Millionen-Exit in München: Tink kauft Fintecsystems
Es gibt Bewegung im Open-Banking-Markt: Das schwedische Startup Tink übernimmt den deutschen Anbieter Fintecsystems, um auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Das Unternehmen hatte zuletzt eigentlich eine neue Finanzierungsrunde angestrebt.
Spektakulärer Exit in der deutschen Fintech-Branche: Der Münchner API-Spezialist Fintecsystems verkauft sich an den gut finanzierten schwedischen Open-Banking-Riesen Tink. Der hatte seit Januar vergangenen Jahres in diversen Finanzierungsrunden insgesamt rund 180 Millionen Euro eingesammelt – genügend Mittel, um damit jetzt auf Einkaufstour zu gehen.
Wie viel von dem Geld nun an die Fintecsystems-Eigner fließt, ließ sich nicht in Erfahrung bringen. Als realistisch dürfte eine Bewertung mindestens im gehobenen zweistelligen Millionenbereich gelten. Fintecsystems befand sich in den vergangenen Monaten auf Kapitalsuche. Die Nachricht deutet nun darauf hin, dass ein Verkauf attraktiver war.
Drei Schnittstellen-Startups haben ihre Eigenständigkeit verloren
So lukrativ der Exit aus Sicht der Eigentümer sein mag – aus Sicht der deutschen Fintech-Szene bedeutet er, dass von den fünf seit 2010 gegründeten deutschen API-Startups nun drei ihre Eigenständigkeit verloren haben: Ende 2o18 hatte sich zunächst finAPI an die Schufa verkauft, also an die im Besitz der deutschen Banken befindliche Wiesbadener Wirtschaftsauskunftei.
Wenige Monate später ging Figo in der Berliner Finleap-Gruppe auf. Und nun: der Fintecsystems-Exit an Tink.
Damit bleibt von den reinen Schnittstellen-Spezialisten nur noch Banksapi übrig, also das API-Startup des Münchner Selfmade-Unternehmers Reinhard Tahedl. Das allerdings findet seine Kunden bislang eher unter Versicherern und Vermögensverwaltern als unter klassischen Banken.
Die Hoffnung, dass von Deutschland aus die großen europäischen Open-Banking-Player geschmiedet werden, droht damit zu schwinden. Denn: Nicht nur am Beispiel Tinks ist zu beobachten, dass die großen Finanzierungen seit geraumer Zeit im skandinavischen sowie im angelsächsischen Raum injiziert werden. So verkündete der britische Open-Banking-Spezialist Truelayer jüngst eine Finanzierungsrunde über 70 Millionen Dollar – und will mithilfe dieses Fundings nun nach Deutschland expandieren. Ein weiterer britischer API-Player, der auf den hiesigen Markt strebt, ist Yapily.
Im globalen Kontext wiederum gilt das US-Fintech Plaid momentan als Maß aller Dinge im Open-Banking-Bereich. Aktuelle Bewertung, angeblich: 13,4 Mrd. Dollar.
Lässt sich der deutsche Markt erobern?
Umgekehrt wirft der Umstand, dass Tink für Fintecsystems einen mutmaßlich zumindest mal achtstelligen Millionenbetrag auf den Tisch legt, allerdings die Frage auf, inwieweit sich der deutsche Markt für ausländische Player organisch erobern lässt.
Denn: Versucht hat Tink dies durchaus. Vor ziemlich exakt einem Jahr eröffneten die Schweden in Düsseldorf eine hiesige Dependance. Ob dieser Schritt zur Gewinnung namhafter hiesiger Kunden führte, ist indes unklar.
An der Marktposition von Fintecsystems im Heimatmarkt gibt es hingegen wenig Zweifel. 2019 verdoppelten die Münchner ihre Erträge auf drei Millionen Euro, im zurückliegenden Jahr dürften es nach Einschätzung von Marktkennern bereits mehr als fünf Millionen Euro gewesen sein. Zu den Kunden gehören laut Website zum Beispiel N26, die DKB, Check24, die Solarisbank oder Unzer; zuletzt betonten die Münchner zudem in diversen Pressemitteilungen ihre Stellung im österreichischen Markt.
Ausweislich des aktuellsten im Handelsregister einsehbaren Gesellschafterliste halten die beiden FintecSystems-Gründer Stefan Krautkrämer und Dirk Rudolf noch 20 Prozent der Anteile; knapp 30 Prozent entfallen auf den französischen VC Ventech, knapp 25 Prozent auf das deutsche Family Office Reimann Investors.
Erwähnenswert: Die Gründer Krautkrämer und Rudolf gehörten auch zum frühen Team von Sofortüberweisung, dem Münchner Payment-Spezialisten, der 2014 ebenfalls nach Schweden verkauft wurde. Genauer: an Klarna.