Ulrich Bergmoser kam 2018 zu Reimann Investors. (imago images / Jan Huebner)

Abgänge bei Reimann Investors

Exklusiv: Die Familie Reimann-Dubbers investiert seit einigen Jahren in Fintech-Firmen. Nun verlassen mehrere wichtige Manager das Family Office. War ihr Investmenthunger zu groß?

Er halte nichts von der Bezeichnung „eine der reichsten Familien Deutschlands“, sagte Michael Riemenschneider einmal in einem Interview mit dem Focus. „Solche Bezeichnungen sind Schubladendenken, das bringt nichts.“ Zu dieser Zeit leitete Riemenschneider noch das Familie Office Reimann Investors.

Die Aussage passt zum Auftreten – denn die wohlhabende Familie meidet die Öffentlichkeit. Auf rund 400 Millionen Euro wird das Vermögen der Familie Reimann-Dubbers laut dem Manager Magazin geschätzt. Der Familienzweig spaltete sich schon vor Jahren vom Rest der milliardenschweren Familie ab.

Ohne viel Aufsehen hat Riemenschneider in den vergangenen Jahren mit dem Family Office ein beachtliches Startup-Portfolio aufgebaut, der Ruf in der Startup-Szene ist gut. Doch nun haben der Geschäftsführer und ein Startup-Investor die Firma verlassen. Aus dem Unternehmensumfeld heißt es, ihr „Investmenthunger“ sei zu groß gewesen, die Familie habe dagegen gebremst.

Schon vor sieben Jahren gelang Reimann Investors der erste Coup: Für mehr als 100 Millionen Euro verkaufte es die Firma Sofort an den schwedischen Paymentriesen Klarna, es markierte einen der ersten großen Startup-Exits in Deutschland. Und dem Family Office gehörte zu der Zeit bereits die Mehrheit an der Münchner Fintech-Firma. Noch heute hält das Family Office eine kleine Beteiligung an Klarna, das mittlerweile mit 5,5 Milliarden Dollar bewertet ist.

Nach dem Sofort-Exit folgte ein eigener Fonds mit etwa 50 bis 70 Millionen Euro, an dem sich auch fremde Geldgeber beteiligten. „Durch die Öffnung für Dritte spüren wir sozusagen den harten Wind des Wettbewerbs – und das kann uns nicht schaden“, erklärte Riemenschneider in einem Interview mit Private Banking die strategische Entscheidung.

Es gelangen weitere vielversprechende Beteiligungen. Ein Fokus blieb Fintechs, wie eine Auswertung des Analyse-Dienstes startupdector für Finance Forward zeigt (siehe unten). An FinTecSystems, dem neue Unternehmen der Sofort-Gründer, beteiligte sich Reimann Investors wieder. Das Startup bietet eine Open-Banking-Plattform, mit der Finanzanbieter zum Beispiel Bonitätsprüfungen erledigen können.

Zum weiteren Fintech-Portfolio gehört außerdem:

– die Deutsche Handelsbank, die Kredite an Startups vergibt. Zuletzt investierte Reimann Investors noch einmal 15 Millionen Euro. Nach zwei Jahren mit Verlusten gelang im Geschäftsjahr 2018 erstmals wieder ein Gewinn, wie das Handelsblatt berichtete.
Cashpresso entwickelt die Software für Kreditentscheidungen, auch die eigene Handelsbank vergibt über das System Kredite. Ende 2019 investierte die Volkswagen-Bank in Cashpresso.
– der Vertragsmanager Volders und Spendit, das Bonusprogramme für Mitarbeiter anbietet, gehören ebenfalls zu den Fintech-Beteiligungen.
– erst im Frühjahr sammelte Ready2Order, ein Startup für digitale Kassensysteme, fünf Millionen Euro ein. Im Lead: Reimann Investors und Speedinvest.


Doch im Hintergrund tat sich etwas: Geschäftsführer Michael Riemenschneider verließ schon Ende 2019 das Unternehmen, nach 13 Jahren bei Reimann Investors. Und vor wenigen Tagen kündigte Partner Noel Zeh sein Ausscheiden auf Linkedin an. Weitere Venture-Capital-Experten sollen ebenfalls auf dem Absprung sein.

Der „Investmenthunger“ des Managements sei größer gewesen, die Familie im Hintergrund habe gebremst, heißt es von mehreren Insidern aus dem Unternehmensumfeld. Gerade Zeh saß in mehreren Fintech-Beiräten und galt als verlässlicher Investor. Ein zweiter Fonds sei zum Beispiel im Gespräch gewesen, der alte Garde ging es bei den Startup-Beteiligungen nicht schnell genug, heißt es aus dem Umfeld.

Das Venture-Capital-Geschäft genieße laut einer Sprecherin „eine hohe strategische Priorität und wird weiter ausgebaut“. Zeh tritt einen neuen Job an. Und Riemenschneider befindet sich zurzeit im Sabbatical. Beim Ausbau der Startup-Investments habe es schon Diskussionen über Geschwindigkeit und Größe gegeben, sagt er im Gespräch mit Finance Forward. „Diametral“ sei Geschäftsführung und Familie aber nicht auseinander gewesen.

Geleitet wird das Wagniskapitalgeschäft nun von Partner Jussof Breshna und Ulrich Bergmoser als Geschäftsführer. Bergmoser kam vor zwei Jahren zu Reimann Investors. Er hat eine bewegte Vergangenheit: Beim Deutschen Fußball-Bund musste er als Compliance-Beauftragter einen Skandal um ausufernde Partys aufarbeiten. Dass er künftig stark ins Venture-Capital-Geschäft drängen wird, halten die Beobachter für unwahrscheinlich. Er sei eher der „Verwalter-Typ“, heißt es.

Zum Portfolio gehören zum Beispiel das Online-Magazin Highsnobiety und der Sport-Händler Keller Sports. Eine Auswertung des Analyse-Dienstes startupdetector zeigt, dass Reimann Investors eine zurückhaltende Beteiligungsstrategie verfolgt. Es investiert auch in Unternehmen aus Österreich, die in die Analyse nicht einfließen. Dazu zählt etwa Cashpresso.