„Ich habe Fehler gemacht“ – was der Rücktritt von Binance-Gründer CZ für die Kryptowelt bedeutet
Changpeng Zhao baute mit Binance die größte Kryptobörse der Welt auf. Doch er schaffte es nicht, sie zu einem seriösen Anbieter zu transformieren. Im Streit mit den US-Behörden nimmt er sich nun aus der Schusslinie – und tritt zurück. Die Firma zahlt eine Milliarden-Strafe. Es könnte der Branche helfen, ihr zwielichtiges Image endlich loszuwerden.
Der mächtigste Mann der Kryptowelt tritt ab: Changpeng Zhao, der von allen nur CZ genannt wird, bekennt sich schuldig, gegen US-Geldwäschebestimmungen verstoßen zu haben. Das berichten das Wall Street Journal und Forbes. Die Firma zahlt eine Strafe von 4,3 Milliarden Dollar. Mehrere Behörden, darunter das Justizministerium, hatten die Börse und CZ persönlich seit Monaten ins Visier genommen. Mit dem geschlossenen Deal könnte es Binance möglich sein, weiter in den USA Geschäfte zu machen. Auch soll CZ Mehrheitseigentümer von Binance bleiben. „Ich habe Fehler gemacht, und ich muss die Verantwortung dafür übernehmen. Das ist das Beste für unsere Gemeinschaft, für Binance und für mich selbst“, schrieb er im sozialen Netzwerk X.
Es ist das vorläufige Ende eines langen Streits zwischen den Aufsichtsbehörden und der Börse. Das ganze Ausmaß der Strafe ist noch nicht abzusehen. Die Klage der Börsenaufsicht SEC soll in dem Deal nicht enthalten sein und auch das Strafmaß steht noch nicht fest. Doch schon jetzt wird der Schritt die Kryptoszene nachhaltig verändern.
Mit CZ verlässt eine Gründerpersönlichkeit die Bühne, die die Kryptowelt seit der Gründung 2017 mit prägte und eine der größten weitgehend unregulierten Finanzinstitutionen aufbaute. Nach dem rasanten Aufstieg der Börse versuchte Binance in den vergangenen Jahren noch verzweifelt, den Kurs anzupassen und den Austausch mit Aufsichtsbehörden zu suchen. Überall auf der Welt beantragte Binance eigene Lizenzen.
Intern bereitete sich Binance auf die Strafe vor
Doch die Stimmung war zu dem Zeitpunkt bereits kritisch, in Deutschland versagte die Finanzaufsicht Bafin eine eigene Lizenz und auch in anderen Märkten gab es kein grünes Licht. Hinzu kamen die Klagen von mehreren US-Behörden. Einer der Vorwürfe: Binance habe über Jahre kein Programm gehabt, um Terrorfinanzierung oder Geldwäsche aufzuspüren.
Viele hochrangige Managerinnen und Manager verließen zuletzt das Unternehmen. Intern habe man sich auf einen Deal mit den Behörden vorbereitet, berichtete ein Insider. Sparmaßnahmen und Entlassungen, über die auch Finance Forward berichtete, seien mit der schlechten Stimmung im Markt begründet worden, doch insgeheim soll sich Binance auch auf die Strafzahlung eingestellt haben. So ein Ergebnis haben sich sicherlich nur wenige ausgemalt.
Offen bleibt, inwiefern CZ im Hintergrund weiter die Fäden zieht. Schließlich bleibt er Mehrheitseigentümer. Der neue CEO Richard Teng galt bereits länger als Thronfolger, wie Finance Forward und Capital berichteten. Der Einfluss von CZ wird schwer zu überprüfen sein, bei einer Firma, die keinen eigenen Unternehmenssitz hat und auch sonst nicht wirklich zu fassen ist.
Das Gesicht der Börse fehlt
Der Schritt dürfte der Dominanz von Binance trotzdem schaden. Der Börse fehlt nun das Gesicht nach außen und auch von dem Reputationsschaden wird es sich nicht so schnell erholen. Eigene Lizenzen zu bekommen, wird nach dem Schuldeingeständnis bei Aufsichtsbehörden schwierig. Bitmex, bei der die Gründer ebenfalls schuldig bekannten, büßte an Bedeutung ein.
Im Bestreben der Kryptoszene, den Ruf des Unseriösen loszuwerden, wird dies helfen. Profiteur dürfte sicherlich Coinbase sein, denn der US-Player ist in den USA börsennotiert und wird dort überwacht (auch wenn sich Coinbase ebenfalls im Konflikt mit den Behörden befindet). Mehr traditionelle Player drängen in den Markt, so bemühen sich in Deutschland die Deutsche Bank um eine Kryptoverwahrlizenz, die Commerzbank hat erst vor wenigen Tagen eine Erlaubnis erhalten und auch das Sparkassen-Lager arbeitet an einem Angebot. Global experimentiert beispielsweise JP Morgan und Paypal mit eigenen Währungen. Durch das Schwächeln von Binance werden regulierte Angebote an Relevanz gewinnen. Auch den Off-Shore-Börsen wird Binance und die Strafe ein warnendes Beispiel sein.
Die nächste Chance für Defi
Gleichzeitig entstehen viele Krypto-Startups unter dem Stichwort „Decentralized Finance“ (Defi). Im Fall von Decentralized Finance gibt es kein Unternehmen mehr, sondern die Investoren interagieren per Computercode mit einer anderen Partei und verwalten ihre Gelder selbst. Bislang hat es die Kryptoszene nicht geschafft, die Defi-Produkte auch massentauglich zu machen. Ein Grund für die Dominanz von zentralen Börsen wie Binance und Co. Den Defi-Verfechtern waren Anbieter wie Binance schon lange ein Dorn im Auge, weil sich dort wieder Macht und Ausfallrisiko konzentrierte. Sie haben alle eine Chance, sich nun im Markt wieder zu beweisen.
Die Ironie: Defi soll ein Segment sein, dass sich auch CZ künftig stärker anschauen will. „Ich freue mich, dass ich endlich mehr Zeit haben werde, mich mit Defi zu beschäftigen“, schreibt er – auch wenn er nicht wieder gründen will. So ganz abtauchen wird Changpeng Zhao sicherlich nicht.