ein gutes Zeichen dürfte die Neubewertung trotzdem nicht sein.