Ausgeschieden: Die Ride-Gründer Felix Schulte und Christine Kiefer sind nicht länger Geschäftsführer ihres Fintechs. Bild: PR

Käufer rettet Ride vor der Pleite – so geht es für die Fintech-Bank weiter

Exklusiv: Nach dem überraschenden Insolvenzantrag der Fintech-Bank Ride ist der Weiterbetrieb vorerst gesichert. Ein neuer Eigentümer übernimmt das Geschäft mit vermögenden Anlegern und will neues Geld bereitstellen. Zuvor waren die ausgeschiedenen Gründer des Startups noch mit einem Rettungsangebot abgeblitzt.

So hatte sich Samed Yilmaz seinen neuen Job wohl nicht vorgestellt. Als der Bankbetriebswirt im Dezember vergangenen Jahres den Chefposten beim Finanz-Startup Ride übernahm, sollte er eigentlich für Wachstum sorgen. Die Aussichten waren vielversprechend: Das Fintech plante unter anderem bei der Finanzaufsicht eine Lizenz als Wertpapierhandelsbank zu beantragen, dies hätte neue Angebote ermöglicht.

Rides Kerngeschäft besteht aus der Gründung von vermögensverwaltenden GmbHs. Kunden können diese Vehikel im Komplettpaket kaufen. Mit ihnen sparen sie dann zum Beispiel Steuern bei Aktiengeschäften. Auch ein Wertpapierbroker gehört mittlerweile zum Geschäft der Berliner. Kundengelder von mehr als 700 Millionen Euro verwaltete das Fintech nach eigenen Angaben zum damaligen Zeitpunkt. Die symbolträchtige Milliardenmarke schien greifbar.

Doch wenige Monate später musste Yilmaz ganz andere Aufgaben übernehmen – die eines Krisenmanagers: Im September meldete Ride überraschend Insolvenz an. Der Fortbestand des Fintechs – mit Millionen von Euros von Szenepromis wie Verena Pausder oder Mario Götze finanziert – stand auf dem Spiel. Grund sollen finanzielle Altlasten aus Nebengeschäften mit Immobilien gewesen sein, die noch unter dem früheren Gründerteam um Christine Kiefer und Felix Schulte entstanden waren.

Neuer Eigentümer will Millionensumme investieren

Statt also an neuen Produkten zu arbeiten, machte Samed Yilmaz zuletzt vor allem eines: telefonieren. Mehr als zwei Dutzend Interessenten hätten sich nach dem Insolvenzantrag gemeldet und Interesse an einer Übernahme des kriselnden Fintechs signalisiert, erzählt Yilmaz. „Mit jedem einzelnen habe ich persönlich gesprochen.“ Unter den Interessenten sollen Unternehmen aus dem Steuerbereich gewesen sein, aber auch Broker und bestehende Gesellschafter.


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Die Liste strich der vorläufige Insolvenzverwalter anschließend auf drei Kandidaten zusammen und gab dem Höchstbietenden vergangene Woche den Zuschlag. „Damit ist das Kerngeschäft und die Zukunft unserer rund 35 Mitarbeiter vorerst gesichert“, sagt Yilmaz. Um welchen Käufer es sich handelt, will er mit Blick auf noch zu klärende Details nicht verraten. Auch über die Summe schweigt er. Nur soviel: Der neue Eigentümer habe zugesichert, das Fintech gemeinsam mit weiteren Investoren mit einer weiteren Finanzspritze zu versorgen. Es soll sich um einen einstelligen Millionenbetrag handeln.

Ride-Gründer scheitern mit Rettungsangebot

Eine aus Sicht des Ride-Chefs zufriedenstellende Lösung, die so jedoch nicht unbedingt zu erwarten war. Anfang Oktober berichtete Finance Forward über den Versuch der inzwischen ausgeschiedenen Ride-Gründer, ihre frühere Firma in Eigenregie vor der drohenden Pleite zu retten. In einer Nachricht an Gesellschafter teilten Christine Kiefer und Felix Schulte mit, zwei neue Leadinvestoren gefunden zu haben. Diese seien bereit gewesen, 2,5 Millionen Euro in Ride zu investieren. Der Insolvenzantrag könne dadurch zurückgezogen werden, betonten beide damals. Ein Glücksfall, könnte man meinen.

Über das Angebot habe er deshalb in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung auch abstimmen lassen, erzählt Ride-Chef Samed Yilmaz, der selbst keine Stimmrechte besitzt. „Ich bin fest davon ausgegangen, dass alle Gesellschafter zustimmen. Es wäre der schnellste und einfachste Weg gewesen, ihre Investments zu sichern.“ Doch es kam anders: Eine Mehrheit habe sich gegen das Finanzierungsangebot ausgesprochen. Zu den Gründen will sich Yilmaz nicht äußern.

Nach Informationen von Finance Forward gibt es zwischen einigen Gesellschaftern (laut Handelsregister sind es 68) und den beiden Ride-Gründern schon länger erhebliche Spannungen. Operativ bei Ride involviert sind Kiefer und Schulte bereits seit Monaten nicht mehr. Ende September schieden sie laut Handelsregister offiziell als Geschäftsführende des Fintechs aus.

Bafin-Lizenz für kommendes Jahr geplant

Ride-Krisenmanager Samed Yilmaz hofft nun auf einen Turnaround ohne Altlasten. Er sieht das Unternehmen gut aufgestellt. Das Kerngeschäft – bestehend aus dem Gründungsservice, dem GmbH-Verwaltungsservice und dem Brokerangebot  – sei profitabel, dazu hätten seit Bekanntwerden der Insolvenz nur wenige Kunden ihre Konten gekündigt. „Das ist eine äußerst solide Basis, auf der wir das zukünftige Wachstum nachhaltig und erfolgreich aufbauen werden“, so Yilmaz.

Der Bankbetriebswirt dürfte sich damit wohl schon bald wieder einer anderen Aufgabe widmen: Den Vorbereitungen für den Erhalt der Lizenz als Wertpapierhandelsbank. Den Antrag hatte Ride aufgrund der Insolvenz zurückgestellt. Nun soll es im nächsten Jahr klappen.