Rückkehr des Browsers: Warum Neobanken wie Revolut und N26 nicht ohne Web-App auskommen
Revolut startet fünf Jahre nach dem Launch eine Web-App. Auch andere Smartphonebanken bemerken ein gesteigertes Interesse daran, über einen Browser erreichbar zu sein. Was ist da los?
Lange galt die These: Eine neue Generation von Bankkunden organisiert ihre Finanzen komplett über das Smartphone. Die beiden Banking-Startups N26 und Revolut etwa sind einst mit dieser Annahme angetreten. Ein Großteil der Entwicklungsarbeit floss in die App, damit wollten sich die Fintechs von den etablierten Banken abheben. Eine Browser-Version benötige ihre Zielgruppe schlicht und ergreifend nicht, sagten sich viele.
Auch bei der Berliner Neobank N26 spielt der Browser eine wichtige Rolle – eine Web-Version gab es allerdings schon immer. Nicht bekannt war bislang, dass die Kunden das Angebot tatsächlich regelmäßig verwenden. Während die meisten Nutzer im alltäglichen Gebrauch die App nutzen, loggt sich ein Großteil alle paar Monate über den Browser ein.
Mehr Sicherheit per Laptop
In der Online-Version können Kontoauszüge übersichtlich eingesehen werden. Hohe Transaktionen und das allgemeine Management der privaten Finanzen erledigen die Kunden offenbar vermehrt über den Browser. „Auch wenn 98 Prozent aller Kundenlogins über die N26-App erfolgen, erfüllt unsere Web-App eine ganz wichtige Funktion“, sagt Nordeuropa-Chef Georg Hauer im Gespräch mit Finance Forward. „Denn egal ob Mietkautionszahlung oder Autokauf – beim Überweisen sehr hoher Beträge bevorzugen sehr viele Kunden die Web-App.“
In seiner Web-App sehe N26 ein „klares Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Fintechs, die meist nur eine mobile App anbieten“. Der ärgste Konkurrent unter den Neobanken zieht jetzt nach: Revolut, das in Deutschland auf 300.000 Kunden kommt, betont dabei neben einer starken Nachfrage durch seine Nutzer auch Vorteile bei der Sicherheit. „Sind Smartphone oder Karte verloren oder gestohlen worden, oder einfach nicht zur Hand, so können sich Nutzer jederzeit auch über den Browser ins Konto einloggen“, so die Ankündigung. Im Notfall lassen sich das Konto und die Karte über den Laptop sperren.
Die Nachfrage der Kunden nach einem Browser-Login zeigt auch, dass Neobanken wie N26 und Revolut stärker beim allgemeinen Finanzmanagement ihrer Kunden eine Rolle spielen. Waren sie anfangs hauptsächlich ein Zweit- oder Zahlungskonto, dürften inzwischen mehr Kunden ihre Finanzen komplett über die Neobanken abwickeln.
Der Altersdurchschnitt steigt
Zudem ist der Altersdurchschnitt der Kunden von N26 und Revolut gestiegen. In den ersten Jahren lag er noch in den 20ern, inzwischen ist der Großteil ihrer Kunden Mitte 30 mit einem geregelten Einkommen, wie es in Branchenkreisen heißt. Damit sind auch die Ansprüche der Kunden gestiegen, zu denen eine Browser-Präsenz gehört.
Die verstärkte Nutzung von Browser-basiertem Banking hat sich besonders in der Coronapandemie beschleunigt, wie der Online-Banking-Dienstleister Airome analysiert hat. Die Daten der größten Banken in der EU zeigen demnach für das zweite Quartal 2020 eine Wiederbelebung des Kundeninteresses am Online-Banking. Zu Hause – mit einem Laptop oder an einem größeren Monitor – würden viele Bankkunden das Browser-Banking bevorzugt verwenden. Das werde auch künftig eine relevante Entwicklung bleiben, so das Fazit von Airome.
Ein Trend, auf den Revolut jetzt setzt. „Unsere Kunden können nun überall und jederzeit auf ihr Geld zugreifen, selbst wenn sie das Telefon oder die Karte nicht zur Hand haben oder ihr Konto einfach lieber am Browser überprüfen möchten“, so Revolut-Gründer Storonsky. Über den Browser bekommen Revolut-Nutzer beispielsweise auch einen Zugang zum Kundendienst. Das Unternehmen stand in der Vergangenheit häufiger wegen seiner Unerreichbarkeit für Kunden in der Kritik. An seiner Erreichbarkeit hat auch N26 kürzlich gearbeitet: Mit seinem neuen Kontomodell bietet es plötzlich allen Premium-Kunden einen direkten Telefonservice an.
Die Nachfrage nach einer Browserpräsenz ist nicht nur bei Privatkunden gestiegen. Auch Fyrst, die Business-Neobank der Deutschen Bank, wird nicht nur über Smartphones genutzt, auch wenn das Angebot ursprünglich darauf ausgelegt war. „Der Großteil unserer Kunden nutzt Fyrst über den Browser“, sagt CEO Jens Wohlfahrt. „Das hätten wir zu Beginn so nicht erwartet.“ Das zeigen auch die Daten: Das Unternehmen habe zwar fast 15.000 Kunden – die Anzahl der App-Downloads sei jedoch um einige tausend geringer.