Ferratum übernimmt Spotcap-Kreditgeschäft – Neustart des Rocket-Fintechs
Das Berliner Kredit-Startup Spotcap fokussiert sich künftig auf Software für große Finanz-Unternehmen. Sein verbleibendes Geschäft hat es für einen Millionenbetrag an das Fintech Ferratum verkauft.
Vor sechs Jahren herrschte bei Rocket Internet eine wahre Fintech-Euphorie: Innerhalb von kurzer Zeit startete der deutsche Company Builder 2014 gleich drei Kreditplattformen: Lendico, Zencap und Spotcap.
Mittlerweile ist Lendico längst an die Bank ING verkauft worden, Zencap ging an Funding Circle – und hat die Segel in Deutschland gestrichen. Und Spotcap? Das Fintech agierte seit dem Start ohne viel Aufsehen, es befindet sich immer noch im Rocket-Portfolio, insgesamt mehr als 100 Millionen Euro an verschiedenen Finanzierungen sind in das Fintech mit Hauptsitz in Berlin geflossen. Viele Marktbeobachter hatten das Fintech schon länger abgeschrieben.
Die schnelle Expansion ins Ausland
Das Berliner Unternehmen vermacht Ferratum ein Team von 20 Personen und die bestehenden Vertriebspartnerschaften, teilt der Spotcap-Geschäftsführer mit. Das finnische Unternehmen ist eigentlich auf Kredite für Privatpersonen spezialisiert, unter der Marke Capital Box hat es allerdings in den vergangenen Jahren auch ein Geschäft für kleine und mittlere Unternehmen aufgebaut.
Genau in diesem Segment war Spotcap über Jahre aktiv. „Es ging nicht um die Unternehmen, die bei der Bank keinen Kredit bekommen“, sagt Woloszczak, sein Unternehmen wolle sich vor allem durch unkomplizierte und schnelle Kreditvergabe auszeichnen. Es vergab Kredite im Schnitt von 100.000 Euro und konzentrierte sich auf Märkte außerhalb von Deutschland. „Das Problem, das wir lösen wollen, gibt es in Deutschland so nicht“, sagt der damalige Mitgeschäftsführer Toby Triebel, diese Kunden würden in Deutschland von den Banken bedient, lautete seine Analyse in einem Gründerszene-Interview. Aus diesem Grund expandierte das Unternehmen – ganz nach Rocket-Manier – schnell in viele Länder überall auf der Welt. Später gehörten Australien, Neuseeland, Spanien, Großbritannien und die Niederlande zu den Märkten von Spotcap. Insgesamt habe das Unternehmen über die Jahre eine halbe Milliarde Euro so vergeben.
Für den großen Markt keine außergewöhnlich guten Zahlen, andere Startup-Kreditanbieter wie Iwoca haben längst die Milliarden-Grenze überschritten. „Es war schwierig, Kredite in großem Stil zu vergeben, weil wir immer wieder große Finanzierungen gebraucht hätten“, sagt Woloszczak. Das Geld für die Kredite zu bekommen, war dabei nicht das Problem, vielmehr mussten sie als Startup, das die Darlehen vergab, auch Eigenkapital vorhalten. In mehreren Finanzierungsrunden stiegen zum Beispiel Holtzbrinck Ventures oder Finstar bei Spotcap ein.
Eine neue Strategie
Vor zwei Jahren stieß Geschäftsführer Jens Woloszczak dann eine neue Strategie an. „Wir haben gemerkt, dass große Banken und Finanzunternehmen Interesse an unserer Software hatten“, sagt der Gründer. Damit lasse sich der ganze Kreditprozess organisieren, beispielsweise die automatisierte Prüfung der Kreditnehmer. Über die Jahre konnte Spotcap zum Beispiel die Cembra Money Bank aus der Schweiz und Bawag aus Österreich als große Unternehmenskunden gewinnen. Hinter dem Produkt „Express-Finanzierung“ steht zum Beispiel die Software von Spotcap.
Das Team änderte den Fokus. Die Firma hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert, sagt der Spotcap-Chef. Es habe keine Kündigungswellen gegeben, aber er brauchte andere Fachleute in seinem Team. Spotcap begann, sein Kreditgeschäft zu verkaufen. In Australien und Neuseeland schlug das gehypte Zip Co (ein „Buy now, pay later“-Anbieter) zu und übernahm das Geschäft für 8,9 Millionen Dollar. Und nun kauft Ferratum das niederländische Geschäft. „Das war immer unserer stärkster Markt“, sagt Woloszczak. Die anderen Märkte schloss das Unternehmen über die Zeit.
Das Geld aus dem Zip-Deal und dem jüngsten Verkauf, der in einer ähnlichen Größenordnung liegen dürfte, fließt nun in den Neustart. Spotcap beschäftigt in Berlin rund 50 Mitarbeiter und will in diesem Jahr einen einstelligen Millionen-Umsatz mit dem neuen Geschäft erwirtschaften. Überall auf der Welt sucht er nun nach neuen Kunden. Als Software-Anbieter habe das Geschäft keine großen regulatorischen Barrieren für eine Expansion, so der Geschäftsführer. Die Großkunden sind schwierig zu gewinnen, doch sind sie erst einmal an Bord, gibt es langfrsitige Verträge und planbare Einnahmen – Software-Unternehmen werden an den Finanzmärkten außerdem zurzeit hoch bewertet.
Auch davon will Spotcap nach seinem Restart profitieren, während Kreditunternehmen an der Börse leiden. Rocket setzte den Unternehmenswert von Spotcap kürzlich um zwei Millionen nach unten. Börsennotierte Unternehmen orientieren sich oft an den Vergleichswerten und den Kreditunternehmen geht es gerade weltweit nicht gut. Als Software-Startup will Spotcap 2021 oder 2022 wieder auf Investorensuche gehen. Wie es aussieht, erhält das Unternehmen mit den Verkäufen eine zweite Chancen, doch noch einen großen Durchbruch zu erlangen.