Kredit-Fintech Recap startet neues Finanzprodukt mit Bankriesen HSBC
Exklusiv: Trotz zunehmender Probleme im Umfeld der Kredit-Startups behauptet sich der Berliner Anbieter Recap am Markt. Nun erweitert das 2021 gegründete Fintech erstmals sein Produktportfolio – und hofft auf neue Kunden aus fremden Branchen.
Wer in diesen Zeiten Geld für sein noch junges Startup sucht, braucht einen guten Plan. Anhaltender Inflationsdruck, hohe Zinsen und schwache Konjunkturaussichten lassen viele Investoren zögern. Wer es dennoch schafft, Risikokapital zu bekommen, muss das meist teuer bezahlen, etwa durch die Abgabe von mehr Firmenanteilen. Dazu müssen junge Unternehmen den Investoren einen straffen Plan zum Erreichen der Profitabilität vorlegen.
Zwar bereiten die hohen Zinsen auch Finanzierungs-Startups zunehmend Probleme. Bei Recap sei davon bislang jedoch wenig zu spüren, betont Mitgründer Paul Becker. „Im Gegenteil: Die Nachfrage ist sogar gestiegen und wir beobachten bislang auch keine höheren Ausfallraten.“ Sein Finanzierungsvolumen habe das Fintech in den letzten zwölf Monaten mehr als vervierfacht. Einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag habe Recap bislang an wenige hundert Software-Unternehmen vergeben.
„Wollen nicht mehr Anlaufstelle für kurzfristige Finanzierungen sein“
Dabei allein soll es künftig jedoch nicht bleiben. Das Fintech will seine Erfahrungen aus dem Funding junger Unternehmen nutzen und künftig als langfristiger Finanzpartner auftreten. „Wir wollen nicht mehr bloß eine Anlaufstelle für kurzfristige Finanzierungen sein“, sagt Becker. Daher hat Recap sein Produktportfolio nun erstmals seit dem Start Ende 2021 erweitert.
Gespräche mit Kunden hätten gezeigt, dass vor allem solche Finanzierungen gefragt seien, die sich flexibel an den Wachstumsverlauf eines Startups anpassen ließen, sagt Becker. Das bedeute zum Beispiel, dass ein Kunde weniger Geld brauche, wenn die Profitabilität früher als geplant eintrete. Und dass mehr Geld notwendig sei, wenn sich kurzfristig die Gelegenheit für eine strategische Übernahme ergebe. Das ließe sich grundsätzlich auch mit Venture Capital oder Bankdarlehen abbilden, sei „aber wenig flexibel und aufgrund des schwierigen Zinsumfelds sowie gesunkener Bewertungen vor allem nicht kosteneffizient“, so Becker.
Diese Lücke will Recap schließen. Mit dem neuen Finanzprodukt können Unternehmen etwa frei über die Nutzung ihres Kreditrahmens entscheiden sowie Tilgungszeitraum und Rückzahlungsperiode individuell anpassen. Statt wie bislang nur wenige Monate sei dadurch eine Gesamtlaufzeit von bis zu fünf Jahren möglich, sagt Becker. Für das Angebot hat sich Recap mit der britischen Großbank HSBC zusammengetan. Sie stellt dem Fintech Kapital zur Verfügung, das es wiederum an die Unternehmen weiterreicht. Zuvor hatte dies die inzwischen insolvente Silicon Valley Bank übernommen.
Recap will sein Finanz-Tool anderen Unternehmen anbieten
Dem Angebot vorgelagert ist eine softwaregestützte Finanzanalyse, die Recap bei potenziellen Kunden vornimmt. So ermittelt das Fintech aus Daten wie Umsatz, Profitabilität und Wettbewerb ein individuelles Risikoprofil. Das Fintech kann so seine Ausfallrisiken minimieren, die Unternehmen wiederum sollen ihren tatsächlichen Finanzbedarf besser einschätzen können.
Der Recap-Gründer rechnet mit hoher Nachfrage. „Wir erwarten, dass wir unser Finanzierungsvolumen im kommenden Jahr noch einmal verdreifachen können“, sagt Becker. Dazu sei das Unternehmen mit seinem neuen Angebot neben Software-Anbietern auch für Dienstleister wie etwa Agenturen oder Beratungen interessant. Alternative Finanzierungsformen seien hier noch wenig verbreitet. Sein Finanz-Tool plant Recap langfristig ebenfalls anderen Unternehmen anzubieten.