Nach Exit an Allianz: Der erstaunliche Schrumpfkurs von Simplesurance
Vor zwei Jahren schluckte der Versicherungsriese Allianz das Berliner Startup Simplesurance – verbunden mit der Hoffnung, stärker an einem milliardenschweren Zukunftsmarkt teilzuhaben. Bislang bringt die Übernahme aber vor allem eines: hohe Verluste.
Eigentlich bewiesen die Allianz-Manager gutes Gespür. Als der Versicherungskonzern 2016 über seinen Beteiligungsarm Allianz X beim Berliner Startup Simplesurance einstieg, standen der Insurtech-Szene die fetten Jahre erst noch bevor. Das Geschäft von Simplesurance entwickelte sich in den Folgejahren gut. Der Firma gelang es, zu einem der wichtigsten Vermittler von Handy- und Elektronikversicherungen in Onlineshops aufzusteigen. Zwischen Simplesurance und dem späteren Milliarden-Startup Clark entwickelte sich ein Zweikampf auf Augenhöhe.
Dass der Versicherungskonzern das Startup 2022 für einen verhältnismäßig kleinen Betrag komplett schluckte, überraschte daher kaum. Es dürfte sich um rund 30 Millionen Euro handeln, wie Deutsche Startups damals berichtete. Von dem Deal versprachen sich beide Seiten dennoch viel: Die Übernahme ermögliche eine weitere Vertiefung der Partnerschaft, hieß es damals in einer Mitteilung. Man wolle „geschäftliche Synergien beim Einsatz von Technologien und im Kundenservice nutzen“, auch um langfristig vom Trend um Embedded Insurance zu profitieren. Bis 2030, so die Erwartung, solle der Markt ein Volumen von geschätzt 700 Milliarden US-Dollar erreichen und einen Teil wollte die Allianz dabei erobern.
Umsatz sinkt weiter, Verlust explodiert
Allein: Gezündet hat der vermeintliche Wachstumsturbo bei Simplesurance auch nach der Übernahme durch die Allianz nicht. Tatsächlich ist das Versicherungs-Startup auch 2022 weiter geschrumpft, wie ein kürzlich veröffentlichter Geschäftsbericht zeigt. Demzufolge sanken die Umsatzerlöse im Vergleich zum Vorjahr um weitere 19 Prozent – auf insgesamt rund 4,2 Millionen Euro. Für das Ergebnis macht das Unternehmen im Bericht die Corona-Pandemie sowie Inflationszuwächse infolge des Ukraine-Kriegs verantwortlich.
Simplesurance agiert als sogenannter Embedded-Insurance-Anbieter, bietet unter anderem Onlineshops die Möglichkeit, Kunden im Bestellprozess zusätzlich eine Versicherung abzuschließen. Dem Bericht zufolge sanken etwa die Beitragseinnahmen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp zehn Prozent.
Erschwerend für Simplesurance hinzu kam ein erheblich höherer Verlust. Der Jahresfehlbetrag belief sich per Ende 2022 auf rund 19 Millionen Euro, mehr als drei mal so viel wie im Vorjahr (6,2 Millionen Euro). Interessant: Nicht nur Abschreibungen etwa auf Finanzanlagen haben laut Bericht zu diesem Ergebnis geführt, sondern auch die Übernahme durch die Allianz selbst. Bei der Transaktion habe es „einmalige Rechts- und Beratungskosten“ gegeben.
Immerhin: Im Prognoseteil des Berichts stellt Simplesurance nach Jahren rückläufiger Einnahmen erstmals wieder ein Wachstumsplus in Aussicht. „Die Gruppe erwartet für 2023 „ein Prämienwachstum im einstelligen und ein Umsatzwachstum im zweistelligen Prozentbereich im Vergleich zum Geschäftsjahr 2022“, heißt es dazu.
Hoffnungen machen dem Unternehmen offenbar mehrere „Projekte innerhalb vom Allianz-Konzern zur Erschießung digitaler Vertriebskanäle“, die absehbar zu einem „beschleunigten Umsatzwachstum“ führen sollen. Auch beim operativen Ergebnis erwartet das Unternehmen eine Verbesserung: Für 2023 peilt Simplesurance einen Verlust unterhalb von 6,2 Millionen Euro an.
Hoffnungen ruhen auf „IT-Geschäft“
Ob die Prognosen im vergangenen Jahr so letztlich eingetroffen sind, ist noch unklar. Simplesurance wollte sich auf Anfrage von Finance Forward nicht zur aktuellen Geschäftslage äußern.
Große Hoffnungen scheint das Unternehmen inzwischen allerdings auf Geschäftsfelder jenseits des klassischen Versicherungsgeschäfts zu legen. Im Bericht ist von „IT-Dienstleistungen“ die Rede: Diese hätten 2022 rund 500 Prozent mehr Umsatz eingebracht als noch im Jahr zuvor. Welche Dienstleistungen in den Bereich fallen, kommentierte Simplesurance auf Anfrage nicht. Als wahrscheinlich gilt, dass das Startup hiermit vor allem Geschäfte mit White-Label-Lösungen meint, die es Partnern anbietet. Dazu gehören beispielsweise auch Schnittstellen zum Betrieb von Serviceportalen oder Schadenmanagement.
Vom reinen Maklergeschäft hat sich Simplesurance indes kürzlich verabschiedet. Im vergangenen Herbst verkaufte das Startup seine Makler-App Schutzklick, ausgerechnet an den einstigen Rivalen Clark. Dem Versicherungskonzern Allianz als Eigentümer von Simplesurance dürfte das nicht zu sehr stören. Er ist auch bei Clark investiert.