„Es war schmerzhaft“ – Finanzaufsicht löst Wachstumsbremse bei N26
N26 hat seine Pflichten im Kampf gegen Geldwäsche und Betrug offenbar erfüllt, die Finanzaufsicht hebt die Wachstumsbeschränkungen für das Fintech nach zweieinhalb Jahren auf. Zündet das Unternehmen nun den Marketingturbo?
Die Berliner Neobank N26 kann wieder unbegrenzt wachsen – zumindest theoretisch. Eine von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) auferlegte Beschränkung auf höchstens 60.000 Neukunden im Monat wird von Juni an vollständig aufgehoben. Dies teilte das milliardenschwere Fintech am Dienstag in Berlin mit.
N26-Gründer Valentin Stalf zeigte sich erfreut über die Entscheidung. „Die letzten zweieinhalb Jahre waren für unser Wachstum schmerzhaft, insofern ist sie für uns ein großer Meilenstein“, sagte Stalf. Er sprach zudem von einem „engen und guten Austausch“ mit der Behörde, den das Unternehmen künftig fortsetzen wolle.
Auflagen verzögerten wichtige Produkte
Weil N26 nach Ansicht der Bankenwächter in den Anfangsjahren zu schnell gewachsen ist und gleichzeitig zu wenig gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unternahm, ordnete die Bafin im Sommer 2021 umfangreiche Kontrollmaßnahmen an. Zunächst schickte die Behörde dem Fintech einen Sonderbeauftragten ins Haus, später folgten ein Bußgeld in Millionenhöhe sowie ein Neukundendeckel. Dieser lag anfangs bei 50.000 Neukunden im Monat. Im Dezember 2023 wurde das Limit auf 60.000 angehoben.
Dem N26-Chef zufolge erreichte das Unternehmen die Zahl zwar annähernd, sinnvoll ins Marketing investieren konnte das Fintech so aber auch nicht. Während Wettbewerber wie Trade Republic oder Scalable mit teils provokantem Werbeaktionen stark wuchsen, fiel N26 in der öffentlichen Wahrnehmung zurück. Gleichzeitig reagierte die Neobank erst spät auf wichtige Trends. Funktionen beispielsweise für den Handel mit Kryptowährungen oder Aktien führte N26 erst Anfang vergangenen Jahres und dieses Jahres ein. Ein verspätet gestartetes Hochzinsangebot dürfte das Wachstum ebenfalls gehemmt haben.
N26 gab mehr als 100 Millionen Euro aus
Die Querelen mit der Finanzaufsicht belasteten das Fintech zusätzlich – auch finanziell. Nach eigenen Angaben investierte die Neobank in den letzten zwei Jahren mehr als 100 Millionen Euro in ihr Risikomanagement. Ein Schwerpunkt habe dabei auf Systemen basierend auf künstlicher Intelligenz gelegen, wie N26 mitteilte. Diese sollen das Betrugsrisiko eines Kunden etwa schon analysieren, noch bevor dieser überhaupt ein Konto bei der Bank eröffne.
Wie gut die Sicherungsmaßnahmen greifen, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Eine groß angelegte Marketingkampagne wäre sicherlich ein guter Belastungstest, die Aufnahme von 60.000 oder deutlich mehr neuen Kunden steht dem Fintech nun jedenfalls offen.
N26-Chef Valentin Stalf wollte entsprechende Maßnahmen am Dienstag aber noch nicht in Aussicht stellen. Zwar gebe es genug Nachfrage nach den Angeboten von N26, zunächst wolle man sich jedoch nur schrittweise an das Marketing herantasten. „Unser Fokus liegt vor allem darauf, im zweiten Halbjahr erstmals profitabel zu werden“, sagte Stalf. Kompromisse wolle das Fintech in dieser Hinsicht nicht eingehen. Die Gewinne sollen auf Monatsebene realisiert werden – und die Marketingkosten beinhalten.