Der neue ETF auf Bitcoin stößt in den USA auf überwältigende Nachfrage. (Bild: imago/Alexander Limbach)

Bitcoin.de – wer ist der deutsche Player unter den Krypto-Börsen?

Steigt der Bitcoin, steigt auch die Aktie der Bitcoin Group. Aber was ist das für ein Unternehmen? Und wie verdient es sein Geld?

Der Wert von Bitcoin, so lautet eine ungeschriebene Krypto-Regel, korreliert mit dem Google-Suchvolumen zu dem Begriff Bitcoin. Legt man die Charts übereinander, zeigt sich: Da ist etwas dran.

Seit mehreren Jahren schon ist eine Webseite ganz oben unter den Suchergebnissen in Deutschland: die Krypto-Börse Bitcoin.de. Nach aktuellen Schlagzeilen und dem Wikipedia-Eintrag über die älteste Kryptowährung ist die Webseite für viele Interessenten der erste Berührungspunkt mit der Welt der Coins.

Hinter Bitcoin.de steht die börsennotierte Bitcoin Group SE aus dem ostwestfälischen Herford. Und die zeigt eine weitere Korrelation: Ihr Aktienkurs bewegt sich fast parallel zur Wertentwicklung des Bitcoins. Grund genug, einmal genauer hinzuschauen: Ist die Bitcoin Group nur eine Art Bitcoin-Zertifikat? Oder was kann das Unternehmen wirklich?

Ebay für Kryptowährungen

Die Preisentwicklung legt nahe, dass Anleger die Bitcoin Group vor allem nach der Kursentwicklung von Bitcoin bewerten – und weniger nach den konkreten Geschäftsaussichten des Unternehmens. Denn für das Geschäftsmodell der Firma sollte eigentlich weniger wichtig sein, wie sich der Preis entwickelt, sondern eher, wie viel gehandelt wird: Das Unternehmen verdient pro Trade. Neben Bitcoin können Kunden auch Ether (ETH), Bitcoin Cash (BCH), Bitcoin Gold (BTG), Litecoin (LTC) und Bitcoin Satoshi Vision (BSV) handeln.

Bitcoin.de unterscheidet sich von anderen Krypto-Börsen wie Coinbase oder Kraken dadurch, dass Nutzer ihre Kryptowährungen wie auf einem Marktplatz zu einem bestimmten Preis anbieten, es ist eine sogenannte Peer-to-Peer-Börse. Das Modell kann man eher mit Ebay vergleichen als mit Börsen, bei denen man direkt vom Händler selbst kauft.

Für ihren Marktplatz kooperiert die Bitcoin Group mit der Fidor Bank: Ist der Kaufpreis auf das Verkäuferkonto überwiesen, werden die Bitcoins in das Wallet des Käufers übertragen. Das ist ein Unterschied zu Börsen wie Kraken, Bitpanda oder Coinbase: Weil die Nutzer ihr Geld nicht auf ein Treuhandkonto überweisen, sondern direkt von ihrem Bankkonto aus bezahlen, sind die zum Handel verwendeten Euros einlagengesichert (die Kryptowerte allerdings nicht).

Die Geschichte hinter dem Unternehmen ist eine von Umbenennungen, Übernahmen und Fusionen: Die Domains Bitcoin.de und Bitcoins.de sicherte sich Seriengründer Oliver Flaskämper mit seiner Bitcoin Deutschland AG bereits 2011 – für damals 29.000 Euro. Er gilt in der deutschen Bitcoin-Szene als einer der Vordenker. Mit seiner Vermögensholding Priority AG übernahm er 2014 die Innovative Capital SE als Mantelgesellschaft, nannte sie in Bitcoin Group SE um und übernahm ein Jahr später damit seine Bitcoin Deutschland AG.

Jahresziel: eine Million Kunden

Vor ein paar Monaten fusionierte die Gruppe ihre Bitcoin-Sparte dann mit der Futurum Bank, die sie fast zeitlich mit Bitcoin.de übernommen hatte. Damit sollten Prozesse vereinfacht und Kosten gespart werden. Zudem sei das der erste Schritt, das Geschäft auf institutionelle Investoren auszuweiten, hieß es. Daran arbeiten aktuell 28 Mitarbeiter, 14 für Bitcoin.de und 14 für die Futurum Bank. Flaskämper gab im Zuge der Verschmelzung seine Rolle als geschäftsführender Direktor der Gruppe auf, bleibt jedoch Vorstand ihres Mehrheitsaktionärs Priority AG.

Für das erste Halbjahr 2020 konnte die Bitcoin Deutschland AG ihren Umsatz auf 6,2 Millionen Euro erhöhen – von 2,5 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Deutlicher zeigt der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen das rasante Wachstum: Das Ebitda stieg von 1,2 auf 4,2 Millionen Euro – ein Zuwachs von 239 Prozent. Das Unternehmen verdient sein Geld mit Transaktionsgebühren von einem Prozent, die Käufer und Verkäufer jeweils zur Hälfte zahlen. Bei automatisierten Trades, dem sogenannten Expresshandel, fallen nur 0,8 Prozent an Gebühren an.

Marco Bodwein von der Bitcoin Group (Bild: PR)

Mit etwas mehr als 900.000 Kunden ist Bitcoin.de damit eine der größten Bitcoin-Börsen im deutschsprachigen Raum. „In diesem Jahr wollen wir eine Million Kunden erreichen“, sagt Marco Bodewein, Managing Director der Bitcoin Group im Gespräch mit Finance Forward.

Die App Bitpanda aus Österreich hat bereits Mitte 2019 die Millionenmarke geknackt und steht mittlerweile bei 1,5 Millionen Nutzern – sie konnte Bitcoin.de also schon vor einiger Zeit überholen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Bitcoin.de erst seit etwa einem halben Jahr eine App anbietet – ein Faktor, der für viele Kunden wichtig ist. „Gerade bei einer volatilen Währung wie Bitcoin ist für viele Nutzer wichtig, auf Marktbewegungen auch von unterwegs aus reagieren zu können“, gibt Bodewein zu. Vorher waren Trades nur über den Desktop möglich.

Da stellt sich die Frage, wie viele Kunden Bitcoin.de über die Jahre hätte ansammeln können, wenn das Unternehmen schon zum Bitcoin-Boom 2017 eine App gehabt hätte, wie etwa Coinbase oder Kraken. „Ich verstehe nicht, wie man mit so einem Vorsprung und mit dieser Domain so wenig aus der Firma gemacht hat“, kommentiert ein Branchenkenner die Nutzerzahl.

Ein Vergleich zu Coinbase

In diesem Jahr soll es erst richtig los gehen, sagt der Manager. Das Unternehmen will Lösungen für institutionelle Investoren schaffen – denn die gelten als Haupttreiber hinter dem jüngsten Bitcoin-Hype. Bislang hatte sich Bitcoin.de ausschließlich an Privatnutzer gerichtet. Auch über Bitcoin-Automaten und möglicherweise sogar eine Vollbanklizenz für seine Futurum-Bank denkt Bodewein nach. „2021 wird das Jahr der Neuerungen bei der Bitcoin Group“, sagt er.

Ob die Bitcoin Group mit Produktinnovationen Einfluss auf ihren Aktienkurs nehmen kann, wird sich zeigen – zuletzt war es unbestreitbar vor allem die Preisentwicklung des Bitcoins, von der die Aktie abhing. Zum Krypto-Boom 2017 erreichte die Aktie einen Wert von 79 Euro, seither bewegte sie sich zwischen 20 und 40 Euro. Im Dezember ging es wieder aufwärts, auf zwischenzeitlich 70 Euro, bevor sie Anfang des Jahres wieder auf 55 absank.

Gleichzeitig verweist das Unternehmen selbst stolz auf seinen beachtlichen Eigenbestand an Kryptowährungen: Zwischenzeitlich überstieg deren Wert die Grenze von 100 Millionen Euro, der Großteil davon in Bitcoin. Das soll ein zweites Standbein für das Unternehmen sein. „Dass sich die Entwicklung bilanziell für unser Unternehmen und somit in doppelter Hinsicht für unsere Aktionäre positiv auswirkt, ist eine buchstäbliche Win-win-Situation“, kommentierte Bodewein den jüngsten Bitcoin-Boom.

Im Vergleich mit der US-Kryptobörse Coinbase, die noch in diesem Jahr an die Börse gehen will, ist die Bitcoin Group allerdings recht günstig bepreist. Coinbase könnte bei seinem Börsengang laut Analysten eine Bewertung von 28 Milliarden Dollar erreichen. Bei diesem Preis wäre jeder der 35 Millionen Coinbase-Kunden fast 800 Dollar (etwa 660 Euro) wert. Zum Vergleich: Bei der aktuellen Marktkapitalisierung von fast 300 Millionen Euro und 900.000 Kunden liegt die Bitcoin Group bei unter 400 Dollar (etwa 322 Euro) pro Kunde – also die Hälfte davon. Zieht man den Eigenbestand an Kryptowährungen davon noch einmal ab, dann wird der Unterschied zwischen der Bitcoin Group und Coinbase noch größer.