Solaris-CEO: „Wir sind zu abhängig von der Fintech-Branche geworden“
Das Berliner Fintech Solaris kann auf eine steile Wachstumsgeschichte zurückblicken. Nun muss das Unternehmen angesichts des neuen Branchenklimas zeigen, ob es den Sprung in die Profitabilität schafft. Der CEO Carsten Höltkemeyer spricht im Interview über den neuen Fokus und seine Ziele für 2023.
Noch in diesem Jahr plane das Unternehmen schwarze Zahlen zu schreiben, sagt Höltkemeyer. Kein leichtes Unterfangen in einer Branche, die in den vergangenen Jahren andere Prioritäten hatte. „Mit den hohen Bewertungen der letzten Jahre habe ich ehrlich gesagt immer etwas gefremdelt“, sagt er im Gespräch. „Ich bin jemand, der an Fundamentaldaten glaubt: Wie sicher sind die Umsätze, wie nachhaltig das Geschäftsmodell?“ Die Stimmung vor zwei Jahren sei sicherlich zu positiv gewesen, gleichwohl verstehe er den aktuellen Pessimismus auch nicht.
Fokus auf große Unternehmen
Ein neuer Fokus soll Solaris nun dabei helfen, Gewinne zu machen. Lange hatte sich das Unternehmen auf Fintechs als Kundenbasis fokussiert – zusammen mit der Branche ist Solaris stark gewachsen. Nun will das Fintech genauer auswählen. „Wir sehen, dass wir von der Fintech-Branche zu abhängig geworden sind“, so Höltkemeyer, „mit unserem Angebot können wir auch andere Partner gewinnen, insbesondere Corporates.“
In der Tat scheint sich Solaris nun um größere Kunden zu bemühen. Erst vor wenigen Monaten wurde die Partnerschaft mit dem ADAC für das Kreditkartenangebot des Automobilclubs angekündigt. „Wir sehen, dass unsere Skaleneffekte außerhalb der Fintech- und Neobankenbranche signifikant sind“, sagt der Bank-CEO. Gleichzeitig betont Höltkemeyer, dass dies keine Abkehr vom Fintech-Markt bedeute. „Die Innovationskraft, die wir aus den Partnerschaften mit Fintechs gezogen haben, hat uns groß gemacht und diesen Muskel wollen wir nicht verlieren.“
Spagat zwischen Startup und Bankinstitut
Höltkemeyer muss nun einen Kulturwandel vollziehen, der sicher nicht leicht wird. Einerseits müsse Solaris sich fokussieren, disziplinierter werden und Strukturen schärfen. Andererseits dürfe man die innovationsgetriebene „Can-Do-Mentalität“ nicht verlieren. „Diese Aufgabe nötigt mir großen Respekt ab“, sagt er. Schon so manchen Fintechs ist der Spagat zwischen den schnellen Dynamiken eines Startups und den Sicherheits- und Kontrollmechanismen eines regulierten Players schwer gefallen. Auch Fintechs wie N26 oder Unzer kämpfen schon länger mit Beschränkungen der Finanzaufsicht. Immer wieder bemängelt die Bafin Kontrollsysteme und Prozesse von Jungunternehmen.
Trotz aller Profitabilitätsplane will Solaris aber weiter wachsen. Man wolle zusätzliches Kapital aufnehmen und sei aktuell im Prozess einer weiteren Finanzierungsrunde, so Höltkemeyer. Gleichzeitig bestätigt er, womit auch andere Gründer und CEOs derzeit kämpfen: „Die Gespräche mit Investoren sind anstrengender geworden.“ Man müsse sich komplett neu auf diese Situation einstellen und werde stärker von Geldgebern hinterfragt. Dies wird sich aller Voraussicht nach auch nicht zu schnell ändern. Die Funding-Volumina für Fintechs sind im ersten Quartal weiter gesunken. Wer Kapital einsammeln möchte, braucht ein rentables Geschäftsmodell und eine solide Führung. Zwei Dinge, die Solaris nun unter Beweis stellen muss.
Über seine Pläne bei Solaris hat Carsten Höltkemeyer im Finance-Forward-Podcast gesprochen. Finanz-Szene-Redakteur Christian Kirchner hat das Interview auf der Bühne der Finance-Forward-Konferenz geführt.
Im Finance-FWD-Podcast spricht Höltkemeyer über …
… das Fundraising in schwierigen Zeiten
… große Kunden
… den Weg zur Profitabilität
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