Fintech-Angels: Die zurückgezogenen Interhyp-Gründer und ihr Portfolio
Es ist ihnen schon einmal gelungen, ein großes Fintech aufzubauen, jetzt setzen viele Gründer auf die nächste Startup-Generation – und investieren als Business Angels. Die Interhyp-Gründer sind an mindestens elf Startups beteiligt. Teil drei unserer Serie „Fintech-Angels“.
Sie gehören zu den deutschen Fintech-Pionieren. Marcus Wolsdorf und Robert Haselsteiner haben die Baufinanzierungsplattform Interhyp aufgebaut, das Startup 2005 zunächst an die Börse gebracht und später zu einer Bewertung von 400 Millionen Euro an die Bank ING verkauft.
Seit die beiden vor zehn Jahren die Unternehmensführung von Interhyp verlassen haben, investieren sie zunehmend in Startups – nur selten treten Wolsdorf und Haselsteiner öffentlich auf. Mit einem Projekt haben sie dennoch für größere Aufregung gesorgt: Vor acht Jahren gründeten sie das gemeinnützige Verbraucherportal Finanztip und holten den bekannten Journalisten Hermann-Josef Tenhagen an Bord.
Finanzbildung im Fokus
Die Berliner Firma Forget Finance steht zurzeit in den Startlöchern, sie will für ihre Nutzer ein Finanzcoaching entwickeln und nach einer Analyse auch Anlagen vermitteln, ein „Best-of“ von den Vergleichsseiten. Momentan gibt es noch eine Warteliste.
Die Firma passt in die aktuelle Zeit. In einem überhitzten Aktienmarkt, der für einen Teil der Anleger zur Spielerei geworden ist und in den immer neue Anleger strömen, entsteht zurzeit eine neue Gruppe von Startups – eine Gegenbewegung, die sich auf Finanzbildung fokussiert. Zwei Gründer mit Erfahrung stehen hinter dem Unternehmen: Konradin Breyer war Produktverantwortlicher bei der Fitness-App Freeletics und Jurek Herwig war Technikchef in der Entwicklungsagentur der Commerzbank.
Erstes Geld gab es vor wenigen Wochen von HW Capital, der Beteiligungsgesellschaft von Wolsdorf und Haselsteiner. Sie sind bislang die einzigen Investoren. Forget Finance will sich noch nicht äußern. Aus der Szene heißt es, die Interhyp-Gründer würden in der Größenordnung von bis zu einer halben Million Euro investieren – für Angels ein hoher Betrag.
Auch bei dem britischen Startup Finimize von Maximilian Rofagha steht Finanzbildung im Fokus, ebenfalls im Portfolio von HW Capital. Das Fintech hat eine Investment-Community mit etwa einer Million Menschen aufgebaut – gerade für junge Menschen, die gelegentlich ihr Geld anlegen wollen. „Der Kleinanleger ist nicht immer der Dummie“, sagt der Gründer im FinanceFWD-Podcast.
Ein Portolio-Überblick:
– Circula ist eine App für Reisekostenabrechnungen, vor einigen Jahren von Nikolai Skatchkov und Roman Leicht gegründet. Es hat etwa 40 Mitarbeiter, zu den weiteren Geldgebern gehört Capnamic.
– Der Identifizierungs-Dienst Idnow aus München ist auch eine Beteiligung. Gerade Fintech-Firmen sind auf den Dienst der Firma angewiesen, während der Corona-Krise gab es einen Ansturm auf den Service.
– Getsafe beantragt zurzeit eine eigene Versicherungslizenz, es will über seine App vor allem Versicherungen an junge Menschen verkaufen.
– Das Vergleichsportal für Gewerbeversicherungen Finanzchef24 gehört ebenfalls zu den Beteiligungen. Im vergangenen Jahr gab es dort einen Führungswechsel.
– Bei dem Bonitäts-Startup Bonify sind sie ebenfalls an Bord.
– Molo ist ein britischer Online-Immobilienfinanzierer, der die Kredite selbst vergibt. Das Startup hat bereits 280 Millionen Pfund aufgenommen, braucht aber auch viel Geld, um die Kredite zu vergeben. Es ist eine Weiterentwicklung des Interhyp-Geschäftsmodells. Das britische Startup Selina vergibt Hypothekendarlehen – und befindet sich ebenfalls im Portfolio von HW Capital.
– Ein weiterer Schwerpunkt für HW Capital sind Münchner Firmen: Die Software für Baudokumentation Capmo, die Sales-Software Ciara und Banovo, ein Vermittler für Badsanierungen.
– SuitePad ist außerdem eine Software für digitale Gästekommunikation von Restaurants.
Einige Portfolio-Wetten sind für Marcus Wolsdorf und Robert Haselsteiner bereits aufgegangen. Visa kaufte ihre Beteiligung bei Payworks, beim Käuferportal, das an Prosiebensat.1 verkauft wurde, waren sie ebenfalls beteiligt. Beim Savedo-Exit, ebenfalls eine Beteiligung, blieb hingegen nach Informationen von Finance Forward nicht viel übrig. Im aktuellen Portfolio muss sich erst noch zeigen, welche von den Firmen richtig groß wird.
Circula-Gründer Skatchkov berichtet, man merke in der Zusammenarbeit mit den beiden Interhyp-Gründern die langjährige Geschäftserfahrung und das Netzwerk der beiden. „Sie haben uns einige Türen geöffnet“, sagt der Gründer. Ein Einstieg von HW Capital sei zudem ein Signal für andere Geldgeber.