Trade-Republic-Gründer reagiert auf Shitstorm: „Es handelt sich um einen beispiellosen Fall“
Die Broker-App Trade Republic hat am Donnerstag viel gehandelte Aktien wie Gamestop, AMC und Blackberry gesperrt – und erlebte einen heftigen Shitstorm. Vorausgegangen war ein Kampf zwischen Hedgefonds und Kleinanlegern. Nun spricht Gründer Christian Hecker über die Kritik.
Aus einem Gag ist ein Politikum geworden. Seit einigen Tagen haben sich Kleinanleger der Reddit-Gruppe Wallstreetbets zusammengetan und treiben den Aktienkurs von schwächelnden Unternehmen in die Höhe, darunter die Computerspielladen-Kette Gamestop oder die Handymarke Blackberry. Sie wollen auf diese Weise erreichen, dass Hedgefonds, die auf fallende Kurse dieser Aktien gewettet haben, hohe Verluste erleiden. Der Kurs von Gamestop stieg zeitweise um 1.700 Prozent.
Broker-Apps wie Robinhood haben am Donnerstag den Handel vieler der Aktien ausgesetzt und kassieren nun massive Kritik. Die Größen aus dem Silicon Valley, aber auch US-Politiker kritisieren den Schritt und solidarisieren sich mit den Kleinanlegern. Die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez nannte die Sperrung „nicht akzeptabel“.
Update, Freitag, 29. Februar 2021: In einer Nachricht an seine Kunden hat Trade Republic angekündigt, die Sperrung des Handels aufzuheben. Alle Details und die Mail an die Kunden lest ihr hier auf Finance Forward.
Finance Forward hat am Donnerstagabend mit Trade-Republic-Gründer Christian Hecker gesprochen.
Christian, ihr erlebt gerade einen heftigen Shitstorm, weil ihr den Aktienhandeln von einigen Titeln wie Gamestop, AMC, Blackberry und Nokia ausgesetzt hab. Wie begründet ihr diesen drastischen Schritt?
Erst einmal muss ich sagen, dass wir als Trade Republic für den freien Markt eintreten. Aufgrund des Hypes dieser US-Nebenwerte und der außerordentlichen Volatilität sind wir zu dem Schluss gekommen, dass eine vorübergehende Anpassung des Angebots notwendig ist. Alle Anleger, die in die Titel investiert sind, können aber noch verkaufen. Wichtig ist uns, die Stabilität der Plattform für alle Nutzer sicherzustellen und das war zwischenzeitlich nicht mehr gewährleistet.
Das sind jetzt zwei Begründungen: Gibt es technische Probleme oder wollt ihr die Leute schützen?
Generell müssen wir unsere Kunden nicht schützen, weil sie die besten Entscheidungen treffen. Bei dem aktuellen Hype der genannten größtenteils amerikanischen Nebenwerte handelt sich um einen beispiellosen Fall, den wir am Markt so noch nicht gesehen haben und der auch erhebliche Verlustrisiken mit sich bringt. Darüber haben wir unsere Kunden heute informiert.
Es ist nicht trotzdem ein Eingriff in die Anlageentscheidung eurer Nutzer? Man könnte ja argumentieren, Tesla sei auch überbewertet. Wo fängt das an – wo hört das auf?
Wir sind kein Anlageberater, wir machen keine Aussage über die einzelnen Titel. Dennoch ist es eine beispiellose Lage, gemessen an dem in verschiedenen sozialen Medien ausgelösten Hype dieser Aktien und ihrem realwirtschaftlichen Wert. Wir haben uns die Entscheidung heute auch nicht leicht gemacht und werden die Lage eng monitoren. Ziel ist es schnellstmöglich in den Normalmodus zurückzukehren.
Nutzer kündigen schon an, euch zu verklagen. Plant ihr ein Entgegenkommen oder eine Entschädigung?
Erst einmal wollen wir unseren Schritt noch einmal erläutern. Dies haben wir wegen der Dringlichkeit noch nicht in vollem Umfang getan. Es bedauern sehr, dass unsere Kunden heute nicht wie sonst stabil mit der App handeln konnten.
In den USA gibt es schon Theorien, dass Robinhood Druck von den Hedgefonds bekommen hat. Weil diese Geschäftsbeziehungen mit Robinhood haben. Gab es bei euch Druck von irgendeiner Seite?
Wir haben keine Beziehungen zu irgendeinem Hedgefonds und haben die Entscheidung völlig unabhängig getroffen
Ihr hattet heute auch technische Probleme, die App war eine Zeitlang down. Was war das Problem?
Wir waren heute wie viele andere Brokern in den USA, in Europa und Deutschland davon betroffen, dass die Systeme dem außerordentlichen Ordervolumen und der Volatilität nicht standhalten konnten. Weil der Ansturm so groß war, verzögerte sich der Handel – und es gab bei unseren Handelspartnern zunehmende Schwierigkeiten die Orders auszuführen. Wie zu Beginn der Coronakrise. Seit dem späten Nachmittag läuft die App wieder stabil.
Lag das Problem bei euch?
Die Ausführung der Orders bei unseren Handelsplatzpartnern hat sich verzögert und in der Folge verschiedene Probleme verursacht. Die App lief parallel weiter, Derivate waren beispielsweise gar nicht betroffen.
Kannst du den Ansturm beziffern?
Nicht konkret. Der Anstieg war exponentiell.Wir werten das derzeit noch aus.